Immer neue Verfehlungen

Deutsche-Bank-Chefs treten zurück

Jürgen Fitschen (links) und Anshu Jain im Gespräch
Die beiden ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen (links) und Anshu Jain © picture alliance / dpa/ Boris Roessler
Von Michael Braun |
Nach heftiger Kritik an ihrem Kurs kündigen die Co-Chefs der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen und Anshu Jain, ihren Rückzug an. Ein Brite wird der neue starke Mann und soll das Geldhaus wieder in die Spur bringen.
Zum Schluss ging es ganz schnell, kein Rücktritt auf Raten, kein Warten auf den neuen Chef, kein Interregnum. In einer sonntäglichen Aufsichtsratssitzung, als die Börsen also geschlossen waren, entschied die Deutsche Bank über einen neuen Chef. Es wird ein Brite, der 54 Jahre alte John Cryan.
Und für seine Karriere als Vorstandsvorsitzender, der er nach der nächsten Hauptversammlung im Mai 2016 werden soll, ist wichtig: Der Mann spricht deutsch. Er kann also mit den Mächtigen in Politik und Wirtschaft im Lande in deren Muttersprache reden. Ob damit angedeutet ist, dass er dem bisherigen Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, als Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken nachfolgt – man wird sehen.
Immer neue hohe Geldstrafen
Fest steht: Die bisherigen Co-Vorstandsvorsitzenden der Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, haben ihre Meinung geändert. Sie wussten, dass ihre Arbeit am vielzitierten Kulturwandel in der Bank kaum wahrgenommen wurde. Weil immer neue Verfehlungen mit immer neuen hohen Geldstrafen geahndet wurden. Jürgen Fitschen vor sechs Wochen:
"Wir wissen, dass vieles von dem, was wir erreicht haben, überschattet wird durch das, was die Darstellung dieser Einigung, die verbundenen Strafen, in der Öffentlichkeit an Wahrnehmung auslösen."
Doch an Rücktritt dachten sie bislang nicht. Anshu Jain etwa wurde bei gleicher Gelegenheit nach seiner Verantwortung und den Folgerungen gefragt, etwa aus der Manipulation des wichtigen internationalen Zinssatzes Libor, an dem auch die Deutsche Bank beteiligt war. Er antwortete – hier in der Version Simultandolmetschers:
"Ja, ich übernehme absolut die Verantwortung. Libor hat enorme Last für die Deutsche Bank mit sich gebracht. Reputationsschäden, Strafen gezahlt. Der Verhalten der entsprechenden Mitarbeiter war verurteilungswürdig. Und ich war deren Vorgesetzter. Da habe ich die Verantwortung, ganz klar. Wie reagiere ich? Ich werde alles tun, um sicher zu stellen, dass das nicht wiederum passieren kann."
Der Nachfolger saß bereits im Aufsichtsrat
Dazu kommt es nicht mehr. Angeblich ging die Initiative, nun auszuscheiden von Jain und Fitschen aus. Jain geht Ende des Monats und bleibt dann noch ein halbes Jahr als Berater. Fitschen, auch sein Vertrag bis Ende März 2017, bleibt einstweilen im Amt. Womöglich will er deutlich machen, dass es in erster Linie Jains und nicht sein Versagen war, was die Investmentbanker angerichtete hatten. Fitschen hört aber als Co-Chef im Mai nächsten Jahres auf. John Cryan, bis dahin als Co-Chef mit Fitschen gemeinsam tätig, übernimmt dann allein.
Der neue starke Mann bei der Deutschen Bank ist 54 Jahre alt. Er sitzt seit 2013 im Aufsichtsrat des Instituts. Die Bank suchte also offenbar jemanden, der die Krisenjahre bis 2009 nicht mit ihr verlebt hat. Cryan ist Vorsitzender des wichtigen Prüfungsausschusses des Kontrollgremiums, wo also die Geschäfte des Vorstandes und die Bilanzen vorgeprüft werden. Und er ist Mitglied Risikoausschusses. Er war damit immer nah dran an Vorstandsentscheidungen. Zuvor leitete er das Europageschäft des Staatsfonds von Singapur, ein Großanleger also. Und von 2008 bis 2011 war er Finanzvorstand der Schweizer Großbank UBS. Sein Aufsichtsratsmandat bei der Bank legt er nieder. Seine Kollegen teilten mit, John Cryan stehe "persönlich und beruflich für die Werte, die nötig sind, die Deutsche Bank voranzubringen".
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