Indische Autorin Meena Kandasamy

"Ich will keine Armutspornografie"

Die indische Autorin, politische Aktivistin und Feministin Meena Kandasamy
Meena Kandasamy möchte, dass sich ihre Leser permanent fragen: Wo würde ich mich positionieren? © privat
Meeny Kandasamy im Gespräch mit Andrea Gerk |
Schreiben ist etwas Politisches - findet die indische Schriftstellerin und Aktivistin Meena Kandasamy. Kein Wunder, dass sie von kitschigen Klischeebildern ihrer Heimat nichts hält. Im Gegenteil: Sie liebt es zu schockieren.
Gandhi, Yoga, vegetarisches Essen: Was Deutsche im Allgemeinen mit Indien verbinden, hat nach Überzeugung Meena Kandasamys wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Sie habe den Eindruck, "dass in Deutschland das indische Klischee mehr gelebt" werde als in Indien selbst: "Ich halte es für ziemlich gefährlich, weil es ein sehr rosarotes Bild meines Landes zeichnet. So ist es nun mal nicht. Es ist nicht so, dass wir alle Yogis sind."

Nichts Unschuldiges am Schreiben

Für Kandasamy, deren jüngster Roman "Reis und Asche" den gewaltsamen Tod von mehr als 40 Frauen und Kindern nach einem Streik 1968 thematisiert, gibt es "nichts Unschuldiges am Schreiben - und auch nicht am Lesen". Schreiben sei "etwas Politisches", sagt sie. Wenn man nur erzähle, wie Menschen kämpfen und sterben, laufe man Gefahr, "eine Art Armutspornografie zu verfassen". Darum aber gehe es ihr nicht:
"Dort, wo Ungerechtigkeit stattfindet, wird es auch Militanz geben. Deshalb möchte ich auch das Lesen schwierig gestalten (…), weil man sich permanent fragen soll: Welche Position? Wo stehe ich in dieser Geschichte? Wo würde ich mich positionieren? Wir sind niemals neutral, wir müssen immer Stellung beziehen."
Literatur sollte "nicht nur über die Bourgeoisie" schreiben, sondern auch über den Ärger und die Frustrationen von Menschen, meint die Autorin. "Ich möchte nicht das Bedürfnis der Bourgeoisie nach Schmetterlingen und rosa Wolken bedienen, sondern ich möchte, dass sie schockiert wird."

Meena Kandasamy: "Reis und Asche"
Aus dem Englischen von Claudia Wenner
Verlag Das Wunderhorn, 216 Seiten, 24,80 Euro

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