Dringend gesucht: der Krisenmodus
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Das Impfen gegen Covid-19 geht in Deutschland zu langsam voran. Der Krisenmanager Marcus Ewald fordert deswegen nun eine "nationale Kraftanstrengung". Nicht Impfgerechtigkeit, sondern allein die Schnelligkeit sei jetzt wichtig.
Seit Ende 2020 wird in Deutschland gegen Corona geimpft. Inzwischen haben mehr als 4,5 Millionen Menschen eine erste Dosis erhalten, vollständig geimpft ist ungefähr die Hälfte davon. Das sind nicht einmal drei Prozent der Bevölkerung. In Israel haben inzwischen mehr als 40 Prozent den vollständigen Impfschutz erhalten, in den USA sind es immerhin über acht Prozent.
Die Zahlen sind aufgrund der verschiedenen Bevölkerungsgrößen nur begrenzt miteinander vergleichbar, eines zeigen sie aber: Deutschland hinkt hinterher. Das Land, dem international das Image anhaftet, dass immer alles funktioniert, hat anhaltende Probleme, einen schnellen Impfprozess zu organisieren.
"Wir müssen ein viel schnelleres Tempo vorlegen"
So sieht es auch der Krisenmanager Marcus Ewald. "Wir müssen ein viel schnelleres Tempo vorlegen", fordert er. Das Auftreten der Mutationen bedeute, dass es dieses Jahr nur dann einen einigermaßen sorglosen Sommer wie den im vergangenen Jahr geben werde, wenn bis Ende Mai rund 40 Millionen Menschen geimpft seien.
Dafür müssten jetzt aber 800.000 Dosen pro Tag geimpft werden: "Das ist auch in etwa das, was die USA, die Israelis oder die Briten in der Spitze schaffen. Wir sind im Augenblick bei 200.000 Dosen pro Tag beziehungsweise 50.000 Erstimpfungen pro Tag. Das ist noch viel zu langsam."
Ewald fordert deswegen, in den Krisenmodus zu schalten. Es könne jetzt nicht um Impfgerechtigkeit, sondern nur noch um Schnelligkeit gehen. Deutschland müsse pragmatischer werden: So könne in Apotheken geimpft werden, Freiwillige könnten mithilfe eines Wochenendkurses für das Impfen ausgebildet werden.
Sind wir überhaupt noch für Krisen gewappnet?
Tempo sei auch noch aus anderen Gründen wichtig, sagt Ewald. In Krisen sei das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung und zu sich selbst essenziell. "Hier müssen wir den Leuten die Möglichkeit geben, sich zu engagieren, mitzuhelfen, mitzumachen." Eine "nationale Kraftanstrengung" dürfe nicht nur auf den Schultern einiger Weniger in den Gesundheitsämtern lasten.
"Wir müssen uns als Gesellschaft fragen, ob wir überhaupt noch gewappnet sind, auf besondere, neue Situationen zu reagieren", sagt Ewald. Überzeugt, dass das Land das kann, ist der Krisenmanager offenbar nicht. Selbst wenn Aliens in Deutschland landeten, würden die Leute vermutlich trotzdem noch am Montag zur Arbeit fahren, meint er.
(ahe)