"Die schöne Postmoderne ist vorbei"
Mit ihrem Wechsel in die Politik hat sich die frühere Literaturkritikerin Ina Hartwig der härteren politischen Realität stellen wollen. Die neue Frankfurter Kulturdezernentin steht durch die baldige Sanierung von Oper und Theater vor ersten Herausforderungen.
"Vielleicht war das Grundgefühl irgendwann mal, die schöne Postmoderne ist vorbei", sagt die neue Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig. Sie habe für das neue Amt ihre bisherige Arbeit als Literaturkritikerin aufgegeben und komme derzeit nicht mehr dazu, Literatur zu lesen. "Die politische Situation ist angespannter und komplizierter geworden, als ich sie in meinen Studienjahren erlebt habe", sagt Hartwig.
"Es hat sich irgendwie das Gefühl eingestellt, mag auch mit dem Älterwerden zu tun haben, ich muss jetzt mal die Seite wechseln und mich auch der härteren politischen Realität stellen und da vielleicht auch was tun."
Im Jahr 2012 sei sie noch ohne große Hintergedanken in die SPD eingetreten.
Demokratie in Gefahr
Sie habe sich schon länger über sich selbst und andere Kulturschaffende geärgert, weil man sich immer so herausgehalten habe, sagt Hartwig. Ihr seien die Äußerungen des französischen Philosophen Paul Ricoeur (1913-2005) im Gedächtnis geblieben, der gesagt habe, dass die Demokratie nicht so sicher sei, wie man denke. "Es ist ein Privileg, in einer Demokratie leben, aber die kann auch bedroht werden, und dieses Bedrohungspotential ist definitiv da und das besorgt mich auch", so Hartwig. Weil sie auch angesichts der Krise der Volksparteien in Sorge sei, habe sie ihren kleinen Beitrag leisten wollen.
Kein Umzug des Theaters in die Randlage
Im neuen Amt als Kulturdezernentin steht in Frankfurt am Main demnächst die umfangreiche Renovierung des Schauspiel- und Opernhauses an. Es gibt bereits eine Diskussion, dass die städtischen Bühnen aus der Stadtmitte ins abgelegenere Messeviertel verlegt werden sollen. "Das Thema kommt ja jetzt nicht so überraschend", sagt Hartwig:
"Das ist schon lange bekannt, dass das Gebäudeensemble sanierungsbedürftig ist."
Aber es bestehe kein akuter Handlungsbedarf. Im Januar werde eine Machbarkeitsstudie vorliege, und dann werde es Gespräche mit dem Oberbürgermeister und den Intendanten geben. Was den Erhalt des jetzigen Standort angehe, habe sich in der Stadt bereits eine Mehrheit geäußert:
"Ich finde nicht, dass man das Schauspiel verpflanzen sollte, ganz unabhängig von der Frage, wo zwischenzeitlich der Spielbetrieb stattfinden wird."