Illustratorin Ulli Lust

Vorreiterin des dokumentarischen Comics

06:57 Minuten
Comiczeichnerin Ulli Lust sitzt auf eine Podium. Eine Frau mit langen dunklen Haaren und einer Brille.
Comiczeichnerin Ulli Lust im September 2017 in Zagreb. © picture alliance/PIXSELL/Sanjin Strukic
Ulli Lust im Gespräch mit Nicole Dittmer |
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Bekannt wurde die Zeichnerin Ulli Lust mit dem autobiografischen Comic "Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens", in dem es auch um sexuelle Gewalt geht. Sie wolle mit ihrer Arbeit "nahrhafte Denkanstöße" liefern, sagt Ulli Lust.
Comics stehen längst nicht mehr nur für Witz und Unterhaltung, sondern auch ernste, gesellschaftlich relevante Ereignisse und Entwicklungen werden in Comics thematisiert – beziehungsweise in "Graphic Novels", wie diese Spielart oft genannt wird. Eine Vorreiterin des dokumentarischen Comics im deutschsprachigen Raum ist die österreichische Zeichnerin Ulli Lust.

Keine Abgrenzung von Unterhaltung

Ulli Lust hat erst mit 28 Jahren angefangen, Comics zu zeichnen, sagte sie im Deutschlandfunk Kultur. "Im Grunde habe ich meinen ersten richtigen Comic erst mit 30 gezeichnet. Das hatte damit zu tun, dass ich Comics für Erwachsene damals noch nicht kannte."
Mit ihrer Arbeit wolle sie sich nicht von der Unterhaltung abgrenzen, sie wolle aber, dass ihre Comics immer noch ein paar "nahrhafte Denkanstöße" liefern. Lust gilt als Vorreiterin im Bereich des dokumentarischen Comics. Eine ihrer bekanntesten Veröffentlichungen ist der autobiografische Comic "Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens", in dem sie ihre eigene Jugend, sexuelle Übergriffe und Vergewaltigung thematisiert. Das sei ein "Freiheits-Aufbruchs-Buch" gewesen, sagte Lust.
"Es ging um das wilde Leben und um den Versuch, es komplett neu auszuprobieren. Und dieser Freiheitsgedanke schwingt auch mit. Deswegen vermute ich, dass es ein Grund ist, warum so viele Frauen das Buch so gerne gelesen haben. Und ich meine, dass sie sich sehr gut unterhalten haben beim Lesen. Die Situation in der Geschichte spitzt sich irgendwann zu, gegen Mitte wird es immer unangenehmer und bedrohlicher. Da kommt dann diese Vergewaltigung. Aber die Probleme und der Konflikt stehen garantiert nicht im Mittelpunkt des Buches. Eher dieser Schrei nach Freiheit und die wilde Teenagerhaltung."

Comic über Tochter von Joseph Goebbels

Ihr Comic "Flughunde" (nach einem Roman von Marcel Beyer) erzählt vom Ende des Zweiten Weltkriegs aus der Perspektive eines fanatischen Nazi-Akustikers sowie einer der Töchter von Propagandaminister Goebbels. So habe der Suhrkamp Verlag sie gefragt, ob sie ein Buch aus ihrer Reihe als Comic adaptieren möchte, und sie habe sich die Bücher angeschaut unter der Maßgabe, ob es sinnvoll sei, daraus eine Bild-Text-Sequenz zu machen:
"Das heißt, das ist nur dann sinnvoll, wenn die Bilder der Geschichte etwas Neues hinzufügen. Und bei den 'Flughunden' hatte ich den Eindruck, dass ich bei den Ton- und Lautmalereien ganz gut arbeiten kann im Comic, weil es gibt die Soundwords, die visuelle Übersetzung von Geräuschen. Außerdem habe ich die Geschichte noch leicht anders gewichtet."
So habe sie als Autorin ein größeres Interesse an den Kinder von Joseph Goebbels gehabt. Sie habe sich mehr für die ältere Tochter Helga interessiert, während sich der Autor Marcel Beyer mehr für den erwachsenen Techniker interessiert habe, sagte Lust.
(jde)
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