In der Politik ist alles erlaubt
Gleich zwei Krimis von Dominique Manotti hat unsere Rezensentin Dina Netz gelesen: "Der schwarze Korps" und "Die ehrenwerte Gesellschaft". Ersteres Buch spielt im Paris des Jahres 1944 kurz vor Abzug der deutschen Truppen, letzteres im französischen Präsidentschaftswahlkampf.
Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt, sagt ein Sprichwort. Und in der Politik, möchte man nach der Lektüre zweier Krimis hinzufügen, die die französische Autorin Dominique Manotti geschrieben hat. Einen der beiden Thriller hat sie zusammen mit einem jüngeren Kollegen verfasst, der sich DOA nennt, nach einem Film-noir-Klassiker. Die Zusammenarbeit sollte eigentlich eine Fernsehserie ergeben, aber das wurde dem Sender dann offenbar doch zu heiß. So wurde ein Roman daraus: "Die ehrenwerte Gesellschaft", der im französischen Präsidentschaftswahlkampf zwischen einem Testosteron-gesteuerten rechten und einem blassen linken Kandidaten spielt. Ähnlichkeiten mit realen Personen sicherlich nicht rein zufällig.
Ein Mann wird ermordet, der Verdacht fällt auf Umweltaktivisten, eine Hetzjagd beginnt. Sie waren's aber nicht, wie die Leser von Anfang an wissen, sondern die Regierung steckt hinter diesem und den noch folgenden Morden - lukrative Geschäfte zwischen Präsident, Beton- und Atomindustrie sollen geheim gehalten werden. Es geht also nicht ums "who done it", sondern um die komplizierten, skandalösen Verflechtungen zwischen Politik, Wirtschaft und Polizei. Das Autoren-Duo vereinfacht die Zusammenhänge nicht, hält sich nicht auf mit Beschreibungen, sondern treibt die sich immer weiter verzweigende, höchst intelligent gebaute Handlung unermüdlich voran. Die schnörkellose Sprache gibt diesen Druck im Präsens weiter, verzichtet weitgehend auf Nebensätze, manchmal sogar auf Verben.
Wie DOA Dominique Manotti beeinflusst hat, lässt sich schwer sagen. Vielleicht ist dieser Roman sprachlich noch knapper, noch Drehbuch-artiger als die früheren. "Die ehrenwerte Gesellschaft" ist jedenfalls der so genannten ehrenwerten Gesellschaft gegenüber so skeptisch wie alle anderen Manotti-Bücher.
Zum Beispiel wie "Das schwarze Korps", in Frankreich schon 2004, auf Deutsch jetzt im Argument Verlag erschienen. Hier ist das Setting besonders drastisch, denn der Roman spielt in Paris kurz vor Abzug der deutschen Truppen 1944. In der Stadt herrschen SS und französische Gestapo. Aber während im Krieg die Pfründe säuberlich aufgeteilt waren, versuchen nun im Angesicht der Niederlage alle ein möglichst großes Stück vom deutschen Kuchen für sich zu retten. Und gehen dabei auf fast jeder Buchseite über Leichen. Einzige Identifikationsfigur ist ein einsamer gaullistischer Agent, der beim gemeinsamen Tanz auf dem Vulkan selbst am Abgrund balanciert und sich fast rührend bemüht, sauber zu bleiben. "Das schwarze Korps" ist tiefschwarz, blutrot und vollkommen illusionslos, was menschlichen Egoismus betrifft. Am schwersten erträglich bei der Lektüre ist, dass man sich sehr gut vorstellen kann, dass sich die letzten deutschen Wochen in Paris exakt so abgespielt haben. In Frankreich haben Dominique Manottis Politthriller übrigens deutlich weniger Erfolg als im Ausland. Wahrscheinlich sind sie einfach zu wahr.
Besprochen von Dina Netz
Dominique Manotti: Das schwarze Korps
aus dem Französischen von Andrea Stephani
Ariadne Krimi, Argument Verlag, Hamburg 2012
280 Seiten, 17,90 Euro
und:
Dominique Manotti & DOA: Die ehrenwerte Gesellschaft
aus dem Französischen von Barbara Heber-Schärer
Assoziation A, Berlin 2012
278 Seiten, 14 Euro
Ein Mann wird ermordet, der Verdacht fällt auf Umweltaktivisten, eine Hetzjagd beginnt. Sie waren's aber nicht, wie die Leser von Anfang an wissen, sondern die Regierung steckt hinter diesem und den noch folgenden Morden - lukrative Geschäfte zwischen Präsident, Beton- und Atomindustrie sollen geheim gehalten werden. Es geht also nicht ums "who done it", sondern um die komplizierten, skandalösen Verflechtungen zwischen Politik, Wirtschaft und Polizei. Das Autoren-Duo vereinfacht die Zusammenhänge nicht, hält sich nicht auf mit Beschreibungen, sondern treibt die sich immer weiter verzweigende, höchst intelligent gebaute Handlung unermüdlich voran. Die schnörkellose Sprache gibt diesen Druck im Präsens weiter, verzichtet weitgehend auf Nebensätze, manchmal sogar auf Verben.
Wie DOA Dominique Manotti beeinflusst hat, lässt sich schwer sagen. Vielleicht ist dieser Roman sprachlich noch knapper, noch Drehbuch-artiger als die früheren. "Die ehrenwerte Gesellschaft" ist jedenfalls der so genannten ehrenwerten Gesellschaft gegenüber so skeptisch wie alle anderen Manotti-Bücher.
Zum Beispiel wie "Das schwarze Korps", in Frankreich schon 2004, auf Deutsch jetzt im Argument Verlag erschienen. Hier ist das Setting besonders drastisch, denn der Roman spielt in Paris kurz vor Abzug der deutschen Truppen 1944. In der Stadt herrschen SS und französische Gestapo. Aber während im Krieg die Pfründe säuberlich aufgeteilt waren, versuchen nun im Angesicht der Niederlage alle ein möglichst großes Stück vom deutschen Kuchen für sich zu retten. Und gehen dabei auf fast jeder Buchseite über Leichen. Einzige Identifikationsfigur ist ein einsamer gaullistischer Agent, der beim gemeinsamen Tanz auf dem Vulkan selbst am Abgrund balanciert und sich fast rührend bemüht, sauber zu bleiben. "Das schwarze Korps" ist tiefschwarz, blutrot und vollkommen illusionslos, was menschlichen Egoismus betrifft. Am schwersten erträglich bei der Lektüre ist, dass man sich sehr gut vorstellen kann, dass sich die letzten deutschen Wochen in Paris exakt so abgespielt haben. In Frankreich haben Dominique Manottis Politthriller übrigens deutlich weniger Erfolg als im Ausland. Wahrscheinlich sind sie einfach zu wahr.
Besprochen von Dina Netz
Dominique Manotti: Das schwarze Korps
aus dem Französischen von Andrea Stephani
Ariadne Krimi, Argument Verlag, Hamburg 2012
280 Seiten, 17,90 Euro
und:
Dominique Manotti & DOA: Die ehrenwerte Gesellschaft
aus dem Französischen von Barbara Heber-Schärer
Assoziation A, Berlin 2012
278 Seiten, 14 Euro