Illustrationen für die Sinne
Das Buch "Leute" des Illustrators Bernard Granger alias Blexbolex spricht die Sinne genau so an wie die Figuren, die der Künstler darin vorstellt - Boxer, Bastler, Bucklige. Schablonenhaft wirken sie, wie in altmodischen Verfahren gedruckt. Tatsächlich entstehen sie am Computer.
Hier, am Rand der Leipziger Innenstadt, wo die Autos über das Kopfsteinpflaster rumpeln und die Straßenbahnen unentwegt vorbei rauschen, hat sich der Mann, der sich Blexbolex nennt, vor einem Jahr nieder gelassen.
"Ostdeutschland hat mehr zu tun mit 70er-Jahre-Frankreich als Westdeutschland. Meine Eltern waren beide Deutschlehrer und wir haben im Sommer nach Deutschland gereist. Deutschland war für uns immer ein bisschen wie Amerika.
Es war reicher, mehr Spielzeuge zum Beispiel, mehr Kuchen, alles ein bisschen mehr als in Frankreich war. Und ja, vielleicht ist Ostdeutschland ein bisschen mehr wie Frankreich war, als ich wirklich jung war."
Ein Franzose in Ostdeutschland, ganz in schwarz gekleidet, die schmalen Beine übereinander geschlagen, sitzt der Mittvierziger an dem großen Holztisch in seinem Arbeitszimmer und nestelt an einer Zigaretten-Packung – stilecht: f6 im DDR-Design.
Die Zwei-Raum-Wohnung schlicht eingerichtet .Es ist nicht sein erster Umzug. Gut zwanzig Mal dürfte er in seinem Leben die Koffer gepackt haben. Das Arbeitszimmer dominiert ein Tapeziertisch, der sich die ganze Längsseite der Wand lang zieht und Platz für Drucker, Zeichenbrett und den Mac bietet. Hier entstehen die Illustrationen.
Sie werden am Computer designt, sehen aber aus wie altmodische Siebdrucke. Für das Bilderbuch "Leute" hat Blexbolex 200 verschiedene Personen porträtiert, von der Kellnerin bis zum Exzentriker. Alle schablonenhaft und auf das Wesentliche reduziert.
Für den Nudisten reicht die rosa gefüllte Kontur eines Mannes. Unter seinem Arm klemmt ein grünes Handtuch. Wo die Farben sich treffen, mischen sie sich zu einem Braunton. Als wäre es ein Versehen. Nicht hundertprozentig perfekt. Wie der Aufdruck auf einem alten Waschmittelkarton. Tatsächlich lässt sich Blexbolex von Werbung und Verpackungen aus dem 20er-Jahren inspirieren. Und von seiner eigenen Kindheit.
"Als ich ein Kind war, war ich wirklich immer sehr – äh – attracted für diese Verpackungzeuge, das war für mich einfach, farbig und klar. Und das hat für mich einen großen Einfluss auf meine jetzige Arbeit."
Aber Blexbolex imitiert die alten Techniken nicht einfach um ihrer selbst willen. Er entwickelt sie auch weiter.
"Ich bin kein Nostalgiker. Obwohl ich manchmal unsere Zeit auch nicht mag. Ich fühle mich manchmal ein bisschen neben. Aber ich glaube, das hat nichts zu tun mit Nostalgie."
Eher mit dem Nicht-Ankommen. Das liegt bei ihm in der Familie. Blexbolex schiebt seine John-Lennon-Brille zurecht, trinkt einen Schluck Kaffee, zieht an der Zigarette. Seine Eltern sind in den Sechzigern aus Algerien nach Frankreich gekommen und nie wirklich heimisch geworden. *Die Mutter wohnt inzwischen in Wien, die Schwester in München, der Bruder ist gerade von Litauen nach Paris gezogen. Aufgewachsen ist Blexbolex in Auvergne.
"Als ich ein Kind war, habe ich einmal eine Fernsehsendung gesehen. Und das war ein Comiczeichner, und er hat mit seinen Figuren ein bisschen gespielt, wie ein Zauberer. Und ich war so – oh! – das ist wunderbar, das ist wunderschön."
Von da an will er Comics machen. Schon als Zehnjähriger arbeitet er am präzisen Strich. Später geht er an die Kunsthochschule nach Angoulême, der einzigen, die zum Comiczeichner ausbildet. Trotzdem muss er auch den obligatorischen Stoff absolvieren, Skulptur, Malerei.
Nach dem Diplom arbeitet er ein paar Jahre in einer Druckerei.
Gibt danach seine ersten eigenen Bücher raus. Selbst geschrieben, selbst illustriert, selbst gedruckt. Die frühen Werke erscheinen im Pariser Underground. Hier möchte er seinen bürgerlichen Namen, Bernard Granger, nicht mehr verwenden. Und erinnert sich an die Geheimsprache, die er mit einem Kindheitsfreund entwickelt hat.
"Wir haben als wir zehn oder elf Jahre alt waren ein Lexikon geschrieben, ein Codebuch, ein Geheimnis, und Blexbolex ist nur eines von diesen Worten – und ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, was das bedeutet."
Heute malt Blexbolex von Leipzig aus für Zeitungen und Zeitschriften auf der ganzen Welt, von Le Monde bis New York Times. Über 50 Hefte, Graphic Novels und Kinderbücher hat der Künstler, der sich selbst als faul bezeichnet, inzwischen herausgegeben.
Zwei davon sind auch auf Deutsch erschienen. "Leute", das von der Stiftung Buchkunst zum schönsten Buch der Welt gekürt wurde. Und das ebenfalls vielfach ausgezeichnete "Jahreszeiten", mit schweren, farbgesättigten Seiten und einem Einband aus sonnengelben Leinen.
"Wenn ich ein Buch fertig gemacht habe, ich kann ihn nicht mehr sehen. Es ist für mich so peinlich, so etwas zu sehen, ich möchte das sofort, so schnell wie möglich vergessen, wirklich."
"Ostdeutschland hat mehr zu tun mit 70er-Jahre-Frankreich als Westdeutschland. Meine Eltern waren beide Deutschlehrer und wir haben im Sommer nach Deutschland gereist. Deutschland war für uns immer ein bisschen wie Amerika.
Es war reicher, mehr Spielzeuge zum Beispiel, mehr Kuchen, alles ein bisschen mehr als in Frankreich war. Und ja, vielleicht ist Ostdeutschland ein bisschen mehr wie Frankreich war, als ich wirklich jung war."
Ein Franzose in Ostdeutschland, ganz in schwarz gekleidet, die schmalen Beine übereinander geschlagen, sitzt der Mittvierziger an dem großen Holztisch in seinem Arbeitszimmer und nestelt an einer Zigaretten-Packung – stilecht: f6 im DDR-Design.
Die Zwei-Raum-Wohnung schlicht eingerichtet .Es ist nicht sein erster Umzug. Gut zwanzig Mal dürfte er in seinem Leben die Koffer gepackt haben. Das Arbeitszimmer dominiert ein Tapeziertisch, der sich die ganze Längsseite der Wand lang zieht und Platz für Drucker, Zeichenbrett und den Mac bietet. Hier entstehen die Illustrationen.
Sie werden am Computer designt, sehen aber aus wie altmodische Siebdrucke. Für das Bilderbuch "Leute" hat Blexbolex 200 verschiedene Personen porträtiert, von der Kellnerin bis zum Exzentriker. Alle schablonenhaft und auf das Wesentliche reduziert.
Für den Nudisten reicht die rosa gefüllte Kontur eines Mannes. Unter seinem Arm klemmt ein grünes Handtuch. Wo die Farben sich treffen, mischen sie sich zu einem Braunton. Als wäre es ein Versehen. Nicht hundertprozentig perfekt. Wie der Aufdruck auf einem alten Waschmittelkarton. Tatsächlich lässt sich Blexbolex von Werbung und Verpackungen aus dem 20er-Jahren inspirieren. Und von seiner eigenen Kindheit.
"Als ich ein Kind war, war ich wirklich immer sehr – äh – attracted für diese Verpackungzeuge, das war für mich einfach, farbig und klar. Und das hat für mich einen großen Einfluss auf meine jetzige Arbeit."
Aber Blexbolex imitiert die alten Techniken nicht einfach um ihrer selbst willen. Er entwickelt sie auch weiter.
"Ich bin kein Nostalgiker. Obwohl ich manchmal unsere Zeit auch nicht mag. Ich fühle mich manchmal ein bisschen neben. Aber ich glaube, das hat nichts zu tun mit Nostalgie."
Eher mit dem Nicht-Ankommen. Das liegt bei ihm in der Familie. Blexbolex schiebt seine John-Lennon-Brille zurecht, trinkt einen Schluck Kaffee, zieht an der Zigarette. Seine Eltern sind in den Sechzigern aus Algerien nach Frankreich gekommen und nie wirklich heimisch geworden. *Die Mutter wohnt inzwischen in Wien, die Schwester in München, der Bruder ist gerade von Litauen nach Paris gezogen. Aufgewachsen ist Blexbolex in Auvergne.
"Als ich ein Kind war, habe ich einmal eine Fernsehsendung gesehen. Und das war ein Comiczeichner, und er hat mit seinen Figuren ein bisschen gespielt, wie ein Zauberer. Und ich war so – oh! – das ist wunderbar, das ist wunderschön."
Von da an will er Comics machen. Schon als Zehnjähriger arbeitet er am präzisen Strich. Später geht er an die Kunsthochschule nach Angoulême, der einzigen, die zum Comiczeichner ausbildet. Trotzdem muss er auch den obligatorischen Stoff absolvieren, Skulptur, Malerei.
Nach dem Diplom arbeitet er ein paar Jahre in einer Druckerei.
Gibt danach seine ersten eigenen Bücher raus. Selbst geschrieben, selbst illustriert, selbst gedruckt. Die frühen Werke erscheinen im Pariser Underground. Hier möchte er seinen bürgerlichen Namen, Bernard Granger, nicht mehr verwenden. Und erinnert sich an die Geheimsprache, die er mit einem Kindheitsfreund entwickelt hat.
"Wir haben als wir zehn oder elf Jahre alt waren ein Lexikon geschrieben, ein Codebuch, ein Geheimnis, und Blexbolex ist nur eines von diesen Worten – und ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, was das bedeutet."
Heute malt Blexbolex von Leipzig aus für Zeitungen und Zeitschriften auf der ganzen Welt, von Le Monde bis New York Times. Über 50 Hefte, Graphic Novels und Kinderbücher hat der Künstler, der sich selbst als faul bezeichnet, inzwischen herausgegeben.
Zwei davon sind auch auf Deutsch erschienen. "Leute", das von der Stiftung Buchkunst zum schönsten Buch der Welt gekürt wurde. Und das ebenfalls vielfach ausgezeichnete "Jahreszeiten", mit schweren, farbgesättigten Seiten und einem Einband aus sonnengelben Leinen.
"Wenn ich ein Buch fertig gemacht habe, ich kann ihn nicht mehr sehen. Es ist für mich so peinlich, so etwas zu sehen, ich möchte das sofort, so schnell wie möglich vergessen, wirklich."