Wie eines der buntesten Kulturviertel Deutschlands entstehen soll
Aus dem Kulturcampus Bockenheim auf dem Areal der Goethe-Universität Frankfurt soll ein Projekt mit bundesweiter Ausstrahlung werden. Der hessische Kunstminister Boris Rhein sieht darin eine große Chance.
Rund ein Dutzend renommierte Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen sollen die Anziehungspunkte für den geplanten "Kulturcampus Bockenheim" bilden. Dazu soll Wohnraum geschaffen werden, auch für kollektive Wohnformen. Ein sehr ambitioniertes Projekt – mit vielen Akteuren, deren sehr unterschiedliche Interessen nicht einfach unter einen Hut zu bringen sind. Boris Rhein, der hessische CDU-Kunstminister, versucht es nun:
"Ich halte das für eine der ganz großen Stadtentwicklungsideen der letzten 30, 40, 50 Jahre, in Frankfurt diesen Kulturcampus entstehen zu lassen und zwar ganz bewusst in Analogie zum Museumsufer. Dort haben wir wirklich geballt die bildenden Künste und dies macht auch die Wucht und den Charme des Museumsufers aus. Und jetzt haben wir die Chance, an einem anderen Ort in der Stadt wirklich das Zentrum der darstellenden Künste entstehen zu lassen. Das ist eine ganz große Idee, die weit über Frankfurt und Hessen hinausstrahlen wird. Deswegen, das ist eine Chance, die muss man jetzt ergreifen, wenn man sie realisieren will."
Architektonisch gerahmt wird das riesige, rund 20 Fußballfelder große Areal auf dem bald vollständig geräumten alten Campus der Goethe-Universität Frankfurt am Main durch zwei historische Bauten: das Senckenberg-Museum im Süden des Geländes ist eines der größten Naturkundemuseen Deutschlands und wird gerade erweitert.
Ein Kulturballungsraum mit historischen Bauten
Im Norden des geplanten Kulturcampus begrenzt das sogenannte "Bockenheimer Depot" das Areal, ein wunderbares altes Straßenbahndepot, das von den Städtischen Bühnen in Frankfurt am Main vor allem für experimentelle Produktionen benutzt wird. Dazwischen soll nun als erstes ein Neubau für die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main entstehen. Kunstminister Boris Rhein:
"Bis Sommer wollen wir die Machbarkeitsstudie fertig haben, dann startet ein Architektenwettbewerb, der im Frühjahr 2019 entschieden sein kann und dann wird das Geld in den Haushalt eingestellt, es ist zugesagt und wird dann ganz konkret eingestellt. Und dann kann der Beginn des Baus der Hochschule im Jahr 2021 sein und fertig sein kann die Hochschule dann im Jahr 2025. Und das Beste wäre es natürlich, wenn die Stadt auf diesen Zug jetzt aufspringt, dann haben wir 2025 die Eröffnung eines der wirklich buntesten und interessantesten Kulturviertel in Deutschland."
Diese Chance sieht auch die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig von der SPD. Sie möchte gleich neben die vom Land Hessen finanzierte Musik- und Kunsthochschule ein sogenanntes "Zentrum der Künste" platzieren, in das am besten auch gleich eine Interimsspielstätte für die Städtischen Bühnen integriert wird – neben dem "Bockenheimer Depot" also noch ein weiteres Haus für Bühnen. Denn das Doppelhaus aus Oper und Schauspiel in der Innenstadt muss in den nächsten Jahren runderneuert werden und den dortigen Spielbetrieb möglicherweise für Jahre einstellen. Ina Hartwig weist den Vorwurf zurück, dass sie damit den Kulturcampus möglichweise überfrachtet:
Interimsspiestätte für sanierungsbedürftige Bühnen
"(…) Das ist jetzt die Chance, die ergriffen werden muss. Ich muss meinerseits um Verständnis dafür bitten, dass wir den Prozess Städtische Bühnen einspeisen wollen in die Überlegung Kulturcampus. Das würde ich aber tatsächlich auch als Chance begreifen, dass man hier gegebenenfalls zwei Energieströme zusammenschließt."
Die Frankfurter Kulturinstitutionen reagieren erleichtert auf die aktuelle Initiative von Stadt und Land für den Kulturcampus Bockenheim. Denn die Idee ist schon mehr als ein Jahrzehnt alt. Lange Zeit verzögerte der schleppende Umzug der Goethe-Uni auf den neuen Campus Westend die konkreten Planungen. Zusätzlich spielt eine Rolle, dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft ABG auf dem Gelände möglichst viel dringend benötigten Wohnraum schaffen will. Auch hier drohen Interessenskonflikte und Überfrachtungen. Doch den Anspruch, Kunst und Wohnen zu integrieren, bekräftigt auch Christian Fausch, künstlerischer Manager des Ensemble Modern:
"Der Kulturcampus Bockenheim ist in meinen Augen eine grandiose Chance für den Kulturcampus Frankfurt und damit natürlich auch für die Institutionen, die auf diesen Kulturcampus kommen sollen. Eine grandiose Chance insofern, als eine zukunftsweisende Konstellation möglich wäre, wo Hochschulbetrieb, Kulturbetrieb aber eben auch Wohnen und Arbeiten zusammengeführt werden. Und ich glaube, über Erfolg und Nichterfolg dieses Kulturcampus wird letztendlich genau dieser Mix oder die perfekte Abstimmung dieses Mix entscheiden."
Wie dieser Mix am Ende genau aussehen wird, ist noch offen. Klar ist aber: Mit den bereitgestellten Geldmitteln des Landes, der Machbarkeitsstudie und dem konkreten Zeitplan für einen Architekturwettbewerb für den Neubau der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main ist nun der Grundstein für den Erfolg des "Kulturcampus Bockenheim" gelegt.