Indonesisches Puzzle
In ihrem ersten Roman verknüpft Ayu Utami, die mit "Saman" in Indonesien einen Bestseller landete, verschiedene Themen zu einem gelungenen Puzzle. Dazu gehören die veränderte Rolle der Frau, das gespannte Verhältnis zwischen Muslimen und Christen, sexuelle Freizügigkeit und das politische Aufbegehren gegen das starre Regime von Präsident Suharto.
Freizügige Schilderungen sexueller Phantasien und Wünsche bilden den Rahmen des Romans "Saman". Vier junge indonesische Frauen aus guten Elternhäusern, gebildet und selbstbewusst, verstoßen gegen die traditionellen Normen.
Leila wartet auf ihren verheirateten Liebhaber im Central Park in New York und besucht ihre Freundin Shakuntala, die ein amerikanisches Stipendium als Tänzerin bekommen hat und von ihrem Vater als Hure betitelt wird. Cok wurde schon als Schülerin aufs Land geschickt, weil sie zu viele Freunde hatte. Nur Yasmin kümmerte sich mehr um ihr Studium als um die Männer. Doch ausgerechnet sie verführt am Ende einen ehemaligen Priester. Allerdings bilden die erotischen Beschreibungen und die Gefühle der Frauen nur ein loses Netz in der eigentlichen Geschichte, der Geschichte Samans, nach dem der Roman betitelt ist.
Der Widerstandskämpfer Saman wächst als Athanasius Wisanggeni in einem kleinen Ort auf Sumatra auf. Sehr dicht und geheimnisvoll beschreibt die Autorin die mystischen Erlebnisse des Jungen. Seine Mutter verliert zwei Babys in der Schwangerschaft und seine kleine Schwester stirbt drei Tage nach ihrer Geburt. Für Wisanggeni steht seine Mutter mit den Kobolden und Feen in Verbindung, die im angrenzenden Dschungel hausen.
Auch als Erwachsener kann sich Wisanggeni nicht von diesen Vorstellungen lösen, so dass er als frisch geweihter Priester an den Ort seiner Kindheit zurückkehrt. Dort trifft er eine höchst seltsam reagierende junge Frau, in der er zunächst den Geist seiner Schwester zu erkennen glaubt, aber schnell erkennen muss, dass es sich um ein junges behindertes Mädchen aus der Nachbarschaft handelt. Sie vegetiert unter menschenunwürdigen Bedingungen dahin und der junge Priester setzt alles daran, ihr Los zu lindern.
Dadurch kommt er immer stärker in Kontakt mit Transmigranten, also zwangsumgesiedelten Bauern, die von Java nach Sumatra ziehen mussten. Wisanggeni setzt seine landwirtschaftlichen Kenntnisse ein, um diesen Kautschukbauern zu helfen. Als sie in Konflikt mit einem großen Konzern geraten, der Ölpalmen anpflanzen will und nebenbei die Bauern zu enteignen versucht, wird Wisanggeni als ihr Anführer verdächtigt, verschleppt und gefoltert. Hier bekommt der Roman eine politische Dimension. Wir befinden uns Ende der 90er Jahre, kurz vor dem Sturz von Präsident Suharto.
Ayu Utami beschreibt den Druck auf die Landbevölkerung, Verfolgungen, Korruption und die blutigen Auseinadersetzungen zwischen indonesischen Gruppen und den chinesischen Händlern. Der Protagonist Wisanggeni geht schließlich in den Untergrund und nennt sich nun Saman. Schließlich gelingt ihm mit Hilfe der vier jungen Frauen die Flucht nach New York, nicht ohne die vorherige Verführung durch Yasmin.
Über 100.000 verkaufte Bücher dieses Romans in ihrer Heimat machen Ayu Utami zur bekanntesten Schriftstellerin Indonesiens. 1968 in Bogor geboren, wuchs sie in Jakarta auf und erhielt an der University of Indonesia ihren Bachelor in Literaturwissenschaften. Statt einer Modelkarriere – sie gewann 1990 einen Schönheitswettbewerb - wurde sie Journalistin.
In ihrem ersten Roman "Saman" verknüpft sie diverse Themen: Die veränderte Rolle der Frau, das gespannte Verhältnis zwischen Muslimen und Christen, sexuelle Freizügigkeit, das politische Aufbegehren gegen das starre Regime von Präsident Suharto, mystische Vorstellungen und damit verbundene tradierte Erzählweisen. Für den westlichen Leser ergibt dieses Puzzle kein einheitliches Bild. Ob dies dem Debüt der Autorin oder doch der indonesischen Erzählkunst geschuldet ist, sei dahingestellt. Ayu Utami gelingt es allemal, dem Leser Aspekte ihrer Heimat nahezubringen und seinen Blick auf mehr als die übliche Touristenkulisse zu lenken.
Rezensiert von Birgit Koß
Ayu Utami, Saman. Roman.
Aus dem Indonesischen von Peter Sternagel,
Horlemann Verlag S. 190, € 16,90
Leila wartet auf ihren verheirateten Liebhaber im Central Park in New York und besucht ihre Freundin Shakuntala, die ein amerikanisches Stipendium als Tänzerin bekommen hat und von ihrem Vater als Hure betitelt wird. Cok wurde schon als Schülerin aufs Land geschickt, weil sie zu viele Freunde hatte. Nur Yasmin kümmerte sich mehr um ihr Studium als um die Männer. Doch ausgerechnet sie verführt am Ende einen ehemaligen Priester. Allerdings bilden die erotischen Beschreibungen und die Gefühle der Frauen nur ein loses Netz in der eigentlichen Geschichte, der Geschichte Samans, nach dem der Roman betitelt ist.
Der Widerstandskämpfer Saman wächst als Athanasius Wisanggeni in einem kleinen Ort auf Sumatra auf. Sehr dicht und geheimnisvoll beschreibt die Autorin die mystischen Erlebnisse des Jungen. Seine Mutter verliert zwei Babys in der Schwangerschaft und seine kleine Schwester stirbt drei Tage nach ihrer Geburt. Für Wisanggeni steht seine Mutter mit den Kobolden und Feen in Verbindung, die im angrenzenden Dschungel hausen.
Auch als Erwachsener kann sich Wisanggeni nicht von diesen Vorstellungen lösen, so dass er als frisch geweihter Priester an den Ort seiner Kindheit zurückkehrt. Dort trifft er eine höchst seltsam reagierende junge Frau, in der er zunächst den Geist seiner Schwester zu erkennen glaubt, aber schnell erkennen muss, dass es sich um ein junges behindertes Mädchen aus der Nachbarschaft handelt. Sie vegetiert unter menschenunwürdigen Bedingungen dahin und der junge Priester setzt alles daran, ihr Los zu lindern.
Dadurch kommt er immer stärker in Kontakt mit Transmigranten, also zwangsumgesiedelten Bauern, die von Java nach Sumatra ziehen mussten. Wisanggeni setzt seine landwirtschaftlichen Kenntnisse ein, um diesen Kautschukbauern zu helfen. Als sie in Konflikt mit einem großen Konzern geraten, der Ölpalmen anpflanzen will und nebenbei die Bauern zu enteignen versucht, wird Wisanggeni als ihr Anführer verdächtigt, verschleppt und gefoltert. Hier bekommt der Roman eine politische Dimension. Wir befinden uns Ende der 90er Jahre, kurz vor dem Sturz von Präsident Suharto.
Ayu Utami beschreibt den Druck auf die Landbevölkerung, Verfolgungen, Korruption und die blutigen Auseinadersetzungen zwischen indonesischen Gruppen und den chinesischen Händlern. Der Protagonist Wisanggeni geht schließlich in den Untergrund und nennt sich nun Saman. Schließlich gelingt ihm mit Hilfe der vier jungen Frauen die Flucht nach New York, nicht ohne die vorherige Verführung durch Yasmin.
Über 100.000 verkaufte Bücher dieses Romans in ihrer Heimat machen Ayu Utami zur bekanntesten Schriftstellerin Indonesiens. 1968 in Bogor geboren, wuchs sie in Jakarta auf und erhielt an der University of Indonesia ihren Bachelor in Literaturwissenschaften. Statt einer Modelkarriere – sie gewann 1990 einen Schönheitswettbewerb - wurde sie Journalistin.
In ihrem ersten Roman "Saman" verknüpft sie diverse Themen: Die veränderte Rolle der Frau, das gespannte Verhältnis zwischen Muslimen und Christen, sexuelle Freizügigkeit, das politische Aufbegehren gegen das starre Regime von Präsident Suharto, mystische Vorstellungen und damit verbundene tradierte Erzählweisen. Für den westlichen Leser ergibt dieses Puzzle kein einheitliches Bild. Ob dies dem Debüt der Autorin oder doch der indonesischen Erzählkunst geschuldet ist, sei dahingestellt. Ayu Utami gelingt es allemal, dem Leser Aspekte ihrer Heimat nahezubringen und seinen Blick auf mehr als die übliche Touristenkulisse zu lenken.
Rezensiert von Birgit Koß
Ayu Utami, Saman. Roman.
Aus dem Indonesischen von Peter Sternagel,
Horlemann Verlag S. 190, € 16,90