Auferstanden aus Ruinen – Schöneweide mausert sich
16:51 Minuten
Vor mehr als 100 Jahren entwickelte sich in Berlin-Schöneweide der größte Industriestandort Europas. Zu DDR-Zeiten arbeiteten dort 25.000 Menschen. Nach einer Zeit des Verfalls wird der Stadtteil nun immer lebendiger und zieht Künstler wie Gründer an.
Ein kleines Ladenlokal in einer Seitenstraße hinter riesigen alten Industriehallen. 1906 fand hier die Gründungsversammlung des SC Union Oberschöneweide statt, Vorgängerklub des Fußballbundesliga-Vereins 1. FC Union Berlin. Heute verkauft Mandy Geddert hier ökologische Kinderkleidung.
"Oberschöneweide ist sehr räudig – das war damals der Begriff, der mir immer in den Sinn gekommen ist."
"Oberschöneweide ist sehr räudig – das war damals der Begriff, der mir immer in den Sinn gekommen ist."
Industriestandort der DDR
Damals – das war Mitte der 1980er-Jahre, als 25.000 Werktätige den Ost-Berliner Ortsteil Oberschöneweide zum industriellen Hotspot der untergehenden DDR machten. Und Mandy Geddert, die heute die Schnittmuster für die nachhaltige Kinderkleidung entwirft, noch Teenager war.
"Ich bin am Rande von Berlin aufgewachsen und habe damals schon als Kind eine Nähmaschine gehabt und habe mein Taschengeld in die Edisonstraße, da gab’s so ein Kurzwarengeschäft, hingetragen. Habe da meine Einkäufe erledigt und so schnell wie möglich wieder nach Hause, weil: Man kann sich diese Atmosphäre tatsächlich nicht vorstellen, wenn man die nicht gesehen hat. Es war komplett grau, die Menschen, die einem begegneten, die überwiegend in der Schwerindustrie gearbeitet haben, oder Kabelwerk, die hatten hängende Gesichter, Blaumänner an, es war alles grau. Und hat gestunken wie verrückt. Ofenheizung, in jeder Wohnung gab es damals einen Ofen, es war super unattraktiv, man wollte hier einfach nicht sein."
"Ich bin am Rande von Berlin aufgewachsen und habe damals schon als Kind eine Nähmaschine gehabt und habe mein Taschengeld in die Edisonstraße, da gab’s so ein Kurzwarengeschäft, hingetragen. Habe da meine Einkäufe erledigt und so schnell wie möglich wieder nach Hause, weil: Man kann sich diese Atmosphäre tatsächlich nicht vorstellen, wenn man die nicht gesehen hat. Es war komplett grau, die Menschen, die einem begegneten, die überwiegend in der Schwerindustrie gearbeitet haben, oder Kabelwerk, die hatten hängende Gesichter, Blaumänner an, es war alles grau. Und hat gestunken wie verrückt. Ofenheizung, in jeder Wohnung gab es damals einen Ofen, es war super unattraktiv, man wollte hier einfach nicht sein."
Heute lebt der damalige Un-Ort von seiner wechselvollen Geschichte. 130 Jahre Industriekultur: Das ist nicht nur das Schmuddel-Image, das ist auch die Zeit als Gründerzentrum der deutschen Elektroindustrie mit klangvollen Namen wie AEG – und der Aufstieg zum größten Industriestandort Europas. Sein Name: Elektropolis. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeiteten hier Zehntausende Menschen, unter anderem im Werk für Fernsehelektronik, im Transformatorenwerk und im Kabelwerk Oberspree. Mit dem Ende der DDR machten fast alle Betriebe dicht, die Menschen verloren ihre Arbeit.
"Es ist zwar nach der Wende alles unter Denkmalschutz gestellt worden, aber ich bitte Sie: Man fährt hier lang, man weiß nichts. Zumal ja bis heute die großen, ortsbestimmenden Produktionsgebäude einfach mal leer stehen."
EKI 1, die erste Elektronenröhrenorgel der Welt
Susanne Reumschüssel leitet den Industriesalon Schöneweide, ein gemeinnütziger Verein, der versucht, das industrielle Erbe der DDR zu bewahren. Seit zehn Jahren sitzt der Verein in einer der Produktionshallen auf dem Gelände des ehemaligen Transformatorenwerks. Die Ausstellungsstücke stammen aus dem Museum des früheren Werks für Fernsehelektronik der DDR.
"Das Museum war komplett da, das ganze Gebäude gehörte Samsung Korea, und die haben gesagt: 'Gut, dass Sie anrufen, wir müssen das Haus gerade übergeben. Besenrein. Wir müssen eh alles hier rausholen. Holen Sie sich weg, was Sie brauchen'."
"Das Museum war komplett da, das ganze Gebäude gehörte Samsung Korea, und die haben gesagt: 'Gut, dass Sie anrufen, wir müssen das Haus gerade übergeben. Besenrein. Wir müssen eh alles hier rausholen. Holen Sie sich weg, was Sie brauchen'."
Ein besonderes Ausstellungsstück ist die EKI 1, die erste Elektronenröhrenorgel der Welt. Mitte der 1950er-Jahre wurde sie im Werk für Fernsehelektronik entwickelt. Ein Video erzählt ihre Geschichte. Für ihr unermüdliches Engagement, Industriekultur erlebbar und lebendig zu machen, erhielt Susanne Reumschüssel im vergangenen Jahr das Bundesverdienstkreuz am Bande. Von künftigen Investoren auf dem Industriegelände erhofft sie sich, dass sie nicht nur an die wirtschaftliche Verwertbarkeit ihrer Immobilien denken.
"Für uns als Industriesalon ist es eigentlich gut, wenn wir die neuen Investoren damit konfrontieren oder denen bekannt machen: 'Hallo Leute, ihr habt hier nicht irgendwo auf dem Mond was gekauft, sondern in einem historischen Gründerzentrum. Hier hat eine bedeutende Industrie- und Architektur- und Technik-Entwicklung stattgefunden, das ist das Erbe der Industriestadt Berlin, das könnt ihr auch nutzen.' Und da machen wir ihnen konkrete Vorschläge. Also den Boulevard der Industriekultur hier zu schaffen."
Zwangsarbeiterlager in Niederschöneweide
Das Kontrastprogramm gibt es auf der anderen Seite der Spree, im Ortsteil Niederschöneweide. Mitten im Wohngebiet befand sich ein Lager für mehr als 2.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. 1943 entstand es: 13 flache Wohnbaracken, kasernenartig aufgereiht, alle erhalten bis auf zwei. Heute ist hier das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit untergebracht. Die Leiterin Christine Glauning erklärt, wie damals das Verhältnis zwischen den Insassen des Zwangsarbeitslagers und den Anwohnern war.
"Eine Mischung aus 'Ja, man hat es schon gesehen', aber auch Ignoranz. Man wollte nicht genau hinsehen und hat irgendwann mal, wie an vielen anderen Orten auch, es einfach hingenommen, beinahe selbstverständlich hingenommen, als Teil des Kriegsalltags wahrgenommen und nicht als Unrecht, das den Menschen, die hier untergebracht waren, widerfahren wäre."
Die aktuelle Sonderausstellung zeigt Kämme, Löffel, Essnäpfe – Alltagsgegenstände aus ehemaligen Lagerstandorten in Berlin und Brandenburg, die vom Leben und Tod und vom Überleben in den nationalsozialistischen Zwangslagern berichten.
"Das hier ist die Vitrine mit den vielen Löffeln, ganz unterschiedliche Löffel, zum Teil auch selbst gemacht, die einfach deutlich machen, und das taucht auch in vielen Schilderungen von Überlebenden auf, dass der Löffel eines der wichtigsten Objekte war, der wichtigsten Gegenstände, die Menschen in den Lagern noch behalten konnten und auch dringend benötigten, um das bisschen an Suppe, was sie bekommen haben, zu löffeln."
Zum Gelände des Dokumentationszentrums gehören sieben der ursprünglich 13 Baracken. Zwei sind nicht mehr erhalten, die übrigen vier in Privatbesitz. Angesichts des einsetzenden Baubooms in Niederschöneweide beobachte man sehr aufmerksam, was mit diesen vier geschehe, sagt Christine Glauning.
"Es gibt mehr Bedarf an Raum für Schulen, an Raum für Wohnungen – und insofern rücken ja auch ehemalige Zwangsarbeiterlager in den Blickpunkt, das hat man ja in Berlin an anderen Orten gesehen: Lichterfelde Süd, wo ein großes Wohngebiet entsteht und eben auch noch Baracken eines großen Kriegsgefangenenlagers erhalten sind. Jetzt geht es darum auszuhandeln, was noch erhalten werden kann, und wie man die Geschichte dieses Ortes sichtbar machen kann."
"Eine Mischung aus 'Ja, man hat es schon gesehen', aber auch Ignoranz. Man wollte nicht genau hinsehen und hat irgendwann mal, wie an vielen anderen Orten auch, es einfach hingenommen, beinahe selbstverständlich hingenommen, als Teil des Kriegsalltags wahrgenommen und nicht als Unrecht, das den Menschen, die hier untergebracht waren, widerfahren wäre."
Die aktuelle Sonderausstellung zeigt Kämme, Löffel, Essnäpfe – Alltagsgegenstände aus ehemaligen Lagerstandorten in Berlin und Brandenburg, die vom Leben und Tod und vom Überleben in den nationalsozialistischen Zwangslagern berichten.
"Das hier ist die Vitrine mit den vielen Löffeln, ganz unterschiedliche Löffel, zum Teil auch selbst gemacht, die einfach deutlich machen, und das taucht auch in vielen Schilderungen von Überlebenden auf, dass der Löffel eines der wichtigsten Objekte war, der wichtigsten Gegenstände, die Menschen in den Lagern noch behalten konnten und auch dringend benötigten, um das bisschen an Suppe, was sie bekommen haben, zu löffeln."
Zum Gelände des Dokumentationszentrums gehören sieben der ursprünglich 13 Baracken. Zwei sind nicht mehr erhalten, die übrigen vier in Privatbesitz. Angesichts des einsetzenden Baubooms in Niederschöneweide beobachte man sehr aufmerksam, was mit diesen vier geschehe, sagt Christine Glauning.
"Es gibt mehr Bedarf an Raum für Schulen, an Raum für Wohnungen – und insofern rücken ja auch ehemalige Zwangsarbeiterlager in den Blickpunkt, das hat man ja in Berlin an anderen Orten gesehen: Lichterfelde Süd, wo ein großes Wohngebiet entsteht und eben auch noch Baracken eines großen Kriegsgefangenenlagers erhalten sind. Jetzt geht es darum auszuhandeln, was noch erhalten werden kann, und wie man die Geschichte dieses Ortes sichtbar machen kann."
"Man kann hier extrem gut leben"
Wenige hundert Meter weiter, direkt am Ufer der Spree: Ein riesiges Baufeld. Auf einem Schild steht: Hier entstehen 275 Mietwohnungen – mit voll ausgestatteten Küchen und eigenen Fahrradstellplätzen. Schöneweide mausert sich.
Das findet mittlerweile auch Mandy Geddert, die den alten Arbeiterkiez Mitte der 1980er Jahre so "räudig" erlebte. Seit 2005 wohnt auch sie in Oberschöneweide.
"Als ich das erste Mal die Plönzeile entlanggelaufen bin, habe ich gesagt: Zwei Jahre, dann bist du hier wieder weg. Viel Alkoholismus gab es damals noch, also meine erste Begegnung war hier auf der Straße ein Mann mit Pitbull, nicht angeleint, und Bierflasche in der Hand, torkelnd. Hat sich aber total revidiert: Heute ist Schöneweide für mich ein Ort der Entschleunigung. Man kann hier extrem gut leben, man hat zum Teil so einen dörflichen Charakter sogar."
Das findet mittlerweile auch Mandy Geddert, die den alten Arbeiterkiez Mitte der 1980er Jahre so "räudig" erlebte. Seit 2005 wohnt auch sie in Oberschöneweide.
"Als ich das erste Mal die Plönzeile entlanggelaufen bin, habe ich gesagt: Zwei Jahre, dann bist du hier wieder weg. Viel Alkoholismus gab es damals noch, also meine erste Begegnung war hier auf der Straße ein Mann mit Pitbull, nicht angeleint, und Bierflasche in der Hand, torkelnd. Hat sich aber total revidiert: Heute ist Schöneweide für mich ein Ort der Entschleunigung. Man kann hier extrem gut leben, man hat zum Teil so einen dörflichen Charakter sogar."
Noch liegen Teile des alten Industrieareals brach. Das wird sich aber in den kommenden Jahren ändern.
"Prima. Also kommen sie hier rein, hier ist unsere schöne Spreehalle …"
Marc Sinan hat sich einen Traum erfüllt: Den Traum von der eigenen Arbeits- und Spielstätte.
"… die quasi fertig zu machen für das Festival, was im Herbst kommt, das Elektropolis-Festival."
Riesige Klangmaschine in alter Industriehalle
Eine alte Industriehalle auf dem Gelände des ehemaligen Transformatorenwerks in Oberschöneweide. Hier lässt Musik-Komponist und -Produzent Marc Sinan nun seinen eigenen Transformator bauen. Eine riesige Klangmaschine, bestehend aus hochmodernen Sound-Systemen und einer Reihe historischer DDR-Lautsprecher.
"Gerade bauen wir Paneele, davon haben wir jetzt erstmal 15 Stück, 30 Stück werden dann noch nachkommen. Und die sind sozusagen schallabsorbierend aufgebaut. Die sind gefüllt mit Dämmmaterialien. Und die sind erstmal dazu da, den Nachhall zu verkürzen. Und dann gucken wir sozusagen: Ist das schon kurz genug? Also, die werden hier an den Stahlträgern hängen oder stehen, so, und dadurch wird im Grunde genommen der Charakter des Raumes nicht verändert, weil: Das wäre ja total schade. Dann wäre es ja völlig austauschbar."
Zusammen mit seiner Frau, die eine Werbeagentur betreibt, hat er die Halle samt angrenzendem Maisonette-Atelier gekauft. Von Bryan Adams, Fotograf und Rockmusiker, der sie 2013 erworben, dann saniert und neugestaltet hatte. Prominent sind auch die neuen Nachbarn des Musikproduzenten: Olafur Eliasson, Jorinde Vogt, Alicja Kwade: große Namen in der Kunstszene. Die alte Elektropolis – ein Ort der Inspiration.
"Diese Halle hier war die Produktionsstätte für das Spezialwerkzeug für das Transformatorenwerk vorne auf der Ecke. Und wir füllen das jetzt mit einer neuen Form von Energie. Hier ist jetzt nicht mehr elektrische Energie, sondern künstlerische Energie."
Nicht weit zum Flughafen Schönefeld
Seit dem Mauerfall haben sich viele Künstler und Kreative, Handwerker und Soloselbstständige auf dem alten Industrieareal niedergelassen. Die Mieten waren günstig, nun sind viele der Verträge gekündigt worden. Denn: Es gibt zwei neue Eigentümer mit hochfliegenden Plänen. Für das riesige Gelände rund um das ehemalige Werk für Fernsehelektronik und für die Rathenauhallen auf dem Gelände der früheren AEG-Transformatorenfabrik. Bezirksbürgermeister Oliver Igel ist zuversichtlich, dass die neuen Eigentümer keine Spekulanten sind. Dazu waren ihre Kaufsummen viel zu hoch.
"Ich glaube, die Eigentümer sind dazu verdammt, jetzt auch wirklich etwas zu tun. Und wenn wir das alles noch in den Kontext stellen, dass der Weg von Ober- und Niederschöneweide zum Flughafen Schönefeld kein weiter Weg ist, und dass das ausstrahlen wird, dass künftig dies das Tor zu Berlin sein wird, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass es dort keine Brache geben wird, sondern tatsächlich eine Entwicklung der Flächen."
Es herrscht Aufbruchstimmung. Wieder einmal. Dabei bilden einige mittelständische Unternehmen jetzt schon den Kern einer neuen Industrie-Technologie in Oberschöneweide.
Beispiel 1 – die First Sensor AG, 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier am Standort. Das Unternehmen stellt Sensorchips her und zählt zu den weltweit führenden Anbietern auf dem Gebiet der Sensorik. 1991 gegründet von 22 ehemaligen Ingenieuren aus dem Werk für Fernsehelektronik, wird die Firma nun von TE Connectivity übernommen, einem global agierenden Industrie-Tech-Giganten mit Sitz in der Schweiz. Der Standort in Oberschöneweide ist durch die Übernahme nicht gefährdet, versichert die Personalleiterin von First Sensor, Cornelia Harling.
"Warum sollten wir so einen Platz an der Sonne und am Wasser wechseln? Wir haben hier noch viel Platz an diesem Standort. Und TE Connectivity ist auch sehr an unserem Chipwerk interessiert, weil die im Opto-Bereich, also im optischen Sensorbereich, noch nicht so stark vertreten sind. Und insofern glauben wir fest daran, dass TE Connectivity uns stärken wird, unser Wachstum hier weiter fortzusetzen."
"Schauen Sie mal hier, wir haben jetzt den Blick auf die Spree …"
Beispiel 2 – Rolls Royce Solutions Berlin, 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Oberschöneweide. Unter ihnen Reinhard Edelmann, Kaufmännischer Geschäftsführer.
"… ist natürlich herrlich, also jetzt gerade bei dem herrlichen Sonnenwetter, wie wir es jetzt gerade haben, ist es fantastisch, wir haben hier Raum zum Entfalten, Sie sehen auch unser Büro von der Fläche, weil es eben relativ günstig ist nach wie vor."
Gründungsstandort der AEG
Bis vor wenigen Tagen hieß das Unternehmen noch Qinous und gehörte zu den erfolgreichen Berliner Startups. Jetzt ist es von Rolls Royce Power Systems übernommen worden, Hauptsitz Friedrichshafen, hat aber nichts mit der bekannten Automarke zu tun. Auch mit neuem Namen entwickelt und projektiert das Unternehmen in Oberschöneweide netzferne Stromversorgungssysteme aus erneuerbaren Energien.
"Also wir stellen Hardware her und eben die Software. Wir managen die praktisch von Berlin aus. Also wir haben Zugriff auf alle Daten weltweit. Wir liefern Systeme in wirklich alle Länder dieser Welt, bis ins entfernteste Aitotaki, das ist eine Pazifikinsel in der Nähe von Neuseeland. Da steht auch ein System von uns."
Qinous, gegründet 2013, hatte seinen Firmensitz lange in einer Gründerzeitvilla auf dem Gelände des Kabelwerks Oberspree. Jetzt ist die Belegschaft umgezogen in eine der riesigen Industriehallen auf dem Gelände und hat eine eigene Etage für sich. Die Botschaft ist eindeutig: Das Unternehmen will wachsen.
"Oberschöneweide ist nach wie vor noch relativ günstig. Wirkt ja ein bisschen schmuddelig, manchmal, an den Ecken, aber hat natürlich einen extrem industriellen Charme. Und das ist irgendwie Kreislauf der Geschichte: Hier ist ja AEG entstanden, mit einer wirklich technischen Innovation damals, Energieversorgung mit Strom, und wir sind jetzt in diesen Räumlichkeiten, auch wieder mit einer Innovation zu einem ähnlichen Thema, das ist natürlich schon sehr spannend. Ja, natürlich macht uns das stolz, dass es auch wieder eine hier entwickelte Technologie ist, die hoffentlich die Welt erobert, wir stehen mit unseren Technologien wirklich auch erst am Anfang."
Vom Dach aus ist die mächtige Industriearchitektur in Oberschöneweide am besten zu erkennen. Vor allem die gelben Klinkerbauten des Kabelwerks Oberspree. Ein Großteil der Gebäude steht unter Denkmalschutz und wird seit 2006 als Campus der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW genutzt. Knapp 10.000 Studierende lernen und forschen hier. Das Potenzial, Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst miteinander zu verknüpfen, ist groß in Oberschöneweide. Musikproduzent Marc Sinan freut sich über diese Entwicklung. Und hofft, dass wenigstens die Mieten stabil bleiben.
"Da muss man politisch gesehen irre aufpassen, wenn’s nicht schon zu spät ist. Also mir erscheint es schon, als wäre da die Gentrifizierungsschraube schon eine Drehung weiter wahrscheinlich als wir uns das so erhoffen."
Diese Sorgen müsse sich niemand machen, meint Bezirksbürgermeister Oliver Igel:
"Wir können sehr froh sein, dass heute keiner mehr von Oberschweineöde spricht, aber nach Oberschnöselweide ist es zum Glück noch ein weiter Weg."