Kein Denkmal für die "Einheit" in Berlin
In Berlin wir nun doch kein "Freiheits- und Einheitsdenkmal" gebaut werden. Ursprünglich sollte auf dem Schlossplatz eine 50 Meter lange Wippe an die deutsche Wendezeit und Wiedervereinigung erinnern. Der Schriftsteller Ingo Schulze erklärt, warum er den Entwurf für unausgegoren hielt.
Erst Leipzig und jetzt Berlin. Die Pläne für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal in beiden Städten sind vorläufig begraben. Während Leipzig aber einen neuen Anlauf nimmt, endet in Berlin jetzt eine lange und unwürdige Hängepartie um das Gedenken. Heute kippte der Haushaltsauschuss des Bundestags das Denkmal-Projekt einstimmig.
Immer wieder wurde das Projekt, eine ursprünglich von der Berliner Choreografin Sasha Waltz konzipierte und von den Architekten Johannes Milla und Sebastian Letz weiterentwickelte gigantische begehbare "Bürgerwippe" auf dem Berliner Schlossplatz, verschoben. Immer wieder tauchten Hindernisse auf, die gegen den Bau sprachen oder eine Umsetzung massiv erschwerten. Zuletzt war von einer Kostenexplosion von zehn auf 15 Millionen Euro die Rede. Jetzt zog der Bundestag die Notbremse.
Wir berichteten darüber in unserer Sendung "Kompressor".
In "Studio 9" übte nun der in Dresden geborene Schriftsteller Ingo Schulze grundsätzliche Kritik an einem "Einheitsdenkmal".
Am Anfang ging es nicht um die "Einheit"
Schulze meinte, dass es bei der Friedlichen Revolution 1989 zunächst um eine "Reform des Sozialismus" gegangen sei, um freie Wahlen, Reisefreiheit und auch eine Verbesserung des Lebensstandards: "Das mit der Einheit kam ja dann später dazu."
Seiner Ansicht nach habe auch keine "Vereinigung" stattgefunden, sondern ein "Beitritt" der DDR zur Bundesrepunblik. Schulze dazu:
"Ich sage ja immer, es wäre ganz schön gewesen, wenn es eine Vereinigung gewesen wäre, dann wäre auch A und B dann C geworden. So aber ist das A ein bisschen größer geworden, weil es das B in sich aufgenommen hat."
Dass sich die Öffentlichkeit mit dem Thema auseinandersetze, begrüße er natürlich, er sei aber der Ansicht, dass sich die historischen Vorgänge von '89 nur schwer durch ein Denkmal fassen ließen. Daher würde er es begrüßen, wenn über die Wendejahre und ihre Folgen in einer "Art Forschungszentrum, wo sozusagen der Endpunkt noch nicht geronnen ist", nachgedacht würde.
Wichtig sei ihm auch die weltgeschichtliche Dimension dieser Zeit: "Ich glaube, es [das Jahr 1989] hat fast noch mehr Einfluss auf andere Erdteile gehabt. (…) Und da fände ich es gut, sich die eigene Erzählung zu bilden."