Im Namen des Buches

Von Christian Linder |
Er war eine der herausragenden Verlegergestalten des 19. Jahrhunderts, dem Reichskanzler Otto von Bismarck seine Memoiren anvertraute. Und sein Wirken als Vorsitzender des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler hat bis heute seine Spuren hinterlassen: Adolf von Kröner.
Im Stuttgarter Verlagshaus Kröner hängt ein Ölgemälde, das den Patriarchen Adolf von Kröner so zeigt, wie man sich einen Geheimen Kommerzienrat und den Verleger unter anderem des Reichskanzlers Otto von Bismarck vorstellt: als einen sehr energischen, strengen, auf seine Würde bedachten Mann, der wusste, welche Bedeutung er in und für seine Zeit hatte. Er konnte damals aber sicher nicht ahnen, dass eine seiner Entscheidungen, die er 1884 als Vorsitzender des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler traf, bis heute gilt und eine Wirkung entfaltet, die von Verlagen wie Buchhändlern als geradezu "segensreich" beschrieben wird. In diesem Jahr 1884 plädierte Adolf von Kröner in einer Rede für die Einführung der Buchpreisbindung und sagte:

"Die Schleuderer im Buchhandel, das heißt der Verkauf neuer Bücher an das Publikum zu Preisen, bei welchen ein solider, über das ganze deutsche Sprachgebiet verbreiteter Sortimentsbuchhandel nicht mehr bestehen kann, ist in ihren Konsequenzen gleich nachteilig für Schriftsteller, Bücherverkäufer und Verleger."

Gut 125 Jahre später kann der Geschäftsführer des Börsenvereins des deutschen Buchhandels Alexander Skipis in dieser Rede fortfahren:

"Wir verkaufen ein Kulturgut, das Buch, und keine Waschmaschinen ... Das Buch ist das Leitmedium eigentlich in unserer Gesellschaft, und es geht um diese Vielfalt eines Buchmarktes."

Denn da die Bedeutung eines Buches für gesellschaftliche Debatten und Entwicklungen nicht an Verkaufszahlen festzumachen ist, und es oft gerade die in geringen Auflagen von kleinen Verlagen gedruckten Bücher sind, die von eminenter Bedeutung sein können, deshalb ist die von Adolf von Kröner in den 80er-Jahren des vorletzten Jahrhunderts und nach ihm benannte Reform bis heute wichtig fürs Überleben kleiner Buchhändler und Verlage, wie der Berliner Verleger Christoph Links weiß. Würde die Buchpreisbindung fallen,

" ... dann würden eben viele mittlere und kleinere Buchhandlungen kaputt gehen, die sich den Anbietern der großen Mengen mit entsprechenden Rabatten dann nicht mehr stellen könnten, und das hätte wieder für uns zur Konsequenz, dass viele kleinere und mittlere Buchhandlungen, die ein spezielleres Programm haben, so wie wir zur deutschen Zeitgeschichte, dann unsere wichtigsten Partner im Buchhandel verloren hätten."

Der würdige, am 26. Mai 1836 in Stuttgart geborene Herr, der auf dem Ölgemälde im Stuttgarter Kröner-Verlag sich nach außen hin sehr gelassen gibt, war vor allem ein gewiefter Geschäftsmann – obwohl er nach dem Abitur zunächst davon träumte, Opernsänger, danach Schauspieler zu werden. Aus finanziellen Gründen musste er seine eigenen Künstlerträume aufgeben und entschloss sich zu einer Buchhandelslehre.

Nach seiner Heirat übernahm er die Kanzlei- und Buchdruckerei seines inzwischen verstorbenen Schwiegervaters, die er aber später wieder abgab, um sich ganz der Arbeit als Verleger und Buchhändler in der Krönerschen Verlagsbuchhandlung zu widmen. Durch Erwerb anderer Firmen baute er sich ein kleines Imperium auf, zu dem unter anderem die "Schwäbische Volkszeitung" gehörte und, sein bedeutendster Zukauf, die J G. Cotta'sche Buchhandlung und Druckerei.

Ein hochrespektierter Mann, dem Reichskanzler Otto von Bismarck die Rechte an seinen Memoiren anvertraute. Ein Riesenerfolg, begleitet von billigen Klassikerausgaben der Werke Schillers und Goethes. Kröner bündelte seine Aktivitäten in einer "Union Deutsche Verlagsgesellschaft", die er als Aktiengesellschaft einrichtete und deren Vorsitz im Aufsichtsrat er übernahm. Nach seiner Wahl zum Vorsitzenden des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler führte er nicht nur die Buchpreisbindung ein, sondern kümmerte sich auch um die Gestaltung und Verwertung der Urheberrechte.

Die offiziellen Ehrungen standen für sein Ansehen: Nach der von ihm initiierten Gründung und Einweihung des Deutschen Buchhändlerhauses in Leipzig machte ihn die Stadt 1888 zu ihrem Ehrenbürger, er wurde zum Geheimen Kommerzienrat ernannt und 1904 verlieh man ihm das Ehrenkreuz des Ordens der Württembergischen Krone, wonach Adolf Kröner sich nun Adolf von Kröner nennen durfte. Zu seinem Nachfolger bestimmte er seinen Sohn Alfred. Der ging allerdings eigene Wege und entdeckte für sich und das deutsche Publikum die Werke Friedrich Nietzsches. Dieser Autor war nun keinesfalls nach dem Geschmack des Patriarchen. Vielleicht deshalb die strenge Miene auf dem Ölgemälde im Stuttgarter Verlagshaus. Gestorben ist Adolf von Kröner am 29. Januar 1911 in seiner Heimatstadt.