In Freiheit gefangen
Tausende Menschen wagen jedes Jahr die gefährliche Überfahrt von Afrika nach Europa. Viele europäische Regierungen haben hohe Mauern gezogen und senden die Botschaft: "In Europa geht es euch nicht besser." Das stimmt, wenn man das Leben im Internierungslager für Flüchtlinge als Maßstab nimmt.
Wenn Europa eine Festung ist, dann ist Malta einer der Vorposten. Keine 300 Kilometer Luftlinie sind es von der nordafrikanischen Küste bis hierher. Malta liegt auf der Route der Flüchtlinge. Von den Zehntausenden, die sich in diesem Jahr über das Mittelmeer aufgemacht haben in Richtung Europa, haben es bis jetzt schon über 2.000 nach Malta geschafft.
Fast alle kommen in Booten, die völlig überfüllt sind, nicht seetüchtig und die in Libyen starten: viele Männer, die stark genug sind für diese Reise, aber auch Frauen und Kinder. Vorher haben sie schon die Wüste durchquert, haben gelitten, sind vielleicht geschlagen worden oder vergewaltigt. Und sie haben sich in die Hände der Schleuser gegeben. Doch auf die, die Europa erreicht haben, wartet nicht die Freiheit, sondern ein Internierungslager.
Walter Frendo, Oberfeldwebel: "Wir sind in Safi, das ist das Lager Nummer Eins, hier haben wir 199 Flüchtlinge. Und auf der anderen Seite ist Lager Nummer Zwei mit einer Kapazität von über 300. Hier haben wir Menschen aus acht Nationen, im Lager Nummer Zwei nur Somalier."
Oberfeldwebel Walter Frendo zeigt einen Ort, wo man bisher nicht so leicht hineinkam. Und die Flüchtlinge, die hier gelandet sind, kommen nicht so leicht wieder hinaus. Die neue Regierung Maltas ist offener, hat weniger Probleme zu zeigen, wie Flüchtlinge hier untergebracht werden. Es gibt solche Lager für Frauen, und für Paare. In Safi sind nur Männer.
Safi ist wie ein Gefängnis auf einem Kasernengelände, gleich neben dem Flughafen. In einer Baracke blickt man durch Stahlgitter in einen Aufenthaltsraum. Der Boden besteht aus nacktem Beton, unter der Decke verquirlen ein paar Ventilatoren die stickige Luft. Gerade werden Nummern aufgerufen und Schachteln verteilt: das Frühstück.
Fast alle kommen in Booten, die völlig überfüllt sind, nicht seetüchtig und die in Libyen starten: viele Männer, die stark genug sind für diese Reise, aber auch Frauen und Kinder. Vorher haben sie schon die Wüste durchquert, haben gelitten, sind vielleicht geschlagen worden oder vergewaltigt. Und sie haben sich in die Hände der Schleuser gegeben. Doch auf die, die Europa erreicht haben, wartet nicht die Freiheit, sondern ein Internierungslager.
Walter Frendo, Oberfeldwebel: "Wir sind in Safi, das ist das Lager Nummer Eins, hier haben wir 199 Flüchtlinge. Und auf der anderen Seite ist Lager Nummer Zwei mit einer Kapazität von über 300. Hier haben wir Menschen aus acht Nationen, im Lager Nummer Zwei nur Somalier."
Oberfeldwebel Walter Frendo zeigt einen Ort, wo man bisher nicht so leicht hineinkam. Und die Flüchtlinge, die hier gelandet sind, kommen nicht so leicht wieder hinaus. Die neue Regierung Maltas ist offener, hat weniger Probleme zu zeigen, wie Flüchtlinge hier untergebracht werden. Es gibt solche Lager für Frauen, und für Paare. In Safi sind nur Männer.
Safi ist wie ein Gefängnis auf einem Kasernengelände, gleich neben dem Flughafen. In einer Baracke blickt man durch Stahlgitter in einen Aufenthaltsraum. Der Boden besteht aus nacktem Beton, unter der Decke verquirlen ein paar Ventilatoren die stickige Luft. Gerade werden Nummern aufgerufen und Schachteln verteilt: das Frühstück.
Es gibt manchmal Streit zwischen den Religionen
Fast alle Männer hier haben dunkle Haut, fast alle sind jung und kräftig, viele tragen die orangefarbenen T-Shirts, die sie bei der Ankunft bekommen haben. An der Wand hängen die Zeiten für den Sonnenauf- und -untergang: für die muslimischen Gebete. Es gibt manchmal Streit zwischen den Religionen. Und Gewalt, wenn zum Beispiel die Muslime ihre Gebetszeiten nicht einhalten können.
Die Tische und Bänke, an die sich die Männer gerade zum Frühstück setzen, sind ausgerichtet auf einen kleinen Fernseher in der Ecke. Da laufen Musikvideos, gerade eines, in dem schöne Menschen auf einem Segelboot unterwegs sind. Mit dem Horrortrip, den die Menschen hier hinter sich haben, haben diese Bilder rein gar nichts zu tun, erzählt Mohammed, der ursprünglich aus Togo kommt:
"Ich war acht Jahre lang in Libyen, aber die Situation in Libyen ist jetzt schlecht. Da werden dauernd Menschen umgebracht. Einige Leute haben mir gesagt: 'Mohammed, warum bist Du immer noch hier? Geh´ nach Italien.' Als sie kamen, haben sie an meine Tür geklopft und gesagt: 'Steig ins Auto'. Und dann: 'Siehst Du das Boot dort? Das fährt nach Italien'. Sie haben mich ins Boot gestoßen. Und als wir in Malta ankamen, haben sie mich festgenommen. Ich will nach Italien."
Mohammed und die Anderen hatten ursprünglich nicht vor, in Malta an Land zu gehen. Alle Flüchtlinge im Internierungslager Safi sagen sie wollten eigentlich nach Italien. Aber immer wieder geraten Boote in Seenot. Die meisten werden von der italienischen Marine oder Küstenwache gerettet.
Aber einige auch von den Maltesern. Und wenn diese Menschen dann in Safi ankommen und feststellen, dass sie in Malta sind und nicht in Freiheit, sondern in diesem Lager, dann hat Walter Frendo, der Oberfeldwebel, der hier das Kommando hat, manchmal ein Problem:
"Letzten Donnerstag kam ein Boot an mit Menschen aus Gambia und dem Senegal. Sie waren von der US-Marine gerettet worden. Auf dem Boot hatten sie ihnen gesagt: 'Es geht nach Italien.' Als sie hier ankamen, haben sie festgestellt, dass sie nicht in Italien, sondern in Malta sind. Sie weigerten sich, ins Lager zu gehen und sind die Nacht über draußen geblieben. Wir mussten sie dann mit Gewalt ins Lager zwingen."
Die Tische und Bänke, an die sich die Männer gerade zum Frühstück setzen, sind ausgerichtet auf einen kleinen Fernseher in der Ecke. Da laufen Musikvideos, gerade eines, in dem schöne Menschen auf einem Segelboot unterwegs sind. Mit dem Horrortrip, den die Menschen hier hinter sich haben, haben diese Bilder rein gar nichts zu tun, erzählt Mohammed, der ursprünglich aus Togo kommt:
"Ich war acht Jahre lang in Libyen, aber die Situation in Libyen ist jetzt schlecht. Da werden dauernd Menschen umgebracht. Einige Leute haben mir gesagt: 'Mohammed, warum bist Du immer noch hier? Geh´ nach Italien.' Als sie kamen, haben sie an meine Tür geklopft und gesagt: 'Steig ins Auto'. Und dann: 'Siehst Du das Boot dort? Das fährt nach Italien'. Sie haben mich ins Boot gestoßen. Und als wir in Malta ankamen, haben sie mich festgenommen. Ich will nach Italien."
Mohammed und die Anderen hatten ursprünglich nicht vor, in Malta an Land zu gehen. Alle Flüchtlinge im Internierungslager Safi sagen sie wollten eigentlich nach Italien. Aber immer wieder geraten Boote in Seenot. Die meisten werden von der italienischen Marine oder Küstenwache gerettet.
Aber einige auch von den Maltesern. Und wenn diese Menschen dann in Safi ankommen und feststellen, dass sie in Malta sind und nicht in Freiheit, sondern in diesem Lager, dann hat Walter Frendo, der Oberfeldwebel, der hier das Kommando hat, manchmal ein Problem:
"Letzten Donnerstag kam ein Boot an mit Menschen aus Gambia und dem Senegal. Sie waren von der US-Marine gerettet worden. Auf dem Boot hatten sie ihnen gesagt: 'Es geht nach Italien.' Als sie hier ankamen, haben sie festgestellt, dass sie nicht in Italien, sondern in Malta sind. Sie weigerten sich, ins Lager zu gehen und sind die Nacht über draußen geblieben. Wir mussten sie dann mit Gewalt ins Lager zwingen."
"Unmenschlich und erniedrigend"
Alle Flüchtlinge, die Malta erreichen, werden erst einmal in eines dieser Internierungslager gebracht. Bis zu 18 Monate lang bleiben sie hier. Menschenrechtsorganisationen haben Malta deshalb schon oft kritisiert. Im Juli dieses Jahres bezeichnete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg in einem Urteil gegen Malta die Unterbringung als "unmenschlich und erniedrigend". Er gab einer jungen Somalierin Recht, die gegen diese Bedingungen geklagt hatte. Sie war 18 Monate im Internierungslager und hatte in dieser Zeit unter anderem eine Fehlgeburt erlitten. Sie erhält nun 30.000 Euro Entschädigung.
Normalerweise aber kommen schwangere Frauen und Kinder recht schnell wieder heraus aus den Internierungslagern. Viele landen dann in einem der offenen Flüchtlingscamps. Hier haben sie ein Bett und einen Schrank, werden medizinisch versorgt, bekommen etwas Geld, wenn sie nicht arbeiten. Und vor allem können sie sich frei bewegen.
Oliver Gatt ist der Manager eines dieser Lager in Marsa. An der Wand hinter seinem Schreibtisch hängt eine große, gemalte Afrikakarte. Ein riesiger Kontinent, und ganz oben, winzig klein, sieht man Malta. Gatt hält es für richtig, dass Malta die Flüchtlinge in den Internierungslagern einsperrt:
"Das Land ist sehr klein, und das macht eine Art von Internierungspolitik notwendig. Wenn es keine Internierung gäbe, könnte das anziehend auf Flüchtlinge wirken. Und Malta kann es sich nicht leisten, Anziehungspunkt für Migranten zu sein. Vor allem, weil von den großen europäischen Ländern nicht genug Solidarität gezeigt wird. Wenn es die gäbe, würden die Internierungslager möglicherweise nicht gebraucht."
Die Gefängnisse für Flüchtlinge sollen also eine doppelte Wirkung entfalten. Auf die Menschen, die sich von Afrika aus auf die Reise nach Europa machen, und auf die Länder der Europäischen Union, von denen Malta mehr Unterstützung fordert. Malta fühlt sich allein gelassen mit dem Problem. Rund um den EU-Gipfel in Brüssel Ende Oktober hatte die Regierung wieder einmal versucht, den Druck zu erhöhen. Angesichts der vielen Toten auf dem Mittelmeer wollte man dafür sorgen, dass die Rufe nach einer europäischen Lösung in der Einwanderungspolitik keine leeren Worte bleiben. Maltas Premier Joseph Muscat hatte angesichts der Tragödien, als Hunderte Flüchtlinge beim Kentern ihrer Boote den Tod fanden, gesagt: Das Mittelmeer dürfe kein Friedhof werden. Und was ist mit den Flüchtlingen, die die Reise überleben? Ohne die Internierungslage gehe es nicht.
Joseph Muscat, Premierminister Malta: "Unsere Landsleute, die Menschen in Europa und in der ganzen Welt sind enttäuscht von der Tatsache, dass Europa nicht entschieden handelt, um uns Frontstaaten zu helfen, mehr Leben zu retten. Und dann müssen wir sehen, wie wir verzweifelten Menschen auf unserem Kontinent verteilen. Was die Bedingungen hier in Malta angeht: Ja, wir das verbessern, wir müssen mehr tun. Aber wir werden allein gelassen. Das ist die Sache."
Kristina Zammit: "I don't believe that ..."
Kristina Zammit vom Jesuit Refugee Service, einer Hilfsorganisation, die in Malta in den Flüchtlingslagern arbeitet, überzeugt das nicht:
"Die EU muss uns mehr helfen. Asylsuchende dürfen und müssen nicht eingesperrt werden. Sie haben keine Verbrechen begangen, sie haben das Recht, Asyl zu beantragen, und sie haben das Recht, ein anderes Land auf irreguläre Weise zu betreten, wenn es keine anderen Wege gibt. Es gibt Alternativen."
Der Vorwurf, Malta werde allein gelassen, relativiert sich, wenn man sich im Internierungslager Safi umschaut: Auch im Raum, wo die Wachleute sitzen und wo ein paar Flüchtlinge auf einen Arzttermin warten, läuft ein Fernseher. Gerade eine Modenschau, mit leicht bekleideten Frauen. An der Wand hängt ein großes Schild, dem man entnehmen kann: Diese Einrichtung wird zum großen Teil finanziert mit Mitteln aus dem EU-Flüchtlings-Fonds. Europa zahlt also für diese Art der Unterbringung.
Seit 2008 hat Malta mehr als 6,5 Millionen Euro aus dem Flüchtlingsfonds erhalten. Noch mehr Geld bekommt das kleinste EU-Land aus dem Fonds, der Mittel für den Schutz der Außengrenzen der Europäischen Union bereitstellt: seit 2007 über 70 Millionen Euro. Diese Zahlen stützen die These von Menschenrechtsorganisationen, dass die EU zu viel Geld für die Abwehr der Flüchtlinge ausgibt und zu wenig für deren Aufnahme. Je mehr Europa zur Festung ausgebaut wird, desto größer ist die Verzweiflung der Menschen, die hierher wollen. Und desto größer ist auch der Profit der Schleuser - und das Risiko für die Flüchtlinge, im Mittelmeer zu ertrinken.
Normalerweise aber kommen schwangere Frauen und Kinder recht schnell wieder heraus aus den Internierungslagern. Viele landen dann in einem der offenen Flüchtlingscamps. Hier haben sie ein Bett und einen Schrank, werden medizinisch versorgt, bekommen etwas Geld, wenn sie nicht arbeiten. Und vor allem können sie sich frei bewegen.
Oliver Gatt ist der Manager eines dieser Lager in Marsa. An der Wand hinter seinem Schreibtisch hängt eine große, gemalte Afrikakarte. Ein riesiger Kontinent, und ganz oben, winzig klein, sieht man Malta. Gatt hält es für richtig, dass Malta die Flüchtlinge in den Internierungslagern einsperrt:
"Das Land ist sehr klein, und das macht eine Art von Internierungspolitik notwendig. Wenn es keine Internierung gäbe, könnte das anziehend auf Flüchtlinge wirken. Und Malta kann es sich nicht leisten, Anziehungspunkt für Migranten zu sein. Vor allem, weil von den großen europäischen Ländern nicht genug Solidarität gezeigt wird. Wenn es die gäbe, würden die Internierungslager möglicherweise nicht gebraucht."
Die Gefängnisse für Flüchtlinge sollen also eine doppelte Wirkung entfalten. Auf die Menschen, die sich von Afrika aus auf die Reise nach Europa machen, und auf die Länder der Europäischen Union, von denen Malta mehr Unterstützung fordert. Malta fühlt sich allein gelassen mit dem Problem. Rund um den EU-Gipfel in Brüssel Ende Oktober hatte die Regierung wieder einmal versucht, den Druck zu erhöhen. Angesichts der vielen Toten auf dem Mittelmeer wollte man dafür sorgen, dass die Rufe nach einer europäischen Lösung in der Einwanderungspolitik keine leeren Worte bleiben. Maltas Premier Joseph Muscat hatte angesichts der Tragödien, als Hunderte Flüchtlinge beim Kentern ihrer Boote den Tod fanden, gesagt: Das Mittelmeer dürfe kein Friedhof werden. Und was ist mit den Flüchtlingen, die die Reise überleben? Ohne die Internierungslage gehe es nicht.
Joseph Muscat, Premierminister Malta: "Unsere Landsleute, die Menschen in Europa und in der ganzen Welt sind enttäuscht von der Tatsache, dass Europa nicht entschieden handelt, um uns Frontstaaten zu helfen, mehr Leben zu retten. Und dann müssen wir sehen, wie wir verzweifelten Menschen auf unserem Kontinent verteilen. Was die Bedingungen hier in Malta angeht: Ja, wir das verbessern, wir müssen mehr tun. Aber wir werden allein gelassen. Das ist die Sache."
Kristina Zammit: "I don't believe that ..."
Kristina Zammit vom Jesuit Refugee Service, einer Hilfsorganisation, die in Malta in den Flüchtlingslagern arbeitet, überzeugt das nicht:
"Die EU muss uns mehr helfen. Asylsuchende dürfen und müssen nicht eingesperrt werden. Sie haben keine Verbrechen begangen, sie haben das Recht, Asyl zu beantragen, und sie haben das Recht, ein anderes Land auf irreguläre Weise zu betreten, wenn es keine anderen Wege gibt. Es gibt Alternativen."
Der Vorwurf, Malta werde allein gelassen, relativiert sich, wenn man sich im Internierungslager Safi umschaut: Auch im Raum, wo die Wachleute sitzen und wo ein paar Flüchtlinge auf einen Arzttermin warten, läuft ein Fernseher. Gerade eine Modenschau, mit leicht bekleideten Frauen. An der Wand hängt ein großes Schild, dem man entnehmen kann: Diese Einrichtung wird zum großen Teil finanziert mit Mitteln aus dem EU-Flüchtlings-Fonds. Europa zahlt also für diese Art der Unterbringung.
Seit 2008 hat Malta mehr als 6,5 Millionen Euro aus dem Flüchtlingsfonds erhalten. Noch mehr Geld bekommt das kleinste EU-Land aus dem Fonds, der Mittel für den Schutz der Außengrenzen der Europäischen Union bereitstellt: seit 2007 über 70 Millionen Euro. Diese Zahlen stützen die These von Menschenrechtsorganisationen, dass die EU zu viel Geld für die Abwehr der Flüchtlinge ausgibt und zu wenig für deren Aufnahme. Je mehr Europa zur Festung ausgebaut wird, desto größer ist die Verzweiflung der Menschen, die hierher wollen. Und desto größer ist auch der Profit der Schleuser - und das Risiko für die Flüchtlinge, im Mittelmeer zu ertrinken.
Es geht um Leben und Tod
Kristina Zammit: "Mit den Jahren wurde die 'Festung Europa' immer mehr ausgebaut. Deshalb passieren so viele Tragödien, wie wir sie in diesem Sommer gesehen haben. Es geht den Menschen nicht nur um ein besseres Leben, sondern es geht schlichtweg um Leben und Tod. Die Menschen werden weiter wandern. Wir können das entweder anerkennen, oder wir werden weiterhin solche Tragödien erleben. Viele Menschen werden sterben, auch in den Transitländern."
Oberfeldwebel Walter Frendo hat ganz andere Probleme in Safi, wo er das Kommando führt. Der Putz bröckelt von den kahlen Wänden, im Sommer bräuchte man eine Klimaanlage. Wenn es unerträglich heiß wird, steigt auch die Aggressivität der Insassen. Und es wäre gut, wenn es Sprachkurse gäbe und nicht nur den einen Fernseher. Man merkt Frendo an, dass er einen schweren Job hat. Er versucht, mit den Migranten ins Gespräch zu kommen. Für viele hat er ein nettes Wort, einen freundlichen Blick. Und auch Mitleid:
"Wenn Sie mich hier reinstecken würden, dann würde ich das nicht eine Stunde aushalten. Sie haben nichts zu tun. Sie haben nur einen Hof. Es gibt nicht mehr Platz. Wir haben Sprachkurse beantragt, nur um den Insassen den Tag zu füllen. Sie spielen Fußball, schauen Fernsehen, ansonsten machen sie nichts."
Die Insassen von Safi bestätigen das. Die Langeweile macht sie kaputt. Mohammed aus Togo:
"Ich brauche Freiheit. Wenn ich hier rauskomme, werde ich arbeiten. Ich bin nicht faul, ich bin ein harter Arbeiter. Hier im Lager kann man nur essen und schlafen. Es ist schwierig."
Freiheit ist ein Wort, das man hier oft hört. Alle Insassen haben eine lange Reise hinter sich. Sie haben überlebt - und sind nun in Europa. Das Internierungslager Safi aber hat mit der Freiheit nichts zu tun, die sich alle wünschen. Und danach? Oliver Gatt, der Manager des offenen Flüchtlingslagers in Marsa, das für viele die nächste Station ist, macht keine großen Hoffnungen:
"Wie beschreibt man Freiheit? Für mich ist Freiheit, wenn ein Mensch über seine eigene Zukunft entscheiden kann. Die Menschen, die hier sind, sind meist nicht in der Position, über ihre Zukunft zu entscheiden. Sie haben ihre Wünsche, natürlich, wir versuchen, ihnen zu helfen. Aber es ist nicht immer möglich, ihre Träume zu erfüllen, wenn sie in Malta sind."
Im geschlossenen Internierungslager Safi ist Freiheit ein Wunsch, der nicht in Erfüllung geht. Nur manchmal können die Flüchtlinge das Lager verlassen, wenn sie zum Beispiel einen Termin bei einer Behörde haben oder ins Krankenhaus müssen. Dann werden ihnen Handschellen angelegt - wie bei Strafgefangenen. Die Hilfsorganisationen, die hier arbeiten, wie der Jesuit Refugee Service, halten die Lager in Malta deshalb für menschenunwürdig. Die lange Zeit, bis zu 18 Monate, die Flüchtlinge hier verbringen müssen, machen die Menschen krank, klagt Kristina Zammit:
"Wir haben in den Internierungslagern so viele Menschen zusammenbrechen sehen. Männer kommen einigermaßen stark und gesund an - und nach sechs, spätestens nach zwölf Monaten sind sie gebrochen. Viele Menschen haben zuerst fürchterliche Traumata in ihren Heimatländern und in den Transitländern erlitten. Dann kommen sie in das Lager und leiden hier weiter physisch und mental."
Nach Ansicht von Kristina Zammit haben die Lager schon deshalb keinen Sinn, weil die Menschen, die hier eingesperrt sind, ohnehin irgendwann freigelassen werden. Anderthalb Jahre ist die gesetzliche Obergrenze. Viele Flüchtlinge bleiben hier, Flüchtlinge werden von Malta so gut wie nie abgeschoben. Und weil diese Lager viele Insassen krankmachen, verursachen sie letztlich nur Kosten.
Dass es auch anders gehen könnte, dass Personalien schnell erfasst und die Flüchtlinge rasch entlassen werden, zeigt das Verhalten der maltesischen Behörden gegenüber Schwangeren und Kindern. Sie bleiben nicht lange in den Lagern. Auch die Flüchtlinge aus Syrien kommen inzwischen meist recht schnell wieder frei. Das ist für Walter Frendo nicht immer nachzuvollziehen:
"Vor zehn Tagen hatten wir ein Boot mit Syrern. Alle Insassen sind schon wieder draußen. Nach sieben Tagen! Das ist Rekord. Ich habe aber noch vier andere Syrer im Lager. Die sind schon seit vier Monaten hier. Können Sie mir das erklären?"
Oberfeldwebel Walter Frendo hat ganz andere Probleme in Safi, wo er das Kommando führt. Der Putz bröckelt von den kahlen Wänden, im Sommer bräuchte man eine Klimaanlage. Wenn es unerträglich heiß wird, steigt auch die Aggressivität der Insassen. Und es wäre gut, wenn es Sprachkurse gäbe und nicht nur den einen Fernseher. Man merkt Frendo an, dass er einen schweren Job hat. Er versucht, mit den Migranten ins Gespräch zu kommen. Für viele hat er ein nettes Wort, einen freundlichen Blick. Und auch Mitleid:
"Wenn Sie mich hier reinstecken würden, dann würde ich das nicht eine Stunde aushalten. Sie haben nichts zu tun. Sie haben nur einen Hof. Es gibt nicht mehr Platz. Wir haben Sprachkurse beantragt, nur um den Insassen den Tag zu füllen. Sie spielen Fußball, schauen Fernsehen, ansonsten machen sie nichts."
Die Insassen von Safi bestätigen das. Die Langeweile macht sie kaputt. Mohammed aus Togo:
"Ich brauche Freiheit. Wenn ich hier rauskomme, werde ich arbeiten. Ich bin nicht faul, ich bin ein harter Arbeiter. Hier im Lager kann man nur essen und schlafen. Es ist schwierig."
Freiheit ist ein Wort, das man hier oft hört. Alle Insassen haben eine lange Reise hinter sich. Sie haben überlebt - und sind nun in Europa. Das Internierungslager Safi aber hat mit der Freiheit nichts zu tun, die sich alle wünschen. Und danach? Oliver Gatt, der Manager des offenen Flüchtlingslagers in Marsa, das für viele die nächste Station ist, macht keine großen Hoffnungen:
"Wie beschreibt man Freiheit? Für mich ist Freiheit, wenn ein Mensch über seine eigene Zukunft entscheiden kann. Die Menschen, die hier sind, sind meist nicht in der Position, über ihre Zukunft zu entscheiden. Sie haben ihre Wünsche, natürlich, wir versuchen, ihnen zu helfen. Aber es ist nicht immer möglich, ihre Träume zu erfüllen, wenn sie in Malta sind."
Im geschlossenen Internierungslager Safi ist Freiheit ein Wunsch, der nicht in Erfüllung geht. Nur manchmal können die Flüchtlinge das Lager verlassen, wenn sie zum Beispiel einen Termin bei einer Behörde haben oder ins Krankenhaus müssen. Dann werden ihnen Handschellen angelegt - wie bei Strafgefangenen. Die Hilfsorganisationen, die hier arbeiten, wie der Jesuit Refugee Service, halten die Lager in Malta deshalb für menschenunwürdig. Die lange Zeit, bis zu 18 Monate, die Flüchtlinge hier verbringen müssen, machen die Menschen krank, klagt Kristina Zammit:
"Wir haben in den Internierungslagern so viele Menschen zusammenbrechen sehen. Männer kommen einigermaßen stark und gesund an - und nach sechs, spätestens nach zwölf Monaten sind sie gebrochen. Viele Menschen haben zuerst fürchterliche Traumata in ihren Heimatländern und in den Transitländern erlitten. Dann kommen sie in das Lager und leiden hier weiter physisch und mental."
Nach Ansicht von Kristina Zammit haben die Lager schon deshalb keinen Sinn, weil die Menschen, die hier eingesperrt sind, ohnehin irgendwann freigelassen werden. Anderthalb Jahre ist die gesetzliche Obergrenze. Viele Flüchtlinge bleiben hier, Flüchtlinge werden von Malta so gut wie nie abgeschoben. Und weil diese Lager viele Insassen krankmachen, verursachen sie letztlich nur Kosten.
Dass es auch anders gehen könnte, dass Personalien schnell erfasst und die Flüchtlinge rasch entlassen werden, zeigt das Verhalten der maltesischen Behörden gegenüber Schwangeren und Kindern. Sie bleiben nicht lange in den Lagern. Auch die Flüchtlinge aus Syrien kommen inzwischen meist recht schnell wieder frei. Das ist für Walter Frendo nicht immer nachzuvollziehen:
"Vor zehn Tagen hatten wir ein Boot mit Syrern. Alle Insassen sind schon wieder draußen. Nach sieben Tagen! Das ist Rekord. Ich habe aber noch vier andere Syrer im Lager. Die sind schon seit vier Monaten hier. Können Sie mir das erklären?"
Pro Einwohner die meisten Asylanträge in der EU
Die Regierung in Malta erklärt das mit dem Notstand. 4.000 bis 6.000 Flüchtlinge leben inzwischen in dem Inselstaat, angesichts einer Bevölkerung von nur rund 420.000. Pro Einwohner hat Malta die meisten Asylanträge in der EU. Allerdings werden immer wieder einige Asylberechtigte, die in Malta gelandet sind, von anderen EU-Staaten aufgenommen, und auch von den USA. Der kleine Inselstaat trägt eine große Last bei den sogenannten Erstaufnahmen. Aber rechtfertigt das diesen unwürdigen Umgang mit Flüchtlingen?
Ransford, Flüchtling aus Ghana: "Ich bin wütend und traurig. Ich schlafe nur drei Stunden pro Tag. Man kommt mit dem Boot, wird auf dem Meer gerettet. Und dann stecken sie dich ins Internierungslager. Ins Internierungslager! Und sie sagen: Du bleibst 18 Monate hier. Ohne rauszugehen. Mister, das ist nicht fair."
Ransford stammt aus Ghana, einem Land, das nach Ansicht der EU-Innenminister sicher ist. Er sagt, er sei dort bei den letzten Wahlen zwischen die politischen Fronten geraten und sei geflohen. Sein Leben sei in Gefahr gewesen. Er sei einfach weg, morgens um vier, tagelang durch die Wüste bis nach Libyen. Nach vier Monaten sei er dort in ein Boot gestiegen. Von dem, was ihn in Malta erwartete, hatte er keine Ahnung:
"Ich wusste nicht, wie Malta ist. Aber als wir hier angekommen sind, haben wir Leute getroffen. Und die haben uns gesagt, wie fürchterlich das Internierungslager ist. Man kann nicht raus, man kann nichts tun - das ist zu 100 Prozent ein Gefängnis. Malta, ich weiß nicht ... In diesem Land gibt es keine Humanität."
Und die nächsten Flüchtlinge, sie kommen bestimmt. Die Menschenrechtsorganisationen und die Regierung in Malta sind sich in einer Sache einig: in der Sorge, dass das Thema jetzt wieder in Vergessenheit gerät, im Winter, wenn weniger Boote kommen, wenn alles weniger dramatisch aussieht als in der Hochsaison, wenn täglich mehrere Boote aufgebracht werden. Anderseits: Im letzten Jahr kam das letzte Flüchtlingsboot nach Malta am 16. Dezember.
Auf dem Weg nach draußen ist ein junger Soldat dabei. Drei Wochen ist er erst hier. Als er das Wort "Prison" hört, sagt er, das sei kein Gefängnis, das sei ein Notfall. Es gibt nicht wenige, die das anders sehen ...
Ransford, Flüchtling aus Ghana: "Ich bin wütend und traurig. Ich schlafe nur drei Stunden pro Tag. Man kommt mit dem Boot, wird auf dem Meer gerettet. Und dann stecken sie dich ins Internierungslager. Ins Internierungslager! Und sie sagen: Du bleibst 18 Monate hier. Ohne rauszugehen. Mister, das ist nicht fair."
Ransford stammt aus Ghana, einem Land, das nach Ansicht der EU-Innenminister sicher ist. Er sagt, er sei dort bei den letzten Wahlen zwischen die politischen Fronten geraten und sei geflohen. Sein Leben sei in Gefahr gewesen. Er sei einfach weg, morgens um vier, tagelang durch die Wüste bis nach Libyen. Nach vier Monaten sei er dort in ein Boot gestiegen. Von dem, was ihn in Malta erwartete, hatte er keine Ahnung:
"Ich wusste nicht, wie Malta ist. Aber als wir hier angekommen sind, haben wir Leute getroffen. Und die haben uns gesagt, wie fürchterlich das Internierungslager ist. Man kann nicht raus, man kann nichts tun - das ist zu 100 Prozent ein Gefängnis. Malta, ich weiß nicht ... In diesem Land gibt es keine Humanität."
Und die nächsten Flüchtlinge, sie kommen bestimmt. Die Menschenrechtsorganisationen und die Regierung in Malta sind sich in einer Sache einig: in der Sorge, dass das Thema jetzt wieder in Vergessenheit gerät, im Winter, wenn weniger Boote kommen, wenn alles weniger dramatisch aussieht als in der Hochsaison, wenn täglich mehrere Boote aufgebracht werden. Anderseits: Im letzten Jahr kam das letzte Flüchtlingsboot nach Malta am 16. Dezember.
Auf dem Weg nach draußen ist ein junger Soldat dabei. Drei Wochen ist er erst hier. Als er das Wort "Prison" hört, sagt er, das sei kein Gefängnis, das sei ein Notfall. Es gibt nicht wenige, die das anders sehen ...