Initiative des "Tresor"-Gründers Hegemann

Wie die Berliner Club-Erfahrungen Detroit retten sollen

Der Berliner Club Tresor
Der Berliner Club Tresor in der Leipziger Straße im April 1999. © imago/Christian Ditsch
Dimitri Hegemann im Gespräch mit Mathias Mauersberger |
Am legendären Clubleben Berlins in der Nachwendezeit hatten DJs aus Detroit erheblichen Anteil. Inzwischen hat die US-Stadt einen Niedergang hinter sich. Nun sollen die Berliner Erfahrungen mit dem Techno der Stadt helfen, wieder auf die Beine zu kommen.
Detroit im Nordosten der USA wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Zentrum der US-amerikanischen Autoindustrie und eine boomende Metropole. Mit dem industriellen Niedergang nahmen ethnische Konflikte und Kriminalität zu, wohlhabende Bevölkerungsgruppen wanderten ab. Heute stehen fast 80.000 Häuser leer.
Nun soll ausgerechnet aus Berlin Hilfe kommen: Die Nonprofit-Organisation Detroit-Berlin-Connection will die Clubkultur in der ehemaligen Autostadt stärken - und damit die Stadt attraktiver machen. Mitinitiator ist der Kulturmanager Dimitri Hegemann, der Anfang der 90er-Jahre den legendären Club Tresor in Berlin gründete und dort vor allem DJs aus Detroit auftreten ließ.

Hemmnis Sperrstunde

Der Detroit-Techno sei damals in Berlin so gut angekommen, weil er in die Situation gepasst habe, sagt Hegemann im Deutschlandfunk Kultur. Da sei zum einen die Euphorie über die Wiedervereinigung gewesen, zum anderen gab es Räume. "Dazu gab es noch so eine Art kulturelle Anarchie, die Ordnungskräfte hatten anderes zu tun." Man habe das Gefühl gehabt, Dinge ausprobieren zu können. "Dieser Sound, der aus Detroit kam, der als Techno in die Geschichte eingegangen ist, der war neu. Das war frisch, es passte einfach."
Doch Detroit selbst schlägt wenig Kapital aus diesen Wurzeln. Auch er habe sich die Frage gestellt: "Warum genießt Detroit, das die besten DJs in diesem Genre Techno hat, keine Clubkultur wie wir sie kennen?", erzählt Hegeman. Die Antwort sei: die Sperrstunde, die in Berlin bereits seit 69 Jahren nicht mehr gelte, in Detroit allerdings noch immer.
Der "Tresor"-Gründer Dimitri Hegemann
Der "Tresor"-Gründer Dimitri Hegemann© Marie Staggat
"Zwischen zwei Uhr in der Nacht und sieben Uhr morgens passiert da nichts." Für Hegemann eine Verschwendung: "Das ist die intensive Zeit, die Berlin nach vorne gebracht hat; wo ganz neu gedacht wird, wo philosophiert wird; wo in den Clubs etwas passiert, was einzigartig ist." Das Clubleben der Nachwendezeit sei auch mit "Humus" gewesen für die Attraktivität, die Berlin entwickelt habe.

Techno in Detroiter Verwaltung nicht bekannt

Er habe bereits bei mehreren Konferenzen die Berliner Erfahrungswerte weitergegeben an die Verwaltung in Detroit. Sein Vorschlag sei: die Sperrstunde abzuschaffen und den Kreativen Raum zu geben; etwa in Form von Zwischennutzungen, wie es im Berlin der 90er-Jahre praktiziert wurde.
Anfangs sei er nicht ernstgenommen worden. Und er stellte fest, dass die Mitarbeiter in der Verwaltung Techno nicht kannten. Inzwischen gebe es kleine Schritte, etwa das Vorhaben, dass die Clubs erst um 4 Uhr morgens schließen müssen.
(abr)

Unter dem Titel "Detroit - Berlin: One Circle" sucht das Berliner Theater "Hebbel am Ufer" bis zum 2.6.2018 nach Schnittstellen zwischen diesen beiden Städten.

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