Wenn das Ordnungsamt plötzlich klingelt
Rund 20.000 Mietwohnungen werden in der Hauptstadt illegal als Ferienwohnungen genutzt, schätzt der Berliner Senat - und geht dagegen vor. Mitarbeiter der Ordnungsämter durchstöbern Inserate von Airbnb und statten Hausbesuche ab. Wir waren dabei.
Diana Schmidt steht in Berlin-Mitte an einer Kreuzung. Sie öffnet ihre Handtasche, holt ein bedrucktes Papier heraus.
"Das Airbnb Inserat, da werden wir mal gucken, hier die Bewertungen, Industrial Design Apartments in Heart of Berlin."
Auf dem Ausdruck sind auch Fotos zu sehen. Die Einrichtung ist modern, aber spärlich. Dafür sind die Bewertungen der Feriengäste umso großzügiger.
Diana Schmidt vom Ordnungsamt Berlin Mitte lächelt zufrieden. Gute Bewertungen steigern ihre Chancen, Touristen auch leibhaftig anzutreffen. Sie nickt ihrem Kollegen Karsten Kröhnert zu, dann laufen beide die Chausseestraße entlang, bis sie schließlich vor einem Altbau stehenbleiben.
"Es gibt ganz oft schon die Hinweise im Haus, dass Hausregeln angebracht sind in Deutsch und Englisch, Hinweise für Touristen, wie man sich dort benimmt. Die Nachtruhe ab 22 Uhr sind ganz starke Indizien. Aber die müssen, wenn wir ermitteln, hieb- und stichfest sein. Man kann niemanden unter Generalverdacht stellen. Deshalb muss man halt sehr sensibel mit diesem Thema umgehen."
"Es gibt ganz oft schon die Hinweise im Haus, dass Hausregeln angebracht sind in Deutsch und Englisch, Hinweise für Touristen, wie man sich dort benimmt. Die Nachtruhe ab 22 Uhr sind ganz starke Indizien. Aber die müssen, wenn wir ermitteln, hieb- und stichfest sein. Man kann niemanden unter Generalverdacht stellen. Deshalb muss man halt sehr sensibel mit diesem Thema umgehen."
Hausregeln auf Englisch sind ein Indiz
Gleich zu Beginn ihrer Suche landen sie einen ersten Treffer.
"Da habe ich ihn schon, der das betreibt."
Der Namen des Vermieters im Inserat stimmt mit einem Namen auf dem Klingelschild überein. Ein wichtiges Indiz dafür, dass hier der eigentliche Mieter offenbar an Touristen untervermietet.
Der Kollege zückt die Kamera. Fotos sind wichtige Beweise für das Fahnder-Duo, das jede Woche in Berlin-Mitte unterwegs ist.
"Ideal ist natürlich, wenn wir direkt einen Feriengast antreffen."
Karsten Kröhnert schenkt seiner Kollegin ein optimistisches Lächeln. Schätzungen zufolge gibt es etwa 20.000 Wohnungen in Berlin, die offiziell als Wohnraum angemietet sind, aber gewinnbringend als Ferienwohnungen weitervermietet werden. Dadurch verringert sich das Wohnungsangebot in der Stadt, während das Angebot für Touristen immer größer wird. 2.000 meist anonyme Anzeigen von Anwohnern liegen dem Bezirk vor. Und täglich werden es mehr, sagt Diana Schmidt. Doch die Jagd auf die Betreiber illegaler Ferienwohnungen ist mühselig. Die meisten Angebote stehen zwar im Internet - allerdings ohne Angabe der Adresse. Undercover dürfen die beiden nicht recherchieren. Das verbietet der Datenschutz.
"Die denken halt, die können uns ganz locker hintergehen, weil sie denken, okay, ist ne kleine Abteilung, ist nicht so groß, die können eh nichts machen und wenn ich Nein sage, die haben keine Mittel, dort weiter zu forschen. Aber ist natürlich praktisch, wenn man doch seine Mittel hat. Je länger man das macht, desto mehr Tricks und Kniffe kennt man ja."
Touristen werden gebrieft
Nach dem ersten Erfolg ist der Spürsinn der beiden Fahnder geweckt. Zehn Minuten später und zwei verschlossene Türen weiter stehen sie vor der mutmaßlichen Ferienwohnung im zweiten Stock eines Hinterhauses. Vor der Wohnungstür liegen ein Paar Gummistiefel und Straßenschuhe. Diana Schmidt legt den Zeigefinger auf die Lippen, horcht hinein in die Stille. Nichts. Enttäuscht schaut sie ihren Kollegen an. Betreiber von illegalen Ferienwohnungen würden immer gewiefter und viele Touristen machten leider mit.
"Die werden gebrieft, entweder nicht zu öffnen die Tür oder zu sagen, sie sind Freunde oder nur kurz zu Besuch."
Man bekommt an diesem Morgen zum ersten Mal das Gefühl, da kämpfen zwei Davids gegen tausende Goliaths. Diana Schmidt schüttelt energisch ihren Kopf.
"Wir lassen uns nicht entmutigen, das ist ja der Jagdtrieb, der da entfacht wird."
Dann halt gegenüber. Auch niemand zuhause. Also einen Stockwerk höher.
"Entschuldigung, habe ich Sie geweckt jetzt?"
Nachbarn wollen nicht petzen
Der Nachbar will nichts sagen. Sie verdreht ihre Augen, schaut den Kollegen frustriert an.
"Er möchte keinen Ärger. Und das ist ganz oft so, dass sie das schon wissen, aber er wollte halt niemanden verpetzen, das ist so."
Vor mehr als 20 Wohnungstüren stehen sie an diesem Morgen. Am Ende haben sie immerhin bei einer Mieterin Glück. Sie erzählt, dass sie hier immer wieder mal Touristen mit Rollkoffern sieht.
"Ich finde es sehr gut, dass dem nachgegangen wird und dieser zweckentfremdete Wohnraum wieder der Bevölkerung zugeführt wird, dass man wieder bezahlbare Wohnungen hat auch ein bisschen im innerstädtischen Bereich."
Am Ende haben Diana Schmidt und Karsten Kröhnert zwar keine Beweise, aber Indizien. Und denen werden sie jetzt vom Büro aus weiter nachgehen.