Das Geisterleben von Theaterfiguren in Coronazeiten
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Wie geht es den Figuren in den wegen der Coronakrise geschlossenen Theatern? Das fragte sich die Kostüm- und Bühnenbildnerin Lea Reusse. Herausgekommen sind Illustrationen, die Vorfreude wecken.
Bis die Theater wieder öffnen dürfen, wird es noch sehr lange dauern. In der Zwischenzeit reagieren die Künstler ganz unterschiedlich auf die Zwangspause. Die 1987 geborene Kostüm- und Bühnenbildnerin und Illustratorin Lea Reusse zeichnet derzeit in ihrem Stockholmer Atelier Bilder von Theateraufführungen im Coronamodus.
Wodka als Desinfektion
In einer Szene von "Onkel Wanja", der legendären Inszenierung von Jürgen Gosch am Deutschen Theater Berlin, sitzt der Schauspieler Bernd Stempel mit Mundschutz und spielt Gitarre, während neben ihm Onkel Wanja und der Arzt Astrow mit Wodka ihre Hände desinfizieren. Da steht in Tennessee Williams' "Glasmenagerie" Laura hinter der verschlossenen Tür des Deutschen Theaters und schaut sehnsüchtig dem Hahn hinterher, der draußen vorbeiläuft.

Lea Reusse griff auch in der Pflichtpause durch das Coronavirus zum Zeichenstift.© Lea Reusse.
Entstanden sind dieses Illustrationen zum Thema Corona und das leere Theater aus dem Gedanken daran, dass jetzt in Deutschland überall die Theater leer stehen, dunkel und verschlossen sind. In einer Zeit, in der die Theaterleute nach neuen Formen für ihre Arbeit suchen, interessiert Reusse, was mit den Figuren passiert, die im Theater "zurückgelassen" wurden und dort herumgeistern. Wie würden die damit umgehen?
Das Innenleben der Figuren
So verlängert Reusse die Tafel in Daniela Löffners Inszenierung "Väter und Söhne" vom Deutschen Theater so, dass die Schauspieler mit dem hygienisch vertretbaren Abstand zueinander sitzen. Aber auch wenn ihre Bilder wie Lösungsvorschläge für eine "Nach-Corona-Zeit" wirken, so geht es ihr dennoch zuerst um das Innenleben der Figuren.
Beim Zeichnen der Bilder steht das Verkäufliche ihrer Arbeiten nicht im Vordergrund. "Als Illustratorin brauche ich immer neue Motive, um mich auch auszuprobieren und mich weiterzuentwickeln. Zeichnen ist ein bisschen wie ein Muskel, der muss jeden Tag trainiert werden, um in Form zu bleiben. Da suche ich in meinem Alltag nach Ideen. Was mich gerade beschäftigt, versuche ich in einem Bild auszudrücken. Das hat zu dieser Corona-Theater-Reihe geführt."
Derzeit arbeitet Lea Reusse an Bildern zu Aufführungen auch an Theatern außerhalb Berlins.