Im Medium vergriffen
Kritisiert wird Bundespräsident Wulff vor allem dafür, dass er die Berichterstattung der "Bild"-Zeitung über seinen Hauskredit verhindern wollte. Wulff habe zwischen öffentlichem Auftritt und Hintergrundgeschehen nicht unterscheiden können, meint der Medienanalytiker Jochen Hörisch.
Der Bundespräsident habe selbst, unabhängig von Inhalt und Absicht des Anrufs, mit seinen persönlichen Anrufen das höchste Staatsamt profaniert, meint Hörisch:
"Es ist schwerlich auszudenken, dass der höchste Repräsentant unseres Staates, der ja in Deutschland so was wie ein Ersatzmonarch ist, so reagiert wie ein cholerischer anderer Politiker auch. Ich will eben aus Respektsgründen sagen, man kann sich noch intelligenter, noch stillsicherer verhalten, als dann auf die Mailbox eines Journalisten, der ja nun selbst - sagen wir das auch Mal in aller Klarheit - auch nicht den aller aller besten Ruf hat, irgendwie ein Wutbürgerstatement loszulassen. Das passt einfach nicht zu dem Amt, der Repräsentant kann sich nicht so verhalten, wie ein kleiner Politiker das macht, zur schmutzigen Politik, wie wir sie alle im Auge haben, kann das passen, aber von der soll sich ja nun gerade der Bundespräsident absetzen, das heißt, er hat einfach ein schlechtes Rollenspiel gemacht und damit wird er Schwierigkeiten haben."
Hörisch wies weiter darauf hin, dass das Amt des Bundespräsidenten wie eine Art Ersatzmonarch angelegt sei. Das Staatsoberhaupt habe zwar keine exekutiven Befugnisse, aber es solle die Dinge zur Sprache bringen, die im politischen Alltagsgeschäft nicht gesagt werden könnten:
"Repräsentanten haben normalerweise ein ganz andere Kommunikationsstruktur, deshalb haben wir ja die Diplomatie, über die wir uns lustig machen, dass man dann sich mit Exzellenz wechselseitig anspricht, dass man das Private sucht. Dass man Kommunikationskanäle eben hat, diplomatische Botschaften etwa, die andere Normalbürger eben nicht haben, also die überhaupt selbst zum Telefonhörer zu greifen und auf das Handy eines Journalisten zu sprechen, der seinerseits kein sehr hohes Renommee hat, allein das schon verstößt eigentlich gegen diesen Grundsatz, der da lautet "Das Medium ist die Botschaft", der berühmte Satz des kanadischen Medienanalytikers Marshall McLuhan, und da hat sich der Bundespräsident, mit Verlaub, im Medium vergriffen."
Das vollständige Gespräch mit Jochen Hörisch können Sie mindestens bis zum 4.6.2012 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.
"Es ist schwerlich auszudenken, dass der höchste Repräsentant unseres Staates, der ja in Deutschland so was wie ein Ersatzmonarch ist, so reagiert wie ein cholerischer anderer Politiker auch. Ich will eben aus Respektsgründen sagen, man kann sich noch intelligenter, noch stillsicherer verhalten, als dann auf die Mailbox eines Journalisten, der ja nun selbst - sagen wir das auch Mal in aller Klarheit - auch nicht den aller aller besten Ruf hat, irgendwie ein Wutbürgerstatement loszulassen. Das passt einfach nicht zu dem Amt, der Repräsentant kann sich nicht so verhalten, wie ein kleiner Politiker das macht, zur schmutzigen Politik, wie wir sie alle im Auge haben, kann das passen, aber von der soll sich ja nun gerade der Bundespräsident absetzen, das heißt, er hat einfach ein schlechtes Rollenspiel gemacht und damit wird er Schwierigkeiten haben."
Hörisch wies weiter darauf hin, dass das Amt des Bundespräsidenten wie eine Art Ersatzmonarch angelegt sei. Das Staatsoberhaupt habe zwar keine exekutiven Befugnisse, aber es solle die Dinge zur Sprache bringen, die im politischen Alltagsgeschäft nicht gesagt werden könnten:
"Repräsentanten haben normalerweise ein ganz andere Kommunikationsstruktur, deshalb haben wir ja die Diplomatie, über die wir uns lustig machen, dass man dann sich mit Exzellenz wechselseitig anspricht, dass man das Private sucht. Dass man Kommunikationskanäle eben hat, diplomatische Botschaften etwa, die andere Normalbürger eben nicht haben, also die überhaupt selbst zum Telefonhörer zu greifen und auf das Handy eines Journalisten zu sprechen, der seinerseits kein sehr hohes Renommee hat, allein das schon verstößt eigentlich gegen diesen Grundsatz, der da lautet "Das Medium ist die Botschaft", der berühmte Satz des kanadischen Medienanalytikers Marshall McLuhan, und da hat sich der Bundespräsident, mit Verlaub, im Medium vergriffen."
Das vollständige Gespräch mit Jochen Hörisch können Sie mindestens bis zum 4.6.2012 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.