In Opposition
Still und bescheiden ist er sicher nicht: Kassenwart Fonsi wettert auf der Bühne gegen die Obrigkeit. Hinter Fonsi steckt Kabarettist Christian Springer. Ob als Kabarettist, Autor oder einfach als Mensch: Springer bohrt da, wo es wehtut und nimmt es mit der Obrigkeit auf. Ein Kabarettist in Opposition.
""Vor Jahren ist das los gegangen, da suhlen wir uns drin: PISA-Studie. Da hat's geheißen die deutschen Kinder sind zu blöd. Habe mich nur gefragt, von wem sie es haben.""
Eigentlich arbeitet der Mann in Uniform auf einem Schloss in Bayern. Er sitzt hinter einer Glasscheibe und kassiert das Eintrittsgeld. Fonsi – der Kassenwart von Schloss Neuschwanstein. Graue Hose, hellblaues Hemd mit Krawatte, ein dunkles Jackett und natürlich die Uniformmütze. Wenn aber wenig los ist, findet er Zeit über die Welt nachzudenken und über all das, was ihn aufregt. Und dann tritt er auf die Bühne.
""Später hat's geheißen die deutschen Kinder sind zu fett, fressen nur Pommes in sich hinein, ein Jahr später hat's geheißen die deutsche Jugend säuft. Wenn ich jahrelang in der Zeitung lesen müsste, dass ich zu blöd und zu fett bin, dann würde ich auch mit dem Saufen anfangen.""
Christian Springer hat sich seitlich an den Konferenztisch gesetzt. Ein großer Mann mit einem gutmütigen Gesichtsausdruck. Er schenkt sich ein Glas Wasser ein, schlägt die Beine übereinander und lehnt sich etwas nach vorne. Er denkt an die Anfänge seiner Figur und muss schmunzeln. Jaja, der Fonsi.
"Ich mag den Fonsi schon gerne, er ist geboren 1999 auf dem Oktoberfest und hat dann über die Münchner Wiesen gegrantelt, um am Ende seiner Granteleien sich gemeinzumachen mit dem normalen Volk. Und dann hat er sich entwickelt und ist auf die Bühne."
Christian Springer ist am Sylvesterabend 1964 in München geboren, wo er auch heute lebt. Seine Eltern hatten einen Gemüseladen, in dem er schon mal mit anpacken musste. Ein echter Münchner sei er, sagt er. Seine Augen leuchten verschmitzt hinter seiner Brille. Dann Schule, Abitur und das Studium. Abschluss in Semitistik, Philologie des christlichen Orients und bayrische Literaturgeschichte. Keine gewöhnlichen Fächer – auch nicht für einen Kabarettisten.
Mit einem der ersten Programme "Die geile Messe" gab es gleich einen Eklat. Die Vorstellung musste unter Polizeischutz stattfinden.
"..., da hatten wir ein Stück, da ging es um die katholische Kirche und das ist immer verwechselt worden mit dem katholischen Glauben. Die Leute sind auf die Barrikaden und haben gesagt, wir lassen uns doch von euch Kabarettisten unseren Glauben nicht madig machen. Und darum ging es nicht. Es war ausschließlich eine Auseinandersetzung mit der Kirche, mit der Institution."
Auf die Bühne wollte Christian Springer schon immer. Mit sieben erlernte er das Zitherspielen. Mit elf sang er zum ersten Mal mit dem Kinderchor vor Publikum. Und dann, in der Schule, mit 16, 17, kam das Kabarett und die Opposition.
"Es gab eine Theatergruppe, das war die einzige Möglichkeit die Bühne zu erobern. Nur ich mochte den Lehrer nicht, der diese Gruppe geleitet hat, ich fand die Mitschüler die in dieser Theatergruppe waren eine völlige Katastrophe, konnte da nicht mitmachen. Da gibt's einmal im Jahr diese Aufführung zum Sommerfest und da habe ich gesagt "Wir machen Kabarett" zu anderen Kollegen. Aus wirklicher Opposition. Wir gehen in den Klassenraum, wenn die drüben spielen, machen wir Kabarett und dann schauen wir mal, wer mehr Leute hat. Und so habe ich meine erste Kabarettstunde in der Schule gemacht und dieser Oppositionsgeist, der ist nach wie vor da."
""In einer guten Zeit, das Konto ist voll, das Cabriolet ist abbezahlt, die Doppelhaushälfte auch, da bin ich auch gut drauf, aber jetzt in Zeiten der Krisen da müssen wir sagen: Halt, jetzt macht ihr mal eure Krise allein für ein paar Stund, jetzt sind wir dran, jetzt dürfen wir die Feste feiern wie sie fallen, jetzt dürfen mal die Füße hochlegen, jetzt lassen wir mal die Sau raus. Das muss jetzt nicht heute Abend hier drin sein.""
Christian Springer nimmt einen Schluck Wasser. Sein Gesicht bekommt einen ernsthaften Zug. Er spricht über seinen Ärger und über die Wut, die er als Kabarettist hat, über abgehobene Machthaber und über gesellschaftliche Ungerechtigkeiten. Da blitzt er kurz auf, der Fonsi von der Bühne.
"Dieses Reinbohren in das, was da nicht stimmt und vor allem das Bohren nach oben, also der Fonsi und das Granteln das hat schon sehr viel damit zu tun, dass man, früher hieß es Obrigkeit, dass man dagegen vorgeht."
Vor dreißig Jahren hat Christian Springer mal ein Ei auf Franz-Josef Strauss geworfen. Er wurde in Gewahrsam genommen und angezeigt. Heute lacht er darüber und ist froh, dass er nicht getroffen hat, sonst wäre sein Lebensweg vielleicht schwieriger verlaufen.
"Ich hab das erste Mal in meinem Leben ein rohes Ei geschmissen und hinterher auch nie wieder und ein rohes Ei fliegt ganz beschissen, um es mal so auszudrücken. Es fliegt nicht dahin, wohin man es haben will."
Wenn Christian Springer mit seinem Programm "Das merkt doch keiner" als Fonsi auftritt ist er für sein Publikum da. In der Pause und nach der Vorstellung steht er in seiner Uniform am Ausgang und sucht das Gespräch. Mit den Leuten sprechen, das ist ihm wichtig. Die Leute mögen ihn dafür. Er ist einer von ihnen. Der Fonsi – alias Christian Springer.
"Ja, leider bin ich nicht so zynisch. Schlechte Zeiten sind gute Zeiten fürs Kabarett. Jetzt kann ich natürlich sagen, das ist fürs Geschäft gut, ich meine das gar nicht finanziell, ich meine das von der Brisanz her. Aber an und für sich stehe ich näher bei den Menschen und mir tut's leid, wenn wir schlechte Zeiten haben."
Mehr zu Christian Springer:
Homepage Christian Springer
Eigentlich arbeitet der Mann in Uniform auf einem Schloss in Bayern. Er sitzt hinter einer Glasscheibe und kassiert das Eintrittsgeld. Fonsi – der Kassenwart von Schloss Neuschwanstein. Graue Hose, hellblaues Hemd mit Krawatte, ein dunkles Jackett und natürlich die Uniformmütze. Wenn aber wenig los ist, findet er Zeit über die Welt nachzudenken und über all das, was ihn aufregt. Und dann tritt er auf die Bühne.
""Später hat's geheißen die deutschen Kinder sind zu fett, fressen nur Pommes in sich hinein, ein Jahr später hat's geheißen die deutsche Jugend säuft. Wenn ich jahrelang in der Zeitung lesen müsste, dass ich zu blöd und zu fett bin, dann würde ich auch mit dem Saufen anfangen.""
Christian Springer hat sich seitlich an den Konferenztisch gesetzt. Ein großer Mann mit einem gutmütigen Gesichtsausdruck. Er schenkt sich ein Glas Wasser ein, schlägt die Beine übereinander und lehnt sich etwas nach vorne. Er denkt an die Anfänge seiner Figur und muss schmunzeln. Jaja, der Fonsi.
"Ich mag den Fonsi schon gerne, er ist geboren 1999 auf dem Oktoberfest und hat dann über die Münchner Wiesen gegrantelt, um am Ende seiner Granteleien sich gemeinzumachen mit dem normalen Volk. Und dann hat er sich entwickelt und ist auf die Bühne."
Christian Springer ist am Sylvesterabend 1964 in München geboren, wo er auch heute lebt. Seine Eltern hatten einen Gemüseladen, in dem er schon mal mit anpacken musste. Ein echter Münchner sei er, sagt er. Seine Augen leuchten verschmitzt hinter seiner Brille. Dann Schule, Abitur und das Studium. Abschluss in Semitistik, Philologie des christlichen Orients und bayrische Literaturgeschichte. Keine gewöhnlichen Fächer – auch nicht für einen Kabarettisten.
Mit einem der ersten Programme "Die geile Messe" gab es gleich einen Eklat. Die Vorstellung musste unter Polizeischutz stattfinden.
"..., da hatten wir ein Stück, da ging es um die katholische Kirche und das ist immer verwechselt worden mit dem katholischen Glauben. Die Leute sind auf die Barrikaden und haben gesagt, wir lassen uns doch von euch Kabarettisten unseren Glauben nicht madig machen. Und darum ging es nicht. Es war ausschließlich eine Auseinandersetzung mit der Kirche, mit der Institution."
Auf die Bühne wollte Christian Springer schon immer. Mit sieben erlernte er das Zitherspielen. Mit elf sang er zum ersten Mal mit dem Kinderchor vor Publikum. Und dann, in der Schule, mit 16, 17, kam das Kabarett und die Opposition.
"Es gab eine Theatergruppe, das war die einzige Möglichkeit die Bühne zu erobern. Nur ich mochte den Lehrer nicht, der diese Gruppe geleitet hat, ich fand die Mitschüler die in dieser Theatergruppe waren eine völlige Katastrophe, konnte da nicht mitmachen. Da gibt's einmal im Jahr diese Aufführung zum Sommerfest und da habe ich gesagt "Wir machen Kabarett" zu anderen Kollegen. Aus wirklicher Opposition. Wir gehen in den Klassenraum, wenn die drüben spielen, machen wir Kabarett und dann schauen wir mal, wer mehr Leute hat. Und so habe ich meine erste Kabarettstunde in der Schule gemacht und dieser Oppositionsgeist, der ist nach wie vor da."
""In einer guten Zeit, das Konto ist voll, das Cabriolet ist abbezahlt, die Doppelhaushälfte auch, da bin ich auch gut drauf, aber jetzt in Zeiten der Krisen da müssen wir sagen: Halt, jetzt macht ihr mal eure Krise allein für ein paar Stund, jetzt sind wir dran, jetzt dürfen wir die Feste feiern wie sie fallen, jetzt dürfen mal die Füße hochlegen, jetzt lassen wir mal die Sau raus. Das muss jetzt nicht heute Abend hier drin sein.""
Christian Springer nimmt einen Schluck Wasser. Sein Gesicht bekommt einen ernsthaften Zug. Er spricht über seinen Ärger und über die Wut, die er als Kabarettist hat, über abgehobene Machthaber und über gesellschaftliche Ungerechtigkeiten. Da blitzt er kurz auf, der Fonsi von der Bühne.
"Dieses Reinbohren in das, was da nicht stimmt und vor allem das Bohren nach oben, also der Fonsi und das Granteln das hat schon sehr viel damit zu tun, dass man, früher hieß es Obrigkeit, dass man dagegen vorgeht."
Vor dreißig Jahren hat Christian Springer mal ein Ei auf Franz-Josef Strauss geworfen. Er wurde in Gewahrsam genommen und angezeigt. Heute lacht er darüber und ist froh, dass er nicht getroffen hat, sonst wäre sein Lebensweg vielleicht schwieriger verlaufen.
"Ich hab das erste Mal in meinem Leben ein rohes Ei geschmissen und hinterher auch nie wieder und ein rohes Ei fliegt ganz beschissen, um es mal so auszudrücken. Es fliegt nicht dahin, wohin man es haben will."
Wenn Christian Springer mit seinem Programm "Das merkt doch keiner" als Fonsi auftritt ist er für sein Publikum da. In der Pause und nach der Vorstellung steht er in seiner Uniform am Ausgang und sucht das Gespräch. Mit den Leuten sprechen, das ist ihm wichtig. Die Leute mögen ihn dafür. Er ist einer von ihnen. Der Fonsi – alias Christian Springer.
"Ja, leider bin ich nicht so zynisch. Schlechte Zeiten sind gute Zeiten fürs Kabarett. Jetzt kann ich natürlich sagen, das ist fürs Geschäft gut, ich meine das gar nicht finanziell, ich meine das von der Brisanz her. Aber an und für sich stehe ich näher bei den Menschen und mir tut's leid, wenn wir schlechte Zeiten haben."
Mehr zu Christian Springer:
Homepage Christian Springer