Illegale Geschäfte

Europarat will Organhandel eindämmen

Von Annette Riedel |
Organhändler, Chirurgen und die Empfänger illegaler Organe sollen künftig bestraft werden, wenn ihnen die Beteiligung an illegalen Praktiken nachgewiesen werden kann. Das sieht eine Konvention des Europarats vor.
Es gibt Schätzungen, nach denen 10 bis 15 Prozent der weltweit transplantierten Organe – meist Nieren – illegal sind. Das heißt, dass sie den "Spendern" unter Zwang entnommen, teilweise buchstäblich geraubt oder ihnen abgekauft werden. "Spender" ist in diesem Zusammenhang nicht nur ein irre führender, es ist ein gänzlich falscher Ausdruck. Die geraubten oder abgekauften Organe werden an zahlungskräftige Empfänger verkauft, die ihrerseits verzweifelt oder skrupellos genug sind, nicht nachzufragen, wo das gekaufte Herz, die gekaufte Niere, die gekauften Augen eigentlich herkommen.
"Kaum zu glauben, aber in China sucht die Polizei nach einer Frau, die die Augen eines Sechsjährigen buchstäblich herausgepflückt hat."
Auf grausige Geschichten wie diese, die durch einen US-Nachrichtensender verbreitet wurde, stößt man, wenn man im Internet zum Thema "Organhandel" recherchiert. Immer da, wo große Armut auf fehlende oder nicht funktionierende rechtsstaatliche Strukturen trifft, können Menschen in die Hände von Geschäftemachern geraten, die mit Organen handeln. Das geschieht zwar in der Tat in China, wo auch ein schwunghafter Handel mit den Organen von Opfern der Todesstrafe getrieben wird. Aber so weit muss man gar nicht sehen.
"Fünf Männer wurden heute im Kosovo verurteilt. Sie haben dort einen internationalen Organhandel betrieben. Opfer aus ärmlichen Verhältnissen wurden mit Geld-Versprechen in eine Privatklinik gelockt, wo ihnen ihre Nieren geraubt wurden. Geld sahen sie nicht. 23 reiche Empfänger zahlten bis zu 100.000 Dollar für eine Niere. Sie wollen nicht gewusst haben, woher die Organe kamen."
Das war im Frühjahr beim Prozess im sogenannten „Medicus-Fall“. Selbst wenn „Spender“ von Organen wirklich Geld bekommen, dafür dass sie sich „freiwillig“, wenn man das so nennen mag, verstümmeln lassen, ist es in der Regel lächerlich wenig - im Vergleich dazu, was sich damit verdienen lässt. Die Notlage von Menschen wird von Geschäftemachern ausgenutzt.
"Die Spender sind natürlich sehr, sehr arme Menschen"
Professor Daniel Wikler, ein amerikanischer Philosoph und Medizin-Ethiker, erklärt gegenüber einem US-Sender, wie das Geschäft dann läuft, wenn die Organe nicht geraubt sondern gehandelt werden:
"Es gibt so etwas wie 'Organ-Makler', die im Auftrag ihrer Klienten jemanden suchen, der zum Verkauf seines Organs überredet werden kann. Er arbeitet in der Regel mit einem Chirurgen zusammen, der außerhalb seiner Dienstzeit solche Operationen durchführt. Die Spender sind natürlich sehr, sehr arme Menschen."
Und die finden sich gerade auch unter Flüchtlingen oder in Bürgerkriegssituationen. Entsprechende Geschichten sind aktuell beispielsweise wieder von syrischen Flüchtlingen zu hören.
Seit 2008 hatte der Eurorat gemeinsam mit den Vereinten Nationen recherchiert in Sachen Organhandel, über dessen ganzes Ausmaß jenseits der spektakulären Fälle wenig bekannt ist. Würde jetzt die Konvention gegen den Organhandel schon im kommenden Jahr Realität, dann würden Organhändler, Chirurgen und die Empfänger illegaler Organe künftig bestraft, wenn ihnen die Beteiligung an illegalen Praktiken nachgewiesen werden kann – auch wenn es sich nicht um geraubte, sondern um gekaufte Organe handelt. Allerdings nur in denjenigen Ländern, die der Konvention beitreten. Dem weltweiten illegalen Organhandel ist damit wohl nicht beizukommen. Und der Armut, die Menschen dazu bringt, Teile ihres Körpers herzugeben, auch nicht.
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