In Fahrtrichtung rechts
52:38 Minuten
Der ICE von Fulda nach Frankfurt am Main. Eckhard Roelcke und Adrian Schulz sitzen im Abteil, schauen raus und beschreiben, was sie sehen. Sie spekulieren und phantasieren. Jeder, der diese Strecke fährt, kann lauschen, worüber die beiden wo sprechen.
Was sehen wir eigentlich da draußen? Das haben sich Eckhard Roelcke, Moderator des Kulturmagazins "Fazit", und Adrian Schulz, freier Journalist, gefragt, als sie im ICE von Fulda nach Frankfurt saßen.
Die Strecke ist eine der Hauptverkehrsachsen Deutschlands, nahezu alle Züge von Norden nach Süden müssen hier durch. Pro Tag gibt es knapp 30 ICE-Verbindungen mit Halt in beiden Bahnhöfen – das macht, bei 750 Sitzplätzen pro Zug und einer bundesweiten Auslastung von 56 Prozent, die die Bahn für das vergangene Jahr angegeben hat, gut 12.000 Passagiere. Jeden Tag! Davon wiederum sitzt die Hälfte in Fahrtrichtung rechts. Manche lesen, manche essen, manche sehen einen Film. Und viele blicken einfach aus dem Fenster.
Wenn Sie diese Strecke fahren – in Fahrtrichtung rechts –, können Sie sich mit den Autoren quasi synchronisieren und an Ort und Stelle hören, worüber die leidenschaftlichen Bahnfahrer sprechen. Sie als Hörer können die Objekte mit Ihrem Blick aus dem Fenster gleichzeitig sehen: den windschiefen Hochstand kurz hinter der Kinzigtalsperre, das Vereinsheim "Die Schelme" bei Gelnhausen oder die vielen Winkel der EZB kurz vor Ankunft in Frankfurt.
Und falls Ihr Zug, das kommt vor, Verspätung haben sollte, können Sie mithilfe der einzelnen Audios ganz bequem akustisch wieder dort einsteigen, wo sich der ICE befindet, in dem Sie gerade sitzen.
Die Fahrt beginnt – in Fulda
Der Lautsprecher knackst. Lichter, Farben und Büsche. Ein kleiner Scherz, und eine Strecke wird ausgefädelt.
Etappe 1: Monte Kali
Der Dampf, das Schiff und der Eisberg. Mona Lisa und das Chamäleon. Eine herausragende Landschaft.
Etappe 2: Der Tunnel
Ein Gleis und ab und zu mal ein Licht. Die kathartische Wirkung der Finsternis: Aufklärung. Keine Frage, es ist eine aristokratische Fahrt.
Etappe 3: Die Kinzigtalsperre
Sehr schön: der Nebel aus dem Wald. Die Kronenlänge und das Stauseeamt. Henne, Ei und Kirchturmspitze. Und die Sitze.
Etappe 4: Die Windräder
Das Dreigestirn vom Kinzigtal. Die rote Manschette. Auf jeden Fall: sehr glückliche Tiere. Der Zug gehört zur Natur.
Etappe 5: Gelnhausen
Ab jetzt planmäßig mit 200. Veritas und die drei Schelme. Und dazu drei Gleise. Und Hegels "sinnliche Gewissheit". Lustig geformte Bäume.
Etappe 6: Baden im See
Fische fangen. Urlaub in Hessen, falls einen das Fernweh plagt. Jetzt endlich: das hartgekochte Ei … und die Bio-Würstchen. Vampire.
Etappe 7: Hanau
Das Gleis 103. Der vierdimensionale Bahnhof: das Größte und Gröbste, was sich Menschen ausdenken können. Das Vergessen und der heilige Geist.
Etappe 8: Wasser im Turm
4 mal 42 Meter, um den Monte Kali zu erreichen. Wetterhahn und Wasserhahn. Steine, Schotter, Kesselwagen. Die Überlastung im Knoten.
Etappe 9: Die Winkel der EZB
Spiegeln, glitzern, überwachen. 128.000 Wände und die schwankende Wahrheit. Die Weichen rumpeln.
Etappe 10: Auf der Mainbrücke, kurz vor der Ankunft
Das Hochhaus und der Apfelwein. Die drei Narrenkappen. Vulgäre Sackbahnhöfe? Sie bündeln das Leben. Fast Weltrekord.