Indien: Demonstrationen gegen Kinofilm "Aarakshan"

Von Bernd Soballa |
In mehreren indischen Bundesstaaten ist der Bollywood-Streifen "Aarakshan" verboten worden - die Behörden fürchten Unruhen. Der Film greit ein in Indien heikles Thema auf: die Quotenregelung im Bildungswesen. Sie soll die Benachteiligung von Angehörigen niederer Kasten ausgleichen.
Filme in Indien werden meist als Massala bezeichnet. Das heißt so viel wie "Mischung". Und zu verstehen sind darunter Werke, die in der Regel aus Sehnsucht, Liebe und Familientradition bestehen, aus Tanz, Gesang und opulenten Choreographien – und am Ende wird fast immer geheiratet.

Gesellschaftliche Probleme werden selten thematisiert. Der neue Film des bekannten indischen Regisseurs Prakash Jha gehört nicht in diese Kategorie. "Arakshan" lautet sein Titel - man könnte das mit "Reservierung" übersetzen - und es geht darin um die staatlich garantierten Quoten für Mitglieder gesellschaftlich benachteiligter Gruppen, zum Beispiel an Universitäten.

Diese Regelung wurde bereits zur britischen Kolonialzeit eingeführt und nach Indiens Unabhängigkeit 1948 in die Verfassung übernommen. Ein gut gemeintes System, das jedoch auch Ungerechtigkeiten in sich trägt. Darüber beziehungsweise über den Film ist in Indien eine heftige Debatte ausgebrochen.

Drei Bundesstaaten haben die Ausstrahlung von "Aarakshan" verboten, es hat Demonstrationen gegen den Film gegeben, und Anhänger der Republikanischen Partei Indiens (RPI) haben gar das Haus von Regisseur und Produzent Prakash Jha angegriffen.

Der Trailer zu "Aarakshan" wirbt mit Angst: Angst vor der Zukunft in einem Land mit 1,2 Milliarden Einwohnern, in dem Liebe arrangiert und reserviert wird, in einer Zeit, da über 49 Prozent der Hochschulplätze durch Quoten festgelegt sind. Der Film handelt von Deepak Kumar, der aus der Kaste der Unberührbaren stammt.

Der Student hat eine Liebesbeziehung zu der Tochter des Hochschuldirektors, was schon für sich ein gesellschaftliches Tabu ist. Die Tatsache aber, dass er seinen Studienplatz durch das Reservierungssystem erhalten hat, macht die Geschichte zusätzlich brisant – und das Drama nimmt seinen Lauf.

Laut indischer Verfassung gilt die Chancengleichheit für alle Staatsbürger - und benachteiligte Klassen müssen gefördert werden. Deshalb gibt es eine Quotenregelung an den Hochschulen. Diese Regelung berücksichtigt das Geschlecht, die Konfession und die Herkunft innerhalb Indiens. Wobei das häufigste Kriterium noch immer die Kaste ist.

Genau das kritisiert Filmregisseur Prakash Jha. Er bemängelt, dass es in Indien Menschen gebe, die von dieser Quotenpolitik ungerechtfertigt profitierten, während andere ihre Chance verpassen würden, obgleich sie sie verdient hätten. Und so lässt er den idealistischen Hochschuldirektor gegen das ungerechte System kämpfen.


Indien-Experte Christian Wagner: Das Kastenwesen wird sich noch verfestigen - Breite Teile der Bevölkerung haben keine Chance auf ein Studium