Die Meinungsfreiheit gilt auch für Nationalspieler
Die deutschen Fußballnationalspieler Gündogan und Özil lassen sich mit dem türkischen Präsidenten Erdogan ablichten. Die Empörung ist groß. Aber warum eigentlich? Ein Kommentar von Stefan Osterhaus.
Ehrlich gesagt, ich verstehe nicht, warum alle so überrascht tun. Darüber, dass Gündogan und Özil sich mit Erdogan treffen und ihm dabei jeder ein Trikot schenkt. Darüber, dass sie ihn als ihren "Präsidenten" bezeichnen.
Erinnern wir uns doch mal daran, wie hoch die Anzahl der in Deutschland lebenden Türken war, die Erdogan beim Verfassungsreferendum ihre Stimme gegeben haben. Diejenigen, die Erdogan mit ziemlicher Sicherheit kein Trikot mit Widmung geschenkt hätten, waren damals in der Minderheit.
Damals haben wir uns gefragt, was die ominöse Mehrheitsgesellschaft, also wir, denn schon wieder falsch gemacht hat, dass es so kam, wie es kam.
Die Fußballer und der Autokrat
Diese Frage stellen wir uns heute mal besser nicht. Akzeptierter und privilegierter als Gündogan oder Özil, als zwei deutsche Nationalspieler, kann man kaum sein. Eher sollte man erkennen, dass Autokraten auch auf kluge und sympathische Leute wie Gündogan eine enorme Wirkung haben können.
Deshalb hat Gündogan offenbar kein Problem damit, einen Mann als seinen Präsidenten zu bezeichnen, der das Land, dessen Bürger er ist, noch vor gar nicht so langer Zeit mit Faschismusvergleichen überhäuft hat. Der die Bundesregierung bepöbelt hat. Der Journalisten in den Knast wirft. Gündogan und Özil könnten ja mal nachfragen, wie das so ist mit einem Präsidenten wie Erdogan, zum Beispiel bei Deniz Yücel.
Der DFB schwafelt von Werten
Jetzt tut auch der DFB peinlich berührt über seine Nationalspieler und schwafelt von seinen Werten, die es zu respektieren gelte. Was das für Werte sind, hat aber noch keiner der Herren genauer erklärt. Sollten sich diese Werte sich aber mit dem vertragen, was eine halbwegs offene Gesellschaft ausmacht, dann würde sich eine Maßregelung der beiden verbieten. Auch Nationalspieler sind frei darin, ihre politische Vorliebe kundzutun, was genauso gelten muss, wenn sich Thomas Müller übermorgen als Anhänger von Alexander Gauland zu erkennen geben würde. Aber sie müssen eben auch damit leben, dass sich das Verständnis dafür in Grenzen hält.