Ingmar Bergmans "Persona" ist eine Koproduktion des Stadttheaters Malmö und des Deutschen Theaters Berlin. Die Inszenierung von Anna Bergmann mit der deutschen Schauspielerin Corinna Harfouch und der Schwedin Karin Lithman wird bis 8.11. in Malmö gezeigt, am 30.11. ist die Premiere in Berlin.
Corinna Harfouch spielt ein Stück – in zwei Rollen
Zwei Theater, eine Produktion - beim Stadttheater Malmö und dem Deutschen Theater Berlin führt das zum Rollentausch. In Ingmar Bergmanns "Persona" spielt Corinna Harfouch einmal die verstummte Schauspielerin und einmal ihre Krankenschwester.
Ingmar Bergmans Filmdrama "Persona" ist im Stadttheater Malmö zu sehen, gespielt zur Wiederkehr des 100. Geburtstags des schwedischen Film- und Theaterregisseurs. Aber es ist keine schwedische Produktion, sondern eine Koproduktion mit dem Deutschen Theater Berlin. Sonja Anders hat sie als Dramaturgin betreut.
"Es ist ein schöner Fall, weil die Hauptenergie von der Schauspielerin Corinna Harfouch und der Regisseurin Anna Bergmann ausging. Die Anna Bergmann hat schon in Malmö gearbeitet und hat gefragt, ob wir als Stammhaus von Corinna Harfouch nicht Teil dieser Koproduktion werden wollen."
Theaterarbeit in den einzelnen Städten scheint immer mehr vernetzt, und damit auch immer mehr austauschbar zu sein, nicht nur bei den Salzburger Festspielen wandern die Festspielpremieren in andere Städte ins Repertoire, 2018 zum Beispiel nach Bochum, nach Frankfurt, nach Wien. In Kay Voges "Parallelwelt" ist man dabei noch einen Schritt weiter gegangen, das Schauspiel Dortmund und das Berliner Ensemble spielen miteinander Theater, verbunden durch ein Glasfaserkabel, mit dem Bilder und Töne zwischen den beiden Bühnen zeitgleich hin und hertransportiert werden. (Hier die Parallelkritiken aus Dortmund und Berlin.)
Eine Schauspielerin in einer existentiellen Krise
Die schwedisch-deutsche Koproduktion "Persona" ist aber konventioneller, und doch macht sie die Zusammenarbeit zweier Theater zu einem grundsätzlichen, geradezu existentiellen Thema. "Persona" ist über weite Strecken ein Zweipersonenstück. Die Schauspielerin Elisabeth Vogler, die während einer Aufführung von "Elektra" zu sprechen aufgehört, und die Krankenschwester Alma, die ihr zugewiesen, wenn sich die Schauspielern in einem Landhaus am Meer wieder erholen soll. Doch Elisabeth Vogler schweigt weiter. Corinna Harfouch spielt sie in Malmö.
"Sie hat einen Sprachekel entwickelt, offensichtlich innerhalb ihres Berufes, jedes Wort auch die Worte der Liebe, die gesprochen werden, sind ihr ekelhaft geworden. Sie glaubt nicht mehr dran. Für eine Schauspielerin eine große existentielle Krise."
Alma, gespielt von der Schwedin Karin Lithmann, versucht eine Beziehung zu Elisabeth herzustellen, versucht, sie zu verstehen. Schätzt sie sie?
"Ich denke schon, sie bewundert Elisabeth, ihre Lebensart, für die sie sich entschieden hat, dass sie sich der Kunst verschrieben hat, dass sie eine unabhängige Frau ist. Gegenüber der ruhigen Frau findet sie zum ersten Mal Worte dafür, wie sie selbst sich fühlt, ob sie ihre Leben ändern will."
Und andererseits? Verachtet die schweigende Schauspielerin Elisabeth Vogler die junge Krankenschwester? Corinna Harfouch:
"Nein. Ich glaube, dass Elisabeth für einen Moment glaubt, dass sie mit Hilfe von Alma ins Leben zurückkommen könnte. Man versucht den anderen zu spiegeln oder zu spielen. Man versucht, jemand anders zu werden, vielleicht. So nähern sich beide an. Und das wird durch das Kostüm und einige Details auch unterstützt."
Manchmal erscheinen die Darstellerinnen wie Zwillinge
Manchmal kann man in Anna Bergmanns Inszenierung die beiden Frauen verwechseln, dann erscheinen sie fast wie Zwillinge, ähnlich wie im Film aus dem Jahre 1966, wo Liv Ullmann und Bibi Anderson als die beiden Frauen auch für Momente zu verschmelzen scheinen.
Am deutschen Theater werden Harfouch und Lithmann dann tatsächlich die Rollen wechseln. Nicht nur der Sprache wegen. Corinna Harfouch wird in Berlin dann nämlich die beredete Krankenschwester Alma spielen und Karin Lithmann eine noch junge Schauspielerin Elisabeth. Auch wenn das Bühnenbild gleich bleibt, die Aufführung in Berlin wird sich ganz anders entwickeln, erklärt Anna Bergmann, die Regisseurin.
"Es ist natürlich so, wenn Frau Harfouch die Rolle der Alma spielt, wird das natürlich eine komplett andere Geschichte, allein schon wegen des Altersunterschieds von 20 Jahren. Auch glaube ich, dass wir genau schauen müssen, dass wir diese Statusverhältnisse erzählt bekommen. Weil Corinna hat, was Status als Schauspielerin und erfahrene Kollegin ist, natürlich was anders als wenn die jüngere die Krankenschwester spielt. Also auch da zu gucken mit Corinna, wie kriegen wir einen Status erzählt, dass sie die Lernende ist von der Jüngeren."
Als neue Schauspieldirektorin in Karlsruhe hat Anna Bergmann auch selbst mehrere Koproduktionen angesetzt. Am 27.Oktober hatte Ingmar Bergmanns "Szenen einer Ehe", eine Lübecker Produktion, in der sie die Zuschauer von Szene zu Szene durch mehrere Orte des jeweiligen Theaters wandern lässt, Premiere.
Im April wird "The Broken Circle" eine Art Musical, ein Drama als Country-Konzert, aufgeführt werden, eine Koproduktion zwischen Uppsala und Karlsruhe. Und doch ist bei "Persona" die Zusammenarbeit zweier Theater mehr: eine Koproduktion als gegenseitiger Lernprozess.