Wichtiges aus dem Schulalltag in leichter Sprache
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Viele Bilder, Piktogramme und kurze Sätze - bei Schülerzeitungen ist es besonders wichtig, dass die Informationen verständlich sind. Dass das Bistro Chutney eingekocht hat, ist hier genauso eine Nachricht wert, wie Neuigkeiten aus dem Schülerparlament.
Fotos spielen in der Schülerzeitung "Bienenpost" eine besondere Rolle und das hat einen ganz einfachen Grund: Denn nicht alle Schülerinnen und Schüler der Schule am Bienenwaldring können lesen und schreiben. Damit aber alle etwas von der selbstproduzierten Zeitung haben, fotografieren die Kinder aus der Redaktion der Neuköllner Förderschule ihre Mitschüler und berichten über ihren Alltag. Sueda ist bereits zum zweiten Mal bei der Schülerzeitung dabei und weiß genau, was zu tun ist.
"Also wir überlegen jetzt, welches Bild wir nehmen, was wir damit arbeiten. Also was wir darunterschreiben. Weil einige können ja nicht so gut lesen und damit haben sie dann ein Bild im Kopf, wie das denn aussieht. Wir müssen da beachten, wegen den Buchstaben, ob groß oder klein."
Die Groß- und Kleinschreibung fällt den Schülern nicht immer leicht. Dann bekommt die Redaktion Hilfe von zwei Lehrkräften. Ulrike Suchantke unterstützt bei der Themenfindung und der Umsetzung. Genau wie die jungen Redakteure und Redakteurinnen, hat auch sie immer die Leserschaft im Kopf.
"Das, was hier an der Schule passiert, das ist das Wichtige, was die Schüler interessiert. Das sind immer die konkreten Sachen, und die freuen sich vor allem, die Fotos vom Schulleben zu sehen, das ist das Wichtigste. Und darauf nehmen wir Rücksicht, klar. Dass die Schüler eben zum großen Teil nicht lesen können, also deshalb auch diese Bilder und Piktogramme dabei und der ganz einfache Aufbau. Das, worauf wir vielleicht noch mehr achten müssten: Das Konzept der leichten Sprache. Wir achten auch schon drauf, einfache Sätze, kurze Sätze. Das ist auch wichtig."
Zugang zu Information ist ein Grundrecht
Die Artikel in der "Bienenpost" beginnen mit sachlichen Angaben zum Thema. Die Fragen: "Wann?", "Wo?" und "Was?" werden gleich oben auf der Seite in kurzen Stichworten beantwortet. So ist direkt klar, wovon der Artikel handelt. Weiter geht es dann mit einer Art Bildergalerie. Jedes Foto wird in einem Satz erklärt.
Zu einem Markt, auf dem die Schüler und Schülerinnen Produkte verkaufen, die sie in verschiedenen Werkstätten hergestellt haben, schreibt die Redaktion zum Beispiel: "Die Textilwerkstatt hat viel genäht", "Das Bistro hat Kuchen gebacken und Chutney eingekocht", "Die Holzwerkstatt verkauft Holzprodukte und Kerzen". Neben den Sätzen sind Piktogramme von einer Kerze, einer Nähmaschine oder einem Kuchen.
Der Fokus liegt hier eindeutig auf der Inklusion. Auch Schülerinnen und Schüler, die nicht lesen können, sollen durch einfach strukturierte Texte und viele Fotos mit einbezogen werden. Immerhin ist der Zugang zu Informationen ein Grundrecht.
Damit genau das in ihrer Schülerzeitung umgesetzt werden kann, hat sich auch eine andere Förderschule etwas einfallen lassen. In der "Fuchspost" aus der Arno-Fuchs-Schule wird der Text farbig strukturiert. Für ihr inklusives Layout wurde die Zeitung im letzten Schuljahr sogar beim Berliner Schülerzeitungswettbewerb ausgezeichnet. Die erste Silbe in blauer Farbe, die zweite rot und die dritte dann wieder blau. Dadurch sollen auch leseschwache Schüler und Schülerinnen die Texte einfacher verstehen können.
Murat hatte im Roten Rathaus den besonderen Preis entgegengenommen. Für die letzte Ausgabe vor den Sommerferien hat er dann – mit der Hilfe seiner Lehrerin – über die Preisverleihung geschrieben.
Hobbys und Lieblingslieder
Drei Lehrkräfte unterstützen die vier Schüler und zwei Schülerinnen mit viel Geduld und Zuwendung bei der Gestaltung ihrer Schülerzeitung. Doch nicht nur der Schulalltag kommt in der Publikation vor. Auch persönliche Themen wie Hobbys oder Familie finden in der "Fuchspost" ihren Platz. Murat hat die Gelegenheit genutzt, um von seinem Hobby zu erzählen: "Sport und Fitness".
Und auch im Text von Ajdin spielt Persönliches eine Rolle.
"Ajdin, über was hast du denn geschrieben?"
"Über Sänger, dass ich die mag und sehr gerne höre, und ich tanze auch gerne dazu. Und manchmal sind die auch bisschen traurig, also diese Lieder von Stromae. Und er hat ein Lied, das heißt ‚Papaoutai‘, das ist zwar traurig, aber ich tanze trotzdem dazu."
Möglichkeit für die Kinder, sich auszudrücken
Was aber bei all dem besonders wichtig ist: In ihrer Zeitung bekommen die Kinder die Möglichkeit, sich auszudrücken. Hier können sie sich eine Stimme verschaffen, von ihren Herausforderungen und ganz persönlichen Leidenschaften berichten.
Und weil jede Schule anders ist, gibt es auch keine typische Schülerzeitung. Jede Redaktion arbeitet auf ihre ganz eigene Weise und hat besondere Themen. Das gilt auch für die Redakteure und Redakteurinnen in der Karlsgarten Grundschule und ihre Zeitung "Karlchen". Für 70 Cent werden die Hefte in der Pause oder auf Schulfesten verkauft.
In der Redaktionssitzung erzählt Anja von ihrem nächsten Artikel.
"Woran arbeitest du gerade?"
"An einem Artikel über das Schülerparlament, damit jeder Schüler weiß, worum es da eigentlich geht und warum überhaupt Klassensprecher gewählt werden. Ich bin selbst im Schülerparlament und werde jetzt über das neue Schullogo was schreiben, weil das gerade im Schülerparlament das Thema ist."
Informationen von Kindern für Kinder, eine Leserschaft, die sich aus Freunden und Mitschülern zusammensetzt: Diese Nähe kommt in der Karlsgarten Grundschule gut an, weiß der Mathelehrer Michael Jung. Er leitet die Redaktionssitzung seit über 20 Jahren.
"Wir haben auf jeden Fall 150 Kinder, die uns die Zeitung abkaufen und die das einfach nett finden und das gerne lesen und da Spaß dran haben. Es ist dann vielleicht das erste Mal, dass man so ne Zeitung durchblättert, die sich auf die eigene Schule bezieht, die von Kindern gemacht ist, die man selber kennt. Und das ist schon ganz interessant, was da so entstanden ist."