In luftiger Höhe
Vor 40 Jahren nahm der Berliner Fernsehturm seinen Sendebetrieb auf, der mit 368 Metern noch immer das höchste Bauwerk Deutschlands ist. Die DDR errichtete ihn im historischen Zentrum von Berlin. Mehr als 42 Millionen Menschen haben ihn inzwischen von innen gesehen.
"Vom Fernseh- und Funkturm der Deutschen Demokratischen Republik werden jetzt in alle Welt die Mitteilungen gestrahlt werden, dass unser Fernsehturm und seine technischen Einrichtungen in Funktion treten."
Termingerecht, nach gut vier Jahren Bauzeit, eröffnete Walter Ulbricht am 3. Oktober 1969 voller Stolz den neuen Fernsehturm im Zentrum Ost-Berlins. Wie eine Rakete sollte das gigantische Bauwerk mit der silbernen Kugel unter dem Sendemast wirken. Zum 20. Jahrestag der DDR wollte man sich der Welt modern und technisch up to date präsentieren. Der Projektleiter Gerhard Kosel war stolz, die Metropolen Europas überflügelt zu haben.
"Dieser Fernsehturm hat eine Höhe von 365 Metern. Doppelt so hoch als der Kölner Dom. Paris, London und so weiter haben ja auch Fernsehtürme gebaut. Aber nirgends, auch nicht in Moskau, hat man sich zugetraut, einen Fernsehturm ins Zentrum zu stellen. Eben weil die große Gefahr bestand, der Turm könnte die Proportionalität der ganzen Stadt zerstören."
Solche Skrupel hatten die Ost-Berliner Stadtplaner nicht. Dass zahlreiche Gebäude der historischen Altstadt, die den Krieg überstanden hatten, nun dem Fernsehturm weichen mussten, störte niemanden.
"Der Fernsehturm ist groß und schlank,
und hat ein Bäuchlein blitzeblank."
So sangen die Jungen Pioniere. Überall in der Stadt - auch in West-Berlin - sollte das Renommierobjekt gut sichtbar sein und mit einem Café in der Kugel, das sich um seine eigene Achse dreht, eine touristische Attraktion werden. Walter Ulbricht war bester Laune:
"Das stolze Rote Rathaus der Hauptstadt Berlin erscheint zwar jetzt ein wenig kleiner; aber wie möchte ich sagen: Der Inhalt macht's! Ja. Die klugen Beschlüsse, die dort gefasst wurden, haben es doch ermöglicht, dass das Zentrum der Hauptstadt der DDR so schön gestaltet wird."
Doch der Betonriese wurde Mittelpunkt eines weitgehend leeren Platzes. Ein Springbrunnen, ein paar Bäume und Blumenrabatten, umgeben von mehrgeschossigen Neubauten verlieren sich zwischen den einzigen Gebäuden, die nicht abgerissen wurden, dem Roten Rathaus und der mittelalterlichen Marienkirche. Die nehmen sich neben dem Fernsehturm geradezu winzig aus. Der Architekt Hans Stimmann, der nach der Wiedervereinigung langjähriger Baudirektor des Berliner Senats war, sieht den Fernsehturm denn auch in erster Linie als ein ideologisches Bauwerk.
"Wir reden über das Symbol eines Staates im Zentrum einer Stadt. Und bisher war das Symbol einer Stadt nie der Staat sondern das war immer die Stadt selber. Also die Dominanz der Kirche, die ihren baulichen Ausdruck gefunden hat in den großen Domen in Deutschland und natürlich auch in Italien, das ist die Tradition der europäischen Stadt auf der Grundlage der christlichen Kultur. Die ist ja abgesägt worden. Und an die Stelle ist der Sozialismus getreten."
Deshalb sorgte die Tatsache, dass sich auf der Kugel bei Sonneneinstrahlung ein Kreuz zeigte, für erregte Diskussionen im Politbüro. Die Berliner nannten den Fernsehturm von nun an spöttisch "Sankt Walter" oder die "Rache des Vatikans" und keineswegs "Telespargel", wie die Funktionäre es gerne gehabt hätten. Die Parteiführung überlegte, die Kugel schwarz anzustreichen und zog sogar in Erwägung, das Bauwerk abzureißen. Doch dann interpretierte man das Kreuz an der Kuppel kurzerhand um: in "ein Plus für den Sozialismus".
Aus der Ferne betrachtet entwickelt die mächtige Sendeanlage durchaus eine eigene Ästhetik.
"Wenn man nach Berlin fliegt, man sieht immer den Turm, die Kugel und den Schaft, die Kugel die Spitze, das ist höchst elegant. Alle Architekten sehen das so, das ist ja ein sehr elegantes Monument. Wenn man allerdings sich dem Gebäude nähert, also im Maßstab der Stadtbürger, also spazieren geht durch die Stadt und man sieht dann diese Umbauung, das ist natürlich grauenhaft. Diese Betonteile, die haben ja eine derartige Aggressivität in ihrer Formsprache, man muss schon sehr selbstbewusst sein, wenn man das als Gebäude aushalten will."
Um die Neugestaltung des Umfeldes wird heute in Berlin wieder heftig diskutiert. Doch an einen Abriss des Turms denkt niemand mehr. Zum einen wird er immer noch als Sendemast genutzt, zum anderen ist er inzwischen selbst ein Denkmal geworden. Über eine Million Touristen im Jahr stehen auch heute noch geduldig Schlange, um hoch oben im Café mit dem Chic der 60er-Jahre eine Runde über Berlin zu drehen.
Termingerecht, nach gut vier Jahren Bauzeit, eröffnete Walter Ulbricht am 3. Oktober 1969 voller Stolz den neuen Fernsehturm im Zentrum Ost-Berlins. Wie eine Rakete sollte das gigantische Bauwerk mit der silbernen Kugel unter dem Sendemast wirken. Zum 20. Jahrestag der DDR wollte man sich der Welt modern und technisch up to date präsentieren. Der Projektleiter Gerhard Kosel war stolz, die Metropolen Europas überflügelt zu haben.
"Dieser Fernsehturm hat eine Höhe von 365 Metern. Doppelt so hoch als der Kölner Dom. Paris, London und so weiter haben ja auch Fernsehtürme gebaut. Aber nirgends, auch nicht in Moskau, hat man sich zugetraut, einen Fernsehturm ins Zentrum zu stellen. Eben weil die große Gefahr bestand, der Turm könnte die Proportionalität der ganzen Stadt zerstören."
Solche Skrupel hatten die Ost-Berliner Stadtplaner nicht. Dass zahlreiche Gebäude der historischen Altstadt, die den Krieg überstanden hatten, nun dem Fernsehturm weichen mussten, störte niemanden.
"Der Fernsehturm ist groß und schlank,
und hat ein Bäuchlein blitzeblank."
So sangen die Jungen Pioniere. Überall in der Stadt - auch in West-Berlin - sollte das Renommierobjekt gut sichtbar sein und mit einem Café in der Kugel, das sich um seine eigene Achse dreht, eine touristische Attraktion werden. Walter Ulbricht war bester Laune:
"Das stolze Rote Rathaus der Hauptstadt Berlin erscheint zwar jetzt ein wenig kleiner; aber wie möchte ich sagen: Der Inhalt macht's! Ja. Die klugen Beschlüsse, die dort gefasst wurden, haben es doch ermöglicht, dass das Zentrum der Hauptstadt der DDR so schön gestaltet wird."
Doch der Betonriese wurde Mittelpunkt eines weitgehend leeren Platzes. Ein Springbrunnen, ein paar Bäume und Blumenrabatten, umgeben von mehrgeschossigen Neubauten verlieren sich zwischen den einzigen Gebäuden, die nicht abgerissen wurden, dem Roten Rathaus und der mittelalterlichen Marienkirche. Die nehmen sich neben dem Fernsehturm geradezu winzig aus. Der Architekt Hans Stimmann, der nach der Wiedervereinigung langjähriger Baudirektor des Berliner Senats war, sieht den Fernsehturm denn auch in erster Linie als ein ideologisches Bauwerk.
"Wir reden über das Symbol eines Staates im Zentrum einer Stadt. Und bisher war das Symbol einer Stadt nie der Staat sondern das war immer die Stadt selber. Also die Dominanz der Kirche, die ihren baulichen Ausdruck gefunden hat in den großen Domen in Deutschland und natürlich auch in Italien, das ist die Tradition der europäischen Stadt auf der Grundlage der christlichen Kultur. Die ist ja abgesägt worden. Und an die Stelle ist der Sozialismus getreten."
Deshalb sorgte die Tatsache, dass sich auf der Kugel bei Sonneneinstrahlung ein Kreuz zeigte, für erregte Diskussionen im Politbüro. Die Berliner nannten den Fernsehturm von nun an spöttisch "Sankt Walter" oder die "Rache des Vatikans" und keineswegs "Telespargel", wie die Funktionäre es gerne gehabt hätten. Die Parteiführung überlegte, die Kugel schwarz anzustreichen und zog sogar in Erwägung, das Bauwerk abzureißen. Doch dann interpretierte man das Kreuz an der Kuppel kurzerhand um: in "ein Plus für den Sozialismus".
Aus der Ferne betrachtet entwickelt die mächtige Sendeanlage durchaus eine eigene Ästhetik.
"Wenn man nach Berlin fliegt, man sieht immer den Turm, die Kugel und den Schaft, die Kugel die Spitze, das ist höchst elegant. Alle Architekten sehen das so, das ist ja ein sehr elegantes Monument. Wenn man allerdings sich dem Gebäude nähert, also im Maßstab der Stadtbürger, also spazieren geht durch die Stadt und man sieht dann diese Umbauung, das ist natürlich grauenhaft. Diese Betonteile, die haben ja eine derartige Aggressivität in ihrer Formsprache, man muss schon sehr selbstbewusst sein, wenn man das als Gebäude aushalten will."
Um die Neugestaltung des Umfeldes wird heute in Berlin wieder heftig diskutiert. Doch an einen Abriss des Turms denkt niemand mehr. Zum einen wird er immer noch als Sendemast genutzt, zum anderen ist er inzwischen selbst ein Denkmal geworden. Über eine Million Touristen im Jahr stehen auch heute noch geduldig Schlange, um hoch oben im Café mit dem Chic der 60er-Jahre eine Runde über Berlin zu drehen.