Immer übers Land

Von Christoph Richter und Almuth Knigge |
Die Zeit auf dem Land vergeht langsamer. Die großstädtische Quirligkeit hat doch keinen Zutritt, der Alltag läuft nach einem anderen Takt ab. Und so passen sich auch die Begegnungen diesem Tempo und diesen Umständen an. Im Länderreport begleiten wir heute den Sparkassenbus und die Gemeindeschwester in kleine Orte, abseits der Großstadt.
Im dünn besiedelten Havelland kommt die Kohle (sprich das Geld) zu den Kunden - mit dem Sparkassenbus. 500 Kilometer tourt er in der Woche übers Land, pendelt zwischen Orten mit Namen wie Vieritz, Päwesin oder Schmetzdorf. Im Dorf angekommen, wandelt sich der Fahrer in den freundlichen Geldauszahler, Kredit- und Rentenberater, Seelenversteher und Ratschlaggeber. Die Beträge, die er auszahlt, sind klein, die Freude, die er hinterlässt, ist größer.
Christoph Richter hat sich davon überzeugt.

"Mittelbrandenburgische Sparkasse, fahrende Geschäftsstelle, Obermeyer Schön Guten Morgen! Herr Porow. Ja … nee … ick hab ihn schon jesehn den Schornsteinfeger….Wie viel denn … na dann kommse vorbei Herr Porow, könn wa machen. Bis nacher Herr Porow Tschüss."

Willi Porow kommt später. Jörn Obermeyer ist schon da.
Rote Krawatte, schwarze Lederweste, akkurater Schnurrbart, Chauffeur des Sparkassenbusses. Nach einem Fahrplan geht es über die kleinen Dörfer im westlichen Havelland. Rund 500 Kilometer in der Woche. Und anderthalb Zugstunden von Berlin entfernt.
Obermeyer wickelt Geldgeschäfte zwischen Wäldern und Feldern, Haustüren und Ställen ab.

"Also ick fahr jerne zu den Kunden aufs Land raus. Erstens hat man een janz anderes Verhältnis als zu den Kunden als wie in der Stadt. Und zweites: Ick sach mal, es sind viele, die nicht mehr mobil sind und haben immer den Bus vor Ort. Haben kurze Wege und müssen nicht erst in den Bus steigen und in die Stadt fahren und da ihre Bankgeschäfte ... Also das Verhältnis is janz persönlicher. Is janz anders als wie in der Stadt. Die Kunden kennen einen, is janz anders."

Obermeyer bringt zwar nicht gerade die große Welt des Geldes in die abgelegenen Dörfer, dafür sind die Beträge doch mehr brandenburgisch, also klein. Egal, wenn Obermeyer kommt, gibt es Geld. Bis zu 5000 Euro. Wer mehr will, muss es vorher anmelden.

Der Safe ist rot gestrichen und fährt auf vier Rädern. Von der Fahrerkabine steigt der Sparkassenangestellte in den Schalterraum um.

"Telefon, Fichegerät, Radio, Standheizung, alles vorhanden. Ich muss das Fahrzeug nicht verlassen."

Braucht er auch nicht! Ist ein rollender Schalter. Im Beamtendeutsch als "fahrbare Geschäftsstelle" beschrieben.
Die erinnert an einen riesigen Campingbus – mit Warteraum für die Kundschaft, allesamt 60 Jahre und älter. Auf der kleinen, bunt gemusterten Eckbank, können vier – sehr schlanke - Kunden Platz nehmen.
Im Kassenraum, nur durch eine dünne Wand getrennt, hat nur ein Kunde Platz. Diskretion.
Das Radio läuft, ein Regionalsender sorgt für Stimmung.
Und während vorne die Scheine über den Tresen wandern, ist hinten im Warteraum Dorftratsch angesagt.

"Guten Morgen, Guten Morgen."

Obermeyer bekommt davon nicht viel mit. Den Schalterraum darf er nicht verlassen, und die Fenster aus zentimeterdicken Panzerglas sind hermetisch verriegelt. Erfahrung macht klug.

Seit 1993 fährt der Sparkassenbus über das Havel-Land. Im Dienste der kleinen Einzahler.

"Alles, was in einer ganz normalen Geschäftsstelle machen kann. Also in erster Linie Überweisungsverkehr, Geld abheben, Geld einzahlen, Geldanlagen, Versicherungen, Bausparverträge. Also alles, was man in einer normalen Sparkasse auch machen kann. Also der Kunde kann sein Auto versichern, der Kunde kann sein Haus versichern. Können ne schöne Riesterrente machen."

Seit acht Jahren ist Obermeyer mobiler Auszahler, Berater und Mann für Alltagsgeschichten. Den ganzen Tag in der Filiale zu sitzen, darauf hat er keine Lust. Er fährt lieber Auto, kommt rum und kann mit den Menschen plaudern. Auch wenn er die Sonnenstrahlen nur sehen, aber nie fühlen kann.
Angst hat er keine, wenn er mit dem Geld das nächste Dorf ansteuert. Sagt er jedenfalls. Wie viel Geld er durch die Gegend fährt, das sagt er nicht.
Der Bus ist für die hiesige Sparkasse die rentabelste Lösung; und für den 31-jährigen mobilen Geldauszahler die Beste.

"Is ne Frage, ob die renrabel wären. Een Bankautomat kostet erstens viel Geld, zweitens muss er unterhalten werden und drittens muss er ausgelastet sein. Und beim Bankautomaten können die Kunden nicht die Geschäfte machen, die sie bei mir machen."

Ginge es nach Obermeyer, würde er den Bus bis zur Rente fahren. Nicht anders sehen es seine Kunden. 500 hat er. Und kennt sie gut. Doch es werden immer weniger. Die Alten sterben, die Jungen sind schon lange auf und davon.
Die rollende Sparkasse wird da schnell zum Treffpunkt.

"'Sag mal, viele sind alleine und treffen sich hier in der Sparkasse oder wollen mal ein Wort loswerden. Is eben ein viel persönlicheres Verhältnis als wie woanders.""

Die Damen schwelgen, wenn sie von Obermeyer, dem 31-Jährigen sprechen. Er bringt es fertig, ihnen innerhalb von zwei Minuten das Gefühl zu geben, als sprächen sie mit einer Freundin.

"Is netter Mann. Is ein ganz netter Mann. Ja is er wirklich. Kann man wohl sagen. Wir gehen gerne hierher, man kann nicht klagen. Und doll hilfsbereit. Ja, ja! Er is wirklich nett."

Wenn Obermeyer mit fester Stimme Ratschläge gibt, wie sie mit ihrer kleinen Rente noch sparen können, dann sind sie hin- und weg. Obermeyer – Kuschelbär.

Obermeyer: "So … ick will nur mal schnell gucken."
Dame: "Machen se dett."
"Wegen dem Zuwachssparen. Wenn jetzt wirklich der Zinssatz zwischendurch steigen sollte."
" Hmmm"
"Können wir immer noch."
"Sie halten es im Auge."
"Jaaa."
"Jut."
"Ick sage mal…"
"Ick verlass mich voll auf Sie."
" Wenn der Zinssatz sich auf 0,25 hochschrauebn sollte dann lohnt sich das nicht. Ick sach mal, die die Zinsen steigen am Kapitalmarkt. Wir haben noch ein halbes Jahr, dann kann man immer noch was tun."
" Jut."

Für eine 72-jährige Havelländerin allerdings ist heute der große Tag gekommen. Sie hat Großes vor:

"Wir haben am 13. Mai goldene Hochzeit, und da wir mit ihm immer janz jut zurechte kommen, und er immer sehr hilfsbereit is, wird ick ihn einladen. Wenn er kommen kann, wenn er die Zeit hat. Dit sag ick ihm heute schon. Er hat es schon gemerkt…"

Die 72-jährige Frau schaut verlegen. Die Augen blitzen, die Finger fahren nervös durchs Haar. Wird Obermeyer kommen? Solche und andere Anfragen bekommt er. Aber einen Heiratsantrag gabs noch nie.

"Nee, noch nicht. Hab ja doch eher ältere Kundschaft hier. Also ick sage mal 80 Prozent meiner Kunden sind Rentner.
Ja, Adina hatte mir noch vom Rheumatologen besorgt einen Termin. Ja da muss ick hin, und die Medikamente umstellen. Krieg zuviel Cortison sagt er…"

Die Dörfer, die Obermeyer anfährt, haben nur wenige kleine Straßen und meist nur ein paar Hundert Einwohner. Menschen sind dort kaum zu sehen. Viele Häuser stehen leer. Kneipen und Läden sind mehr als rar. Nur die Friedhöfe werden immer größer.
Die nächste Bank ist für die Menschen weit weg. In den größeren Orten im Umland. Dorthin fährt der öffentliche Bus am Tag höchstens einmal. Früh hin, abends zurück.

Immer noch Schmetzdorf. Ein 200-Seelendorf. Der kleinste Ort der Tour. Und Willi Porow.

"Schön Guten Tag. - Guten Tag Herr Porow."

70 Jahre alt. Landarbeiterleben. Falten im Gesicht und auf den Händen markieren die Biographie. Herr Porow findet den Sparkassenbus großartig. Denn hier findet er Gelegenheit für ein Schwätzchen. Oft passiert das dem alten Herren nämlich nicht mehr. Die Frau ist verstorben, der Sohn auf Montage.

"Wie viel brauchen wir denn Herr Porow?"
"Dreißig gib mir mal. Kontoauszug ooch da?"
"Ja!"
"Ick wart uff den Schornsteinfeger."
"Der ist heute morgen schon durchgefahrn."
"Bei mir war er noch nich. Der geht erst zu die Leute wo er weeß die schon uff sind."
"Der will gleich Bargeld haben?"
"Ja!"

Zu DDR-Zeiten war Herr Porow in der örtlichen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, der LPG, beschäftigt. Mit der Wende verschwanden die Arbeitsplätze. Auch für ihn.
Auf Obermeyer warten die Menschen ganz sehnsüchtig. Abwechslung im Dorfalltag. Und nötiges Kleingeld. Noch nie war Obermeyer unpünktlich, noch nie war er ausgefallen. Auch nicht, als der Bus mal während einer Tour kaputt ging.

"Bin ick aus Wuddicke losjefahrn. Is mir die Wasserpumpe kaputtgegangen, und ohne Wasserpumpe is ja schlecht mit fahrn. Und da hab ick een Kunden anjerufen, weil ick nich gleich in die Werkstatt wollte, weil sonst wär ja ein ein ganzer Tach gleich ausgefalln. Und so hat mich der Kunde gleich ins nächste Dorf geschleppt mit seinem Trecker, und von dort hat mich ein Kamerad vom THW weitergeschleppt. Hätte ick gleich die Werkstatt anjerufen, wär ja gleich die ganze Tour ausgefalln. Dit kann ick meinen Kunden nicht antun. Erst der Kunde, dann der Rest."

"Alle sind se vor mir.
Du bist vor mir gegangen. Rudolf kam später. Damit hat er sich gefreut das er noch een Sitzplatz kriegt.
Ick bin der Letzte."

Und die richten ihren Tag nach dem Fahrplan des Sparkassenbusses. Während man sich früher am Konsum traf, trifft man sich heute eben an der rollenden Sparkasse.

Die durchschnittliche Rente beträgt hier rund 600 Euro, deshalb übersteigen die Summen, die Obermeyer auszahlt, selten 100 Euro.

"So Herr Porow. Dreißig Euro."
"Jawoll."
"10, 20, 25 und 30 Euro. Bitte schön."
"Danke"
"Schönes Wochenende. Herr Porow."
"Bis dann."
"Wiedersehn."

Nach 70 Minuten ist in Schmetzdorf Schluss. Der Fahrplan fordert die Abfahrt. Jörn Obermeyer verstaut die Sachen. Fährt die Treppe ein, löst die Stützen und fährt weiter … ins nächste Dorf.


Schwester Agnes war in der DDR eine beliebte Serienfigur. Als Gemeindeschwester war sie mit ihrer Schwalbe unterwegs und hatte immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Menschen. In einem Modellversuch auf Rügen ist Schwester Agnes zurückgekehrt. Sie heißt jetzt Peggy und ist mit modernster Kommunikationstechnik ausgestattet. Almuth Knigge berichtet:


Vor 20 Jahren, als in den 1985 die Schwarzwaldklinik jeden interessierten Fernsehzuschauer zum halben Allgemeinmediziner machte, da ratterte Schwester Agnes in der gleichnamigen DDR-Serie mit ihrer Schwalbe schon seit zehn Jahren auf die Bildschirme der DDR-Bürger und kümmerte sich aufopferungsvoll um die körperlichen und seelischen Wehwehchen des Kollektivs. Vorbild für die Erfolgserie waren die Gemeindeschwestern, die in dünn besiedelten Regionen die medizinische Versorgung aufrechterhielten.

Auch zu DDR-Zeiten waren Hausärzte in den Weiten Mecklenburg-Vorpommerns selten. Kurz vor der Wende war der Engpass so groß, dass die Schwestern sogar die Bereitschaftsdienste der Ärzte übernahmen. Nach der Wende war das schnell vorbei. Anders als in den Nachbarländern Schweden und Norwegen war und ist in Westdeutschland ganz klar geregelt, was eine Schwester machen darf und wofür ein Arzt zuständig sein muss. Doch jetzt, da die Situation immer kritischer wird, müssen dringend neue Konzepte her. An einem arbeitet das Institut für Community Medicine an der Uni Greifswald unter Prof. Wolfgang Hoffmann. Denn in den nächsten fünf Jahren werden etwa 30 Prozent der Hausärzte in MV in Rente gehen, höchstens 20 Prozent der Praxen können neu besetzt werden, schätzt man. Gleichzeitig steigt die Anzahl der chronisch kranken und der Schmerzpatienten immer weiter an.

"Das heißt, die Ärzte müssen mehr Hausbesuche machen, gleichzeitig werden es aber weniger Ärzte werden, so das wir uns überlegen müssen, wie wir die verbleibenden Ärzte unterstützen, dass sie die Versorgung der zunehmend alternden und etwas krankeren Bevölkerung sicherstellen können."

Agnes soll auch hier die Lösung heißen. Dabei steht AGNES für "arztentlastende, gemeindenahe, e-health gestützte, systemische Intervention – aber die Abkürzung soll bewusst an die Gemeindeschwester aus DDR-Zeiten erinnern.

"Das Prinzip ist die Delegation ärztlicher Hausbesuche an eine speziell ausgebildete Tele-Gesundheitsschwester, die dann an Stelle des Arztes zu solchen Patienten fährt, die dafür besonders geeignet sind, bei denen das Krankheitsbild klar ist, bei denen das Überwachen der Therapie im Vordergrund steht."

Während Schwester Agnes aus dem DDR-Fernsehen ein Dienstmoped hatte, kommt die neue Tele-Gesundheitsschwester mit dem Kleinwagen.

Hausbesuch bei Frau Lindmeyer – die Rentnerin auf der Insel Rügen hat Diabetes und ist auf ständige ärztliche Kontrollen angewiesen. Frau Lindmeyer erwartet die Krankenschwester schon an der Wohnungstür.

"Sie heißt Peggy und ich habe heute immer überlegt ... wie heißt diese Bewegung. Agathe habe ich gedacht - ne Agathe nich ..."

Peggy Sünram ist die neue Schwester Agnes. Die 23-Jährige arbeitet eigentlich bei einem Pflegedienst - für das Modellprojekt musste sie eine Zusatzausbildung machen.

"Im ersten Moment hab ich mir das wirklich gut überlegt, ob ich das wirklich machen tu. Schon alleine wegen den Computern und wegen den ganzen Geräten. Aber dann habe ich gedacht, man muss immer dazulernen, einfach mal probieren."

Frau Lindmeyer findet das toll. Bei ihr – erzählt Schwester Peggy, kommt auch die moderne Technik voll zum Einsatz.

"Na dat hatten wir früher nicht. Kenn ich gar nicht und auch diese allumfassende Betreuung - da muss ich zurückdenken an DDR-Zeiten. Ja ne Gemeindeschwester hatten wir auch, aber das war auch alles, da wurde nicht viel gemacht."

Diese Spezialgeräte für die Messung von Blutzucker, Blutdruck und Gewicht können die Patienten selbst bedienen. Sind die Werte kritisch, wird die Hausärztin automatisch alarmiert.

"Ja das ist doch schön - da kann mir ja nichts mehr passieren. Nech. Geht alles gut, geht alles seinen Gang ich krieg ja auch noch was angeheftet, dann wird signalisiert, ob mein Zucker nicht in Ordnung ist oder der Blutdruck zu hoch und schon ist die Ärztin da."

Frau Lindmeyer schlurft durch die Wohnung und lässt sich in ihren Fernsehsessel fallen.

"Das war ganz einfach, das ist eine Spritze - das sind immer dieselben Einheiten abends - so und die werden einmal eingestellt - und dann ist da ein Stöpsel, den zieht man raus, spritze vor und zack rin und fertig ist ... bei den anderen, die ich hab da, muss ich immer ein bisschen drehen Ich kann schlecht sehen, aber dat krieck ich noch in den Griff ne."

Peggy ist selber ganz erstaunt, wie gut die Patienten die Technik in den griff kriegen.

"Is jetzt viel moderner, mehr Geräte aber kommt auch gut bei den Patienten an. Die finden das auch richtig schön, dass doch mal regelmäßig einer vorbeikommt, wenn jetzt wirklich einer mal nicht mehr so kann, die finden das super, dass ne junge Schwester kommt, und doch mal nach dem Rechten schaut. Einige kommen damit super klar, andere sagen zu viel Technik, zu schwer, aber in der Regel kommen sie gut damit klar."

"Alle Geräte gehen per Telefon bei einem kommt ein Modem ran, was das automatisch senden tut, dann haben wir so ne Art Rytmuskarte - alles per Telefon übermittel, das kann ich mir schon vorstellen, dass das mal so kommt."

Wenn ein Patient aufgenommen wird in das Programm, wird zuallererst eine "Wohnungsbesichtigung gemacht", damit potentielle Gefahrenquellen wie Stolperfallen ausgeschlossen werden. Dann erfolgt der Blick in den Arzneischrank – alte Medikamente werden ausgemistet – und der Apotheker, der in das Programm involviert ist, kann dann- zusammen mit dem Hausarzt - die Medikamente besser aufeinander abstimmen. Frau Lindmeyer fühlt sich wohl bei so viel Fürsorge.

"Ich nehm an, der Grund dafür ist, dass es zu wenig Ärzte gibt ne. Das ist wahrscheinlich der Hauptgrund, habe ich mir so überlegt. Das geht ja auch viel um die älteren Menschen. Die können beruhigt sein, wenn irgendwas ist, dann wird das signalisiert und fertig ist die Kiste... Ich bin nicht son Techniker. Ich nehm dat so wie's is."

"Ich teil mir die Zeit auch so gut ein, dass kein Patient auf der Strecke bleibt, ich sach mal eine Stunde bleib ich schon beim Patienten und wenn er mehr erzählen will vielleicht auch zwei Stunden."

"Manch einer ist den ganzen Tag allein zu hause und dann setzt man sich hin und unterhält sich, was man aber auch gerne tut."

Diese soziale Komponente, so schön sie auch ist, steht aber eigentlich im Hintergrund, mahnt Professor Hoffmann.

"Denn das Problem ist das System an sich - die Versorgung der Bevölkerung in MV muss sichergestellt werden, es geht hier nicht um Luxus oder mehr als wir bisher hatten, sondern es geht im Gesamtkonzept um ne ganz ernste Sache, nämlich um die Sicherstellung des bisherigen Levels der Versorgung, die allein dann durch die verbleibenden Ärzte nicht mehr in der Qualität sichergestellt werden kann."

Agnes soll herausfinden, so die Wissenschaftler, wie ausgebildete Krankenschwestern in der Prävention und in der Pflege Hausärzte entlasten können. – Und ganz wichtig – ob sich das auch rechnet.

"Das ist immer so ne Idee, die man hat, aber wichtig ist, dass es mit Zahlen belegt werden kann, die zeigen, wo die Potentiale für die Kostenträger sind, denn die werden sich nur für das Projekt interessieren, wenn sie nicht mehr bezahlen müssen las vorher."

Doch die bisherigen Erfahrungen sind positiv. Mecklenburg-Vorpommern liegt damit ganz an der Spitze der Entwicklung. Auch die Bundesregierung will prüfen, inwieweit nichtärztliche Heilberufe stärker in das Gesundheitssystem einbezogen werden können, um die Patientenversorgung in dünn besiedelten Regionen zu sichern. Und dann gilt es Überzeugungsarbeit zu leisten. Wer auch immer sich anschickt, die etablierten Grenzen zwischen den medizinischen Berufsgruppen zu durchbrechen, stößt in Deutschland auf Widerstände. Die Hausärzte Konkurrenz, genau wie die Pflegedienste – trotzdem ist das Interesse groß – vor allem in den ostdeutschen Flächenländern. Auch Brandenburg startet mit einem Projekt, das Agnes sehr ähnlich ist.

"Sie haben gesagt um neun - zehn wär mir lieber. Frau Lindmeyer ich weiß es nicht mehr genau - sie haben um neun gesagt, aber egal ich steh um sieben auf und spritz und kann ja auch zeitig aufstehen, dann sehen wir uns morgen - irgendwo war ich letztens und hab gefragt, sind sie Schwester Peggy. Aber ne ... ne kann ne andere gewesen sein."

Auch wenn Peggy jetzt schon eine Stunde bei ihr war - Frau Lindmeyer will den Abschied noch ein wenig herauszögern.

"Na haben sie ihr Portemonnaie alles mit. Jetzt ja. Nichts hier lassen, schönen Tag noch bis morgen, dann kommen sie um 9 - ich hatte ihnen das doch aufgeschrieben, um 9 - alles klar. Tschüss."