Weltwirtschaftsgipfel in Davos
Die Initiative "Taxmenow" fordert, Reiche konsequent zu besteuern. © imago / fStop Images / Malte Müller
Besteuert die Reichen!
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Vermögende sollten mehr Steuern zahlen, um gesellschaftliche Kernaufgaben mitzutragen. Das fordert die Millionenerbin Marlene Engelhorn vor dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos. Reichtum sorge weltweit für ungerechte Machtverhältnisse, so Engelhorn.
Die Aussichten sind düster zu Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos. Erwartet wird für die nächsten zwei Jahre eine deutliche Verschlechterung der gesellschaftlichen Entwicklung: Lebenserwartung, Einkommen, Bildungsstandard, Lebensstandard - die Prognosen für all diese Bereiche fallen negativ aus.
Vermögen gerechter verteilen
Angesichts dieser Lage fordert die österreichische Millionenerbin Marlene Engelhorn, Reiche konsequent zu besteuern, um sie deutlich stärker an der Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben zu beteiligen. Die Germanistikstudentin hat daher die Initiative "Taxmenow" mitgegründet, die sich unter anderem für höhere Erbschaftssteuern einsetzt.
Engelhorn sieht den Staat in der Verantwortung, Gesetze zu ändern, um Vermögen gerechter zu verteilen, die schließlich arbeitsteilig gemeinsam erwirtschaftet worden seien. In der Diskussion darüber werde oft vergessen, wie wichtig etwa eine gute Infrastruktur sei. "Ohne diesen Unterbau der Gesellschaft ist kein Vermögen möglich", sagt Engelhorn.
Das Engagement von Stiftungen ist nach Engelhorns Ansicht keine Alternative zu einer gerechteren Steuergesetzgebung. Das sehe sie schon deshalb kritisch, weil Stiftungsvermögen am Kapitalmarkt meist so angelegt würden, "dass sie zu den Problemen beitragen, die man dann mit der kleinen Rendite, die man in die Gemeinnützigkeit stopft, zu beheben versucht."
Machtstrukturen demokratisieren
Die ungleiche Verteilung von Vermögen sei zudem eine Gefahr für die Demokratie, so Engelhorn. Reichtum verschaffe einzelnen Menschen unverhältnismäßig viel Macht und Einfluss. "In einer Demokratie geht das einfach nicht, denn diese Macht kann die demokratischen Institutionen aushebeln, kann an ihnen vorbei arbeiten", sagt Engelhorn.
Wie kann es sein, dass ganz bestimmte Menschen, nur weil sie vermögend sind, oft qua Geburt, entscheiden dürfen über Dinge, die die ganze Welt etwas angehen?
Nur zwei Prozent der Gelder, die von Stiftungen weltweit für gemeinnützige Zwecke ausgegeben werden, kommen dem Klimaschutz zugute, so Engelhorn. Schon das zeige, dass vom freiwilligen Engagement vermögender Stifterinnen und Stifter nicht viel zu erwarten sei. Das größte Problem sei in ihren Augen jedoch die Entscheidungsstruktur: "Die Macht, die dahintersteckt, gehört demokratisiert."
Absurde Regeln abschaffen
Die Sorge, dass höher besteuerte Erbschaften und großen Vermögen Unternehmen zu stark belasten und Arbeitsplätze in Deutschland gefährden würden, hält Engelhorn für unberechtigt: "Es ist keine Last, wenn man das gescheit macht." Gut durchdachte Vorschläge seien längst bekannt. So habe etwa das "Netzwerk Steuergerechtigkeit" konkrete Konzepte erarbeitet.
"Deutschland hat 40 Steuerarten und wird finanziert durch die sogenannten Jedermannsteuern", erklärt Engelhorn, "und die einzigen Ausnahmen im Steuersystem gelten für Vermögende." Wer zum Beispiel drei Wohnungen erbe, zahle die volle Erbschaftssteuer, ab 300 Wohnungen werde eine erbende Person dagegen automatisch als Unternehmen eingestuft und brauche daher keine Erbschaftssteuer abzuführen. "Diese Absurditäten kann man echt abschaffen", fordert Engelhorn.
Marlene Engelhorn: "Geld"
Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 2022
176 Seiten, 20 Euro