Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb

Von Idylle und Weltuntergang

Gewitterwolken ziehen am 09.06.2014 über den Ort Sörmeke bei Geseke (Nordrhein-Westfalen). Orkanböen, Starkregen und heftige Blitze: Wie eine Walze zog eine Gewitterfront über Nordrhein-Westfalen am 09.06.2014 hinweg
Droht Unheil? Gewitterwolken ballen sich über einer idyllischen Einfamilienhaus-Siedlung zusammen. © picture alliance / dpa / Thomas Rensinghoff
Valerie Fritsch im Gespräch mit Frank Meyer |
Valerie Fritsch ist 26 Jahre alt und schreibt von der Apokalypse. Die österreichische Nachwuchsautorin hat gerade mit "Winters Garten" ihren zweiten Roman veröffentlicht und liest im Juli beim renommierten Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt. Aufregung? Keine Spur. Sie übe sich in "heiterer Gelassenheit".
Der alljährlich im Juli stattfindende Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb gilt als Talentschmiede für Autoren. Doch vor dem Erfolg und dem Bachmannpreis kommt das Lampenfieber, das den meisten dort lesenden Autoren die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Eine von ihnen ist die Nachwuchsschriftstellerin Valerie Fritsch, 1989 in Graz geboren. Doch nach allzu großer Aufregung klingt es nicht, wenn sie sagt: "Das Einzige, was mir dazu einfällt, ist: heitere Gelassenheit. Sonst kann man dort wirklich nicht hinfahren. Vielleicht werde ich auch einen Schnaps trinken."
"Ich wollte etwas Archaisches, Unbescheidenes schreiben"
Gerade hat Valerie Fritsch mit "Winters Garten" ihren zweiten Roman veröffentlicht. Winters Garten, das ist die idyllische Kolonie, der Sehnsuchtsort, an den der Vogelzüchter Anton mit seiner Frau Frederike nach Jahren in der Stadt zurückkehrt, als alles in Bewegung gerät und sich wandelt: Die Häuser und Straßenzüge verfallen, die wilden Tiere dringen in die Vorgärten und Hinterhöfe ein, und der Schlaf der Menschen ist schwer von Träumen, in denen das Leben, wie sie es bisher kannten, aufhört zu existieren. Mit anderen Worten: Der Weltuntergang droht. Über ihr Roman-Sujet sagt sie: "Ich wollte etwas Archaisches, Unbescheidenes schreiben, das Dinge auf das Wesentliche wie Leben und Tod reduziert."
Sinnliche, phantasievolle Sprache
Kritiker rühmen ihre bildgewaltige, sinnliche, phantasievolle Sprache. Wie hat sie die gefunden? "Für mich ist diese Sprache eigentlich nur die logische Konsequenz aus Bildern und Geschichten, die ich erzählen wollte." Denn auch Bilder – genauer gesagt: Fotos – sind ihre Sprache: Nach dem Schulabschluss absolvierte sie ein Fotografie-Studium und arbeitet seither als Fotokünstlerin. Sechs Monate im Jahr ist sie im Ausland unterwegs – in Transnistrien, Nigeria oder Myanmar. Und von dort bringt sie nicht nur viele Fotos, sondern auch Inspiration für ihre Texte mit.

Valerie Fritsch: Winters Garten
Suhrkamp Verlag, Berlin 2015
154 Seiten, 16,95 Euro

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