Im Alten das Neue
Vor 100 Jahren entwarf der Architekturtheoretiker Henry van de Velde das Gebäude der großherzoglichen Kunstgewerbeschule in Weimar. Nach aufwendigen Renovierungsarbeiten ist es nun wieder zugänglich - und soll von Studenten der Bauhausuniversität genutzt werden.
"Man sieht natürlich diese großen Glasflächen, man sieht diese großen, geweiteten Räume ... "
Gerd Zimmermann ist der Rektor der Bauhaus Uni Weimar.
" ... man sieht eine sehr einfache Behandlung der Oberflächen."
Er zeigt stolz seine neue Perle. Die frisch fertig gestellte ehemalige großherzogliche Kunstgewerbeschule in Weimar.
"Van de Velde hat zwar im Duktus des Jugendstils gearbeitet, aber doch sehr eigenständig, aber nicht im Sinne des ornamentalen Jugendstils in einer sehr großen Einfachheit, fast Sparsamkeit."
Sehr zurückhaltend, in schwarz, ocker und grau sind sie gehalten, die Räume, in denen die Bauhausschüler ihr Handwerk und die freie Kunst übten. Hier lehrten Lyonel Feininger, Gerhard Marcks und Johannes Itten. Hier entwarf Wilhelm Wagenfeld die Tischleuchte, die das Bauhaus-Image prägte.
Für den Architekten van de Velde spielte das natürliche Licht eine wichtige Rolle. Im Treppenhaus kommt von oben und von der Seite Tageslicht, ist ein Spiel mit Schatten. Wer in den Räumen seiner Schule arbeitete, sollte sich nicht mit zu viel direkter Sonne plagen.
"Das Gesamtgebäude ordnet sich ganz stringent diesen Anforderungen an … "
… sagt Architekt Ulrich Junk und zeigt die frisch sanierten Räume in diesem Winkelhaus.
"Im Nordteil von der Belichtung her die Ateliers, und die anderen Räume sind entweder Richtung Osten oder Westen ausgerichtet."
In der Mitte - wie ein Scharnier - das Treppenhaus. An der Wand trägt es Fresken von Oskar Schlemmer, schemenhaften ineinanderverschlungene Menschen. Von den Nazis als Kulturbolschewismus tituliert und übermalt, wurden sie 1980 wieder hergestellt. Die Bausünden der insgesamt 100-jährigen Geschichte wurden nun mit einer sieben Millionen Euro teuren Umgestaltung wieder revidiert.
"Unsere Sanierungsidee bestand darauf, diese Raumvolumina original entsprechend der van de Veld’schen Idee wieder herzustellen. Es sind natürlich Dinge wieder entstanden, alte Raumfolgen, und die sind gekoppelt durch neue Einbauten, um natürlich heute einen modernen Universitätsbetrieb zu ermöglichen."
Das frühere Atelier des Meisters selbst bildet den charakteristischen Südgiebel. Seine Außenfassade zeigt eine umgedrehte Hufeisenform mit großen Fensterflächen. Innen ist der Raum sehr hoch und hat eine leicht gewölbte Decke. Zu DDR-Zeiten wurde das Atelier unterteilt in mehrere kleine Zimmer. Die architektonische Handschrift ging verloren. Nun ist sie wieder zu erkennen. Die Schiebefenster wurden, weil man sie so heute nirgends findet, extra wieder angefertigt.
Henry van de Velde kam 1902 nach Weimar, um für den Großherzog das Handwerk zu beraten, ästhetisch und gestalterisch. Er wollte die Hochkultur des Jugendstils in die Alltagswelt des Mobiliars, der Handwerksarbeit übertragen. So sagt es Bauhaus-Uni-Rektor Zimmermann. Die Kunst musste raus aus dem Elfenbeinturm. Das Werkstattgebäude zeige dies auf eine für diese Zeit erstaunlich moderne Art mit Stahl und Glas.
"Manchmal ist es ganz direkt mit Händen zu greifen, man sieht es auch: es sind ja richtig industrielle Elemente. Also Stahlträger pur. Unverkleidet. Sogar so, dass man auf diesen Stahlträgern die im Walzwerk erzeugte Firmennummer noch sehen kann. Das heißt: Das ist wirklich pur als industrielles Element in diese Architektur integriert worden."
Die Architektengemeinschaft - Junk und Reich aus Weimar und Pitz und Hoh Berlin hat nun die Ideen van de Veldes wieder herausarbeitet. Dennoch hat sie behutsam eingegriffen. Denn die ehemalige Kunstgewerbeschule soll wieder für universitäre Zwecke genutzt werden. In den großen Räumen entstanden Galerien, das Haus wurde behindertengerecht umgebaut, Schimmel und Schwamm behandelt, das Fundament verstärkt. In die Flure kamen Glaswände, sie lassen die Linienführung wieder erkennen. Uni-Rektor Gerd Zimmermann:
"Dadurch kommt natürlich die elementare Raumwirkung der Ateliers, der Flure, die ja wie Kathedralen hier aussehen, die kommt natürlich dann sehr gut, die wird sehr gut vermittelt."
In diesen Kathedralen ziehen mit dem heutigen Tag wieder Studierende ein. Produktdesigner und freie Künstler. Im Alten also das Neue. Die Fakultät Gestaltung erhält ihre Räume zurück. Der Rektor sagt, sie führt die Tradition der Bauhaus-Idee fort.
"Das war ja hauptsächlich die Idee, die Künste und die neue Technologie miteinander zu versöhnen, beziehungsweise daraus eine neue Welt entstehen zu lassen. Und das ist genau das, was wir heute auch tun. Also: Das ist im Prinzip genau die Kernidee der Bauhaus-Universität, wiederum die künstlerisch-gestalterischen Disziplinen mit den avanciertesten Technologien in Kontakt zu bringen. Also auch mit einer - wenn man so will - Industrie, beziehungsweise modernen Produktionswelt, aus dieser Verbindung einen neuen Ansatz zu gewinnen."
Gerd Zimmermann ist der Rektor der Bauhaus Uni Weimar.
" ... man sieht eine sehr einfache Behandlung der Oberflächen."
Er zeigt stolz seine neue Perle. Die frisch fertig gestellte ehemalige großherzogliche Kunstgewerbeschule in Weimar.
"Van de Velde hat zwar im Duktus des Jugendstils gearbeitet, aber doch sehr eigenständig, aber nicht im Sinne des ornamentalen Jugendstils in einer sehr großen Einfachheit, fast Sparsamkeit."
Sehr zurückhaltend, in schwarz, ocker und grau sind sie gehalten, die Räume, in denen die Bauhausschüler ihr Handwerk und die freie Kunst übten. Hier lehrten Lyonel Feininger, Gerhard Marcks und Johannes Itten. Hier entwarf Wilhelm Wagenfeld die Tischleuchte, die das Bauhaus-Image prägte.
Für den Architekten van de Velde spielte das natürliche Licht eine wichtige Rolle. Im Treppenhaus kommt von oben und von der Seite Tageslicht, ist ein Spiel mit Schatten. Wer in den Räumen seiner Schule arbeitete, sollte sich nicht mit zu viel direkter Sonne plagen.
"Das Gesamtgebäude ordnet sich ganz stringent diesen Anforderungen an … "
… sagt Architekt Ulrich Junk und zeigt die frisch sanierten Räume in diesem Winkelhaus.
"Im Nordteil von der Belichtung her die Ateliers, und die anderen Räume sind entweder Richtung Osten oder Westen ausgerichtet."
In der Mitte - wie ein Scharnier - das Treppenhaus. An der Wand trägt es Fresken von Oskar Schlemmer, schemenhaften ineinanderverschlungene Menschen. Von den Nazis als Kulturbolschewismus tituliert und übermalt, wurden sie 1980 wieder hergestellt. Die Bausünden der insgesamt 100-jährigen Geschichte wurden nun mit einer sieben Millionen Euro teuren Umgestaltung wieder revidiert.
"Unsere Sanierungsidee bestand darauf, diese Raumvolumina original entsprechend der van de Veld’schen Idee wieder herzustellen. Es sind natürlich Dinge wieder entstanden, alte Raumfolgen, und die sind gekoppelt durch neue Einbauten, um natürlich heute einen modernen Universitätsbetrieb zu ermöglichen."
Das frühere Atelier des Meisters selbst bildet den charakteristischen Südgiebel. Seine Außenfassade zeigt eine umgedrehte Hufeisenform mit großen Fensterflächen. Innen ist der Raum sehr hoch und hat eine leicht gewölbte Decke. Zu DDR-Zeiten wurde das Atelier unterteilt in mehrere kleine Zimmer. Die architektonische Handschrift ging verloren. Nun ist sie wieder zu erkennen. Die Schiebefenster wurden, weil man sie so heute nirgends findet, extra wieder angefertigt.
Henry van de Velde kam 1902 nach Weimar, um für den Großherzog das Handwerk zu beraten, ästhetisch und gestalterisch. Er wollte die Hochkultur des Jugendstils in die Alltagswelt des Mobiliars, der Handwerksarbeit übertragen. So sagt es Bauhaus-Uni-Rektor Zimmermann. Die Kunst musste raus aus dem Elfenbeinturm. Das Werkstattgebäude zeige dies auf eine für diese Zeit erstaunlich moderne Art mit Stahl und Glas.
"Manchmal ist es ganz direkt mit Händen zu greifen, man sieht es auch: es sind ja richtig industrielle Elemente. Also Stahlträger pur. Unverkleidet. Sogar so, dass man auf diesen Stahlträgern die im Walzwerk erzeugte Firmennummer noch sehen kann. Das heißt: Das ist wirklich pur als industrielles Element in diese Architektur integriert worden."
Die Architektengemeinschaft - Junk und Reich aus Weimar und Pitz und Hoh Berlin hat nun die Ideen van de Veldes wieder herausarbeitet. Dennoch hat sie behutsam eingegriffen. Denn die ehemalige Kunstgewerbeschule soll wieder für universitäre Zwecke genutzt werden. In den großen Räumen entstanden Galerien, das Haus wurde behindertengerecht umgebaut, Schimmel und Schwamm behandelt, das Fundament verstärkt. In die Flure kamen Glaswände, sie lassen die Linienführung wieder erkennen. Uni-Rektor Gerd Zimmermann:
"Dadurch kommt natürlich die elementare Raumwirkung der Ateliers, der Flure, die ja wie Kathedralen hier aussehen, die kommt natürlich dann sehr gut, die wird sehr gut vermittelt."
In diesen Kathedralen ziehen mit dem heutigen Tag wieder Studierende ein. Produktdesigner und freie Künstler. Im Alten also das Neue. Die Fakultät Gestaltung erhält ihre Räume zurück. Der Rektor sagt, sie führt die Tradition der Bauhaus-Idee fort.
"Das war ja hauptsächlich die Idee, die Künste und die neue Technologie miteinander zu versöhnen, beziehungsweise daraus eine neue Welt entstehen zu lassen. Und das ist genau das, was wir heute auch tun. Also: Das ist im Prinzip genau die Kernidee der Bauhaus-Universität, wiederum die künstlerisch-gestalterischen Disziplinen mit den avanciertesten Technologien in Kontakt zu bringen. Also auch mit einer - wenn man so will - Industrie, beziehungsweise modernen Produktionswelt, aus dieser Verbindung einen neuen Ansatz zu gewinnen."