Keiner macht es, alle wissen, wie es geht
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Das Bedürfnis, die Live-Übertragung eines bestimmten Fußballspiels zu sehen, kann sehr dringend sein. Ohne eigenes Abo bleibt im Zeitalter von Pay-TV dann der Besuch der nächsten Sports-Bar. Manche wagen dafür aber auch den Weg in die Illegalität.
Diskussionen um "illegale Downloads" und eine "Kostenlos-Kultur" begleiten das Netz eigentlich von Beginn an. Seit einer Weile gehört auch "illegales Streaming" in diese Reihe. Von Filmen, Serien, Sportübertragungen. Für das Bezahlfernsehen sind letztere ein Milliarden-Geschäft, das sich neuerdings auf immer mehr Anbieter verteilt wie Dazn oder Amazon Prime.
Fankultur vs. Bezahlfernsehen
Deshalb ist eine Möglichkeit, Fußballspiele live anzusehen, der Gang in die Sports-Bar. Wie die Tapas-Bar "Alois" im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg, wo sich vor allem Anhänger von Werder Bremen und Fortuna Düsseldorf treffen. Die Fans kriegen das Problem, mehrere Anbieter abonnieren zu müssen, auf diese Weise gelöst.
Aber für die Kneipe ist die Vergabe der Übertragungsrechte ebenfalls unübersichtlich geworden. Ein Mitarbeiter im "Alois" erklärt: "Wenn Amazon dann mit einsteigt, braucht man höchstwahrscheinlich wieder einen anderen Receiver. Dann muss man gucken, ob der Stream funktioniert, so wie sie sich das vorstellen, das haut ja auch nicht immer hin. Kann ja nicht sein, dass hier 50 Leute sind und wir haben keinen Stream, das wäre fatal."
Außerdem sind die Kosten für derartige öffentliche Übertragungen nicht gerade gering. Für eine große Sports-Bar in einem zentralen Großstadtbezirk will Sky bis zu 1200 Euro im Monat haben. Deshalb auf illegale Sport-Streaming-Seiten auszuweichen, ist für Fußballkneipen logischerweise keine Option.
Aber wie ist das für die Fans? "Ist mir zu aufwändig, danach zu kucken", "die Qualität stimmt dann meistens auch nicht so", "als ich Student war, da habe ich das gemacht", lauten einige der Antworten im "Alois". Die meisten der Befragten kennen illegales Streaming allerdings "von Freunden".
Kaum Unrechtsbewusstsein vorhanden
"Bewusst ist es, glaube ich, den meisten, dass diese Art Fußball gucken jetzt nicht ganz den geltenden Regeln entspricht", sagt einer dieser "Freunde". Er kennt sich damit aus, wie man Pay-TV-Angebote sehen kann, ohne für sie zu bezahlen.
Seit 2017 gilt "Streamen von illegalen Inhalten" jedoch offiziell als Urheberrechtsverletzung und kann strafrechtlich verfolgt werden. Es droht eine Strafe zwischen 350 und 500 Euro. Wenn auch File-Sharing mit im Spiel ist, dann können sogar bis zu 1500 Euro fällig werden.
Ein ausgeprägtes Unrechtsbewusstsein habe aber fast niemand, meint der sporadische Fußballfan ohne Abo, weil die Pay-TV-Anbieter mit der Vermarktung wichtiger Sportereignisse sehr gute Geschäfte machten. "Insofern ist das ja vielleicht sogar wie eine gute Piraterie", sagt er.
700 Millionen Euro pro Jahr: So hoch ist der wirtschaftliche Schaden, der durch diese "Piraten" entsteht, laut einer Studie, die das "Handelsblatt" im Jahr 2018 veröffentlicht hat. Der Umsatz den Sky im selben Jahr in Europa gemacht hat, beträgt fast 18 Milliarden Euro.
Hoffen auf Ehrlichkeit der "digital natives"
In den Meldungen zur Neuvergabe der TV-Rechte für die Bundesliga jetzt im Frühling war auch zu lesen, dass der Chef der Deutschen Fußball-Liga, Christian Seifert, große Hoffnungen in die sogenannten "digital natives" setzt. Die Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist, sei nämlich nicht mehr "die Generation Gratis" und hätte verstanden, "dass Inhalte im Internet Geld kosten und dass sie einen Wert haben".
Dem bereits zitierten Gutachten zufolge, sind es aber vor allem junge Männer zwischen 18 und 23 Jahren, die die illegalen TV-Angebote nutzen. Die Jüngeren, wie zumindest unsere Stichprobe zeigt, ordern Probemonate bei den Anbietern - schauen also ganz legal. Aber dafür mit gefälschten Benutzerdaten.