Innovationen zur Welternährung

Wie wir Hungersnöte in den Griff kriegen

06:20 Minuten
Frauen in Niger bearbeiten ein Gemüsebeet, im Hintergrund sehen weitere Frauen zu.
Frauen in Niger bearbeiten Gemüsebeete, die im Rahmen eines Projekts zur Armutsbekämpfung angelegt wurde. Bewässert wird die Anlage von einer solar betriebenen Pumpe. © Imago / Joerg Boethling
Joachim von Braun im Gespräch mit Dieter Kassel |
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Bis 2030 wollen die Vereinten Nationen den Hunger in der Welt abschaffen. Das sei ein durchaus realistisches Ziel, sagt Joachim von Braun von der Welthungerhilfe. Dazu seien aber viele Innovationen und vor allem Investitionen nötig.
Weltweit hungern mehr als 800 Millionen Menschen, rund drei Milliarden können sich eine gesunde Ernährung schlicht nicht leisten. Nun wollen die Vereinten Nationen den Hunger innerhalb von neun Jahren wirksam bekämpfen. Dieses Ziel soll im September ein UN-Gipfel zum Ernährungssystem festschreiben, der derzeit in Italien vorbereitet wird.
Der Agrarökonom und Vizepräsident der Welthungerhilfe, Joachim von Braun, berät die UN wissenschaftlich. Den Hunger bis 2030 zu besiegen, hält er für realistisch, aber auch "ambitioniert" und "ethisch geboten".

Wo Innovationen gebraucht werden

Ob Produktion, Verarbeitung, Verbrauch oder auch Gesundheits- und Umweltwirkung: Innovationen seien überall notwendig, so von Braun. Sie müssten allerdings nicht nur global und technologisch gedacht, sondern mit traditionellem Wissen beispielsweise indigener Völker verknüpft werden:
  • Bewässerung: Kleinbauern brauchen Kleinbewässerungsanlagen, deren Pumpen solar betrieben sind. Tröpfchenbewässerung muss mit einfachen Methoden funktionieren.
  • Digitale Lösungen: Mit Blockchain können Landrechte und Kredite für Kleinbauern und die ländliche Bevölkerung abgesichert werden.
  • Pflanzenzüchtung: Das klimaschädliche CO2 muss aus der Luft "geerntet" werden, damit die Landwirtschaft "klimapositiv" wird. Denn rund 30 Prozent der Klimagase stammen aus der Land- und Ernährungswirtschaft.
  • Nachhaltige Bodennutzung: Böden müssen verstärkt mit Mikroben besiedelt werden, um die Ausbeutung der Natur zu reduzieren.
Viele der Maßnahmen gelten für Afrika wie Europa gleichermaßen, betont von Braun. Und das alles koste: Pro Jahr müssten circa 40 bis 50 Milliarden Euro mehr investiert werden, um dem Ziel "Ende des Hungers" bis 2030 näherzukommen.

Was die Politik leisten muss

Der Welternährungsgipfel muss sich nach Überzeugung des Agrarökonomen auch mit den bewaffneten Konflikten dieser Welt auseinandersetzen: Hunger in Krisen- und Kriegssituationen mache zehn bis 15 Prozent der Hungersnöte weltweit aus. "Dieser Gipfel muss einen Sinneswandel in Politik und Gesellschaft herbeiführen", fordert von Braun.
(bth)
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