Abriss statt Modernisierung
Erschwinglicher Wohnraum ist vielerorts knapp. Und dennoch: In Schwerin werden zehngeschossige Blocks mit 855 kleinen Appartements abgerissen - obwohl die Landeshauptstadt wieder wächst und Aktivisten den Erhalt fordern.
"Wir stehen hier in dem wunderschönen Stadtteil Lankow der Landeshauptstadt Schwerin in der Eutiner Straße 1-2."
... sagt Abbruchleiter Norbert Pfeiffer. Vorschriftsgemäß gekleidet mit signaloranger Jacke, Helm und Schutzbrille schaut er auf eine seiner drei aktuellen Baustellen. Oder besser: Rückbaustellen. 1968, also vor 50 Jahren, wurden hier zehngeschossige Wohnblöcke des Typs "Tafelbau" errichtet. Den ersten haben die Hydraulikbagger bereits in einen tonnenschweren Berg aus Hartbetonschutt verwandelt. Nun knabbern sie den nächsten an.
"Wir fangen mit den Geräten, in diesem Fall ist es ein Longfront-Gerät mit einer Auslage von 44 Metern, im oberen Bereich an, drücken zwei Drittel der Platte im Höhenbereich ein und machen das sukzessiv für jede Etage."
Drei der insgesamt vier zehngeschossigen Wohnblöcke in Lankow werden bis August ersatzlos verschwunden sein. Und damit auf einen Schlag rund 850 kleine, billige Wohnungen. Den Auftrag erteilte die Eigentümerin WGS, also die kommunale Wohnungsgesellschaft Schwerin. Den Grund dafür erklärt Geschäftsführer Thomas Köchig so:
"Wir hatten als WGS in den abzureißenden drei Hochhäusern einen Leerstand, der lag regelmäßig bei 50 Prozent. Das war also nicht stark nachgefragter Wohnraum. Ganz, ganz kleine Butzen, und so nicht ohne weiteres aufbrechbar, erneuerbar. Dann die lange Mittelgang-Problematik, die sehr bedrückend wirkt. Das hat so sehr Kasernencharakter. Es kam auch etwas mehr Unruhe, Unordnung bis hin zu Kriminalität in den Häusern auf. Ja, und dieser Leerstand produziert Kosten. Angefangen von Grundsteuern, Versicherungen - das läuft ja alles weiter, bis der Letzte raus ist. Wir hatten allein auf einem Hochhaus 900.000 Euro echte Kosten pro Jahr. Da können Sie sich vorstellen, wenn Sie drei davon haben, das kann die Existenz der ganzen Firma gefährden."
... sagt Abbruchleiter Norbert Pfeiffer. Vorschriftsgemäß gekleidet mit signaloranger Jacke, Helm und Schutzbrille schaut er auf eine seiner drei aktuellen Baustellen. Oder besser: Rückbaustellen. 1968, also vor 50 Jahren, wurden hier zehngeschossige Wohnblöcke des Typs "Tafelbau" errichtet. Den ersten haben die Hydraulikbagger bereits in einen tonnenschweren Berg aus Hartbetonschutt verwandelt. Nun knabbern sie den nächsten an.
"Wir fangen mit den Geräten, in diesem Fall ist es ein Longfront-Gerät mit einer Auslage von 44 Metern, im oberen Bereich an, drücken zwei Drittel der Platte im Höhenbereich ein und machen das sukzessiv für jede Etage."
Drei der insgesamt vier zehngeschossigen Wohnblöcke in Lankow werden bis August ersatzlos verschwunden sein. Und damit auf einen Schlag rund 850 kleine, billige Wohnungen. Den Auftrag erteilte die Eigentümerin WGS, also die kommunale Wohnungsgesellschaft Schwerin. Den Grund dafür erklärt Geschäftsführer Thomas Köchig so:
"Wir hatten als WGS in den abzureißenden drei Hochhäusern einen Leerstand, der lag regelmäßig bei 50 Prozent. Das war also nicht stark nachgefragter Wohnraum. Ganz, ganz kleine Butzen, und so nicht ohne weiteres aufbrechbar, erneuerbar. Dann die lange Mittelgang-Problematik, die sehr bedrückend wirkt. Das hat so sehr Kasernencharakter. Es kam auch etwas mehr Unruhe, Unordnung bis hin zu Kriminalität in den Häusern auf. Ja, und dieser Leerstand produziert Kosten. Angefangen von Grundsteuern, Versicherungen - das läuft ja alles weiter, bis der Letzte raus ist. Wir hatten allein auf einem Hochhaus 900.000 Euro echte Kosten pro Jahr. Da können Sie sich vorstellen, wenn Sie drei davon haben, das kann die Existenz der ganzen Firma gefährden."
Aktivisten wollen die Wohnungen erhalten
Zumal die kommunale Wohnungsgesellschaft insgesamt 200 Millionen Euro Schulden mit sich herumschleppt. Den vierten Lankower Zehngeschosser habe man übrigens für knapp sechs Millionen Euro saniert, weil der etwas günstiger geschnitten und bereits mit neuen Steigleitungen und Balkonen versehen war. Das Haus sei nun komplett vermietet, und zwar zu durchaus saftigen Kaltmieten pro Quadratmeter, so Thomas Köchig.
"Um das zu refinanzieren, liegen wir mittlerweile bei sechs bis sieben Euro in der Wiedervermietung. Das ist nicht das, was wir hier vor Ort unter Sozialmieten verstehen. Das wird auch oft behauptet: `Der nimmt da billigen Wohnraum weg! ` Das ist eben nicht an dem. Ganz im Gegenteil."
"Um das zu refinanzieren, liegen wir mittlerweile bei sechs bis sieben Euro in der Wiedervermietung. Das ist nicht das, was wir hier vor Ort unter Sozialmieten verstehen. Das wird auch oft behauptet: `Der nimmt da billigen Wohnraum weg! ` Das ist eben nicht an dem. Ganz im Gegenteil."
Doch die Aktivisten vom Wählerbündnis "Aktion Stadt- und Kulturschutz" Stephan Martini und Karsten Jagau kämpfen auf dem rotierend besetzten Platz in der Stadtvertretung noch immer gegen den Abriss. Sie wissen zwar, dass jeder Hochhausbewohner von der WGS eine preiswerte Alternative im Stadtteil Lankow geboten bekam. Aber:
Jagau: "Das, was hier klar ist von allen Untersuchungen, ist, dass wir Wohnraum brauchen für Singles, für junge Leute und auch in dem Segment für sozial Abgehängte. Wenn man dann entsprechend viele Häuser abreißt, Wohnungen vernichtet, stabilisiert sich der Mietpreis. Aber man kriegt nicht für das Klientel, was Wohnungen braucht, eigentlich die entsprechenden Wohnungen."
Martini: "Das Interessante ist: In dem Unternehmensentwicklungskonzept der WGS wird selber genannt, dass Schwerin einen steigenden Bedarf an kleinem günstigem Wohnraum hat, und das gesamte Konzept sieht nirgends vor, dass Wohnraum geschaffen wird, sondern genau im Gegenteiligen den Abriss der Häuser."
Zu Gast im Stadthaus, dem Sitz von Oberbürgermeister Rico Badenschier. Der SPD-Mann räumt ein, dass das Thema Ein- und Zweiraumwohnungen in Schwerin schwierig sei, will aber gerade auch aus sozialen Gründen nicht an den drei schwer vermietbaren Zehngeschossern festhalten.
"Wenn man jetzt ein heruntergekommenes Haus mit 360 Einraumwohnungen für 3,50 Euro den Quadratmeter vermietet, dann schafft man sich am Ende auch den nächsten sozialen Brennpunkt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Interesse der ASK-Stadtvertreter ist."
In der wunderschön sanierten, aber auch entsprechend teureren Innenstadt gebe es praktisch keinen Leerstand. Doch wer niedrige Kaltmieten sucht, habe in der Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern die Wahl, sagt OB Badenschier. Kein Wunder, schrumpfte Schwerin doch von rund 135.000 Einwohnern zum Ende der DDR auf derzeit 95.000. Allein im größten Plattenbauviertel auf dem Großen Dreesch stehen noch immer rund 5000 Wohnungen leer. Die Leerstandsquote für ganz Schwerin liegt bei acht Prozent, und da seien die Lankower Abrisshäuser schon rausgerechnet.
Auch in anderen Stadtteilen ist der Leerstand hoch
"Wenn wir in den Genuss der sozialen Wohnungsbauförderung des Landes kommen wollten, dürften wir als Stadt einen Leerstand von unter vier Prozent haben. Das heißt, wir haben immer noch so viele freie Wohnungen, dass wir gar nicht in den Fokus eines sozialen Wohnungsbauprojektes kommen."
Zurück im Stadtteil Lankow. Die rund 21 Tonnen Schutt pro Wohnblock werden später für Straßenbauzwecke aufgebarbeitet. Und was wird aus den drei frei werdenden kommunalen Grundstücken? WGS-Chef Thomas Köchig:
"Lankow ist einer von den drei großen Stadtteilen Schwerins, die auch wichtig sind für die suburbanen Strukturen, die nicht direkt in der Innenstadt stattfinden. Insofern wird durchaus darüber nachgedacht, eine neue Stadtteilmitte zu kreieren. Es ist aber so, dass man nicht gleich los bauen darf."
Jedenfalls keine neuen Wohnungen. Anderenfalls müsste die kommunale Wohnungsgesellschaft die Fördermillionen aus dem Bundesprogramm "Stadtumbau Ost" zurückgeben. Also wird es mitten in Schwerin-Lankow zumindest für einige Jahre drei Brachen geben.
Doch bevor darüber das Gras gewachsen ist, gilt es, die Rückbaustellen als Schauplatz einer Katastrophe oder eines Anschlages zu nutzen. Morgen jedenfalls treffen sich Rettungshundestaffel, Technisches Hilfswerk, DRK und Feuerwehr zu einer Übung im Abrissblock Plöner Straße.
Zurück im Stadtteil Lankow. Die rund 21 Tonnen Schutt pro Wohnblock werden später für Straßenbauzwecke aufgebarbeitet. Und was wird aus den drei frei werdenden kommunalen Grundstücken? WGS-Chef Thomas Köchig:
"Lankow ist einer von den drei großen Stadtteilen Schwerins, die auch wichtig sind für die suburbanen Strukturen, die nicht direkt in der Innenstadt stattfinden. Insofern wird durchaus darüber nachgedacht, eine neue Stadtteilmitte zu kreieren. Es ist aber so, dass man nicht gleich los bauen darf."
Jedenfalls keine neuen Wohnungen. Anderenfalls müsste die kommunale Wohnungsgesellschaft die Fördermillionen aus dem Bundesprogramm "Stadtumbau Ost" zurückgeben. Also wird es mitten in Schwerin-Lankow zumindest für einige Jahre drei Brachen geben.
Doch bevor darüber das Gras gewachsen ist, gilt es, die Rückbaustellen als Schauplatz einer Katastrophe oder eines Anschlages zu nutzen. Morgen jedenfalls treffen sich Rettungshundestaffel, Technisches Hilfswerk, DRK und Feuerwehr zu einer Übung im Abrissblock Plöner Straße.