Ins Fettnäpfchen treten …
Diesmal geht es um die Redensarten: Ins Fettnäpfchen treten, Mit allem Pipapo, Ich kenne doch meine Pappenheimer, Das ist mir Boogie, Eine ruhige Kugel schieben u.a.
Ins Fettnäpfchen treten
Ein unangenehmeres Gefühl lässt sich schwer denken, als das, wenn der Schuh in die weiche, schmalzige Masse sinkt: Scham hoch drei.
Zwei Erklärungen dafür gibt es, wobei die eine, dass im Erzgebirgischen bei der Tür immer ein Töpfchen Stiefelwichse stand, schon sehr überzeugt. Der Ort war praktisch, weil man daran erinnerte wurde, das damals doch teure Lederschuhwerk zu erhalten. Wer unachtsam die Stube betrat, konnte freilich hineingeraten und den Boden mit schwer zu entfernenden Flecken beschmutzen. Die zweite Erklärung geht davon aus, dass Speisefette bis zur Erfindung von billigen Ersatzstoffen wie Margarine teuer und entsprechend hoch geschätzt waren. Einen Fettnapf mit dem Schuh oder Fuß zu betreten, konnte also als unerhört im doppelten Sinne gelten: eine unglaubliche Unachtsamkeit und eine Frechheit, weil man das kostbare Gut verschüttete oder ungenießbar machte.
Mit allem Pipapo
Der liebenswerte Ausdruck bereichert unsere Sprache noch nicht besonders lang, wohl nur so gut hundert Jahre. Gemeint ist "mit allem drum und dran". Aber warum diese Kindersilbenversammlung. Nun, es liegt wahrscheinlich an dem Ausdruck "etc.pp.", was sich mit "das übrige und im Folgenden". Das "pp." schreibt man noch heute in wissenschaftlicher Literatur, wenn man darauf hinweisen will, dass man bei einem Quellenhinweis nicht nur eine Seite, sondern auch die folgenden meint. Es kürzt "perge, perge" ab. Der Hinweis "S. 16 pp." bedeutet also, dass man sich auf den Inhalt ab Seite 16 bezieht, also auch die nächsten Seiten. Dieser zusammenfassende Hinweis konnte sich in dem Abkürzungsgemengsel "etc.pp." halten. Im Berlinischen spielte man mit dem ausgesprochenen "pepe" ausgesprochen gern und kam dabei wohl auf die Klangsilbenfolge "pipapo", die ja noch einen ironisch-abschätzigen Nebensinn durch das "-po" bekommt.
Ich kenne doch meine Pappenheimer
Pappenheim ist ein netter Ort, aber um den geht es nur mittelbar, mehr um den Grafen von Pappenheim und sein berüchtigtes Regiment im Dreißigjährigen Krieg. Für die Verbreitung des Namens sorgte ein Klassiker.
Mal wieder zeigt sich die Fruchtbarkeit Schiller’scher Werke, denn es handelt sich um ein Geflügeltes Wort in vielen Varianten. Im Drama "Wallenstein" sagt der Feldherr: "Daran erkenn ich meine Pappenheimer". Er lobt damit öffentlich deren Mut und Treue und Kampfgeist. Dass er es selbst mit der Treue nicht so genau nimmt und die Pappenheimer dann auch nicht, merkt man zwar im Dramenverlauf, aber durchgesetzt hat sich das Kurzzitat als Ausdruck für die genaue und intime Kenntnis einer Person, einer Personengruppe, manchmal sogar einer Sache. Wie so oft schliff sich die Grundbedeutung durch Ironisierungen schnell ab, so dass man heute den Lobspruch als abschätziges Urteil hört. "Ich kenne meine Pappenheimer" heißt deshalb zumeist "Ich habe denjenigen oder diejenigen durchschaut, mir kann man nichts vormachen."
Das ist mir Boogie
Die schnelle Musik des Boogie-Woogie war in ihrer Entstehungszeit revolutionär, zumal beim Tanzen fast alles erlaubt war. Möglicherweise klingt dieses "anything goes" in der Redensart noch mit. Wahrscheinlicher ist, dass es sich um eine der vielen, vielen Varianten von "das ist mir Wurst" handelt. Dass die Wurst mit ihrem Gemengsel von Füllstoffen in Misskredit geraten konnte, leuchtet ein. Dass sie also "egal" bedeuten konnte, verwundert nicht. Bei "pipe" ist es ähnlich. Man piff gleichsam auf das Ding, um das es ging, es war also unwichtig. Auch hier erwies sich der Volksmund als kreativ und erweiterte in "piepegal" und "schnurzpiepegal". Dann gibt es noch "das ist mir schnuppe" oder "das ist mir Banane". Irgendwann konnte man an "das ist mir" fast alles anschließen, und das Gegenüber verstand doch den Sinn der Rede: "das ist mir egal". Selbst wenn es sich um "Boogie" handelte.
Eine ruhige Kugel schieben
Meine angeheiratete Großmutter freute sich mächtig, wenn sie zum "Kegelschieben" konnte. Natürlich meinte sie eigentlich "Kugelschieben", um die Kegel ins Wanken und Fallen zu bringen, noch genauer "Kugelwerfen", aber in der Mundart ist viel erlaubt. Vom Kegeln kommt jedenfalls die Redensart her. Es müssen allerdings Nichtkegler gewesen sein, die den Ausdruck "eine ruhige Kugel schieben" erfunden haben, denn anstrengend und Konzentration erfordernd ist dieser Sport schon. Von außen betrachtet freilich, sieht man Freizeitverhalten angenehmer Art. Man "schiebt" die Kugel, freut sich der Muße und lässt alles ruhig angehen, kurz "schiebt eine ruhige Kugel".
Ein Medikament schlägt an
Nun gut, der Hund schlägt an, der Terrorist plant einen Anschlag, aber die Medikamente? Es handelt sich ganz einfach um eine alte Bedeutungsvariante von "anschlagen", die man mit "nützen", "wirken", "sich als fruchtbar erweisen" umschreiben kann. Daher kommt der so wünschenswerte Anschlag pharmazeutischer Art.
Du rennst davon wie die Ratz vom Taubenschlag
Die Sprache lebt, verändert sich, am meisten dort, wo sie viel gebraucht wird. In diesem Redensarten-Fall hat sich ein wunderbares Durcheinander ergeben, das auch noch "Durcheinander", ein unordentliches Zimmer nämlich, beschreiben soll. Bekannt ist ja der Ausdruck "Hier geht’s zu wie in einem Taubenschlag". Klar, was gemeint ist: Dauernd kommt einer, dauernd geht einer. Um 1500 schon war der "Taubenschlag" aber auch gebräuchlich in Redensarten, um Durcheinander und Unordnung zu bezeichnen. Die Tauben selbst wiederum lockten unterschiedliche Betrachter an, darunter die Katzen, welche das Mausen so wenig lassen wie das Jagen nach anderer Speise. Wenn man sie dabei ertappte, war ein Strafgewitter nicht fern, weshalb sie lieber fortgingen mit unschuldiger Miene, als hätten sie nichts Böses im Sinn gehabt. Als Redensart für jemanden mit einem schlechten Gewissen bildete sich dementsprechend heraus: "Davonschleichen wie die Katz vom Taubenschlag". In der familiären Variante, die oben zu lesen ist, hat sich die "Katz" mit der sehr übel beleumundeten, aber gleichklingenden "Ratz" vermischt, obwohl die mit Schleichen nicht verbunden wird und schon gar nicht mit dem Taubenschlag.
Diese private Entwicklung einer Redensart gehört zu den vielen Beispielen für das Verwenden von Formeln, deren pragmatischer Sinn im Zusammenhang des Gesprächs so klar ist, dass ihr bis nahe an die Unverständlichkeit veränderter Wortsinn überhört wird.
Alles hat seine geweisten Schubsäcke
Manche Redensarten halten sich sehr lange. Diese hier stammt aus der frühen Neuzeit, als die weiten Taschen an Kleidungsstücken "Schubsäcke" hießen. In diesen konnte allerlei verborgen sein, Taschenspielertricks waren mit ihnen möglich, und so bildete sich eine redensartliche, übertragene Bedeutung "Hinterhalt" und "Tücke" aus. Das Wort "geweist" wurde als Partizip von "wissen" gedeutet, wohingegen die späteren Formen "geweißt" und "gewitzt" als Bemühungen angesehen werden, die Bedeutung zu verständlicher zu machen. Es geht aber um bewusste Tücke, die in allem stecken könnte, weshalb man jederzeit aufmerksam und vorsichtig sein muss.
Ein unangenehmeres Gefühl lässt sich schwer denken, als das, wenn der Schuh in die weiche, schmalzige Masse sinkt: Scham hoch drei.
Zwei Erklärungen dafür gibt es, wobei die eine, dass im Erzgebirgischen bei der Tür immer ein Töpfchen Stiefelwichse stand, schon sehr überzeugt. Der Ort war praktisch, weil man daran erinnerte wurde, das damals doch teure Lederschuhwerk zu erhalten. Wer unachtsam die Stube betrat, konnte freilich hineingeraten und den Boden mit schwer zu entfernenden Flecken beschmutzen. Die zweite Erklärung geht davon aus, dass Speisefette bis zur Erfindung von billigen Ersatzstoffen wie Margarine teuer und entsprechend hoch geschätzt waren. Einen Fettnapf mit dem Schuh oder Fuß zu betreten, konnte also als unerhört im doppelten Sinne gelten: eine unglaubliche Unachtsamkeit und eine Frechheit, weil man das kostbare Gut verschüttete oder ungenießbar machte.
Mit allem Pipapo
Der liebenswerte Ausdruck bereichert unsere Sprache noch nicht besonders lang, wohl nur so gut hundert Jahre. Gemeint ist "mit allem drum und dran". Aber warum diese Kindersilbenversammlung. Nun, es liegt wahrscheinlich an dem Ausdruck "etc.pp.", was sich mit "das übrige und im Folgenden". Das "pp." schreibt man noch heute in wissenschaftlicher Literatur, wenn man darauf hinweisen will, dass man bei einem Quellenhinweis nicht nur eine Seite, sondern auch die folgenden meint. Es kürzt "perge, perge" ab. Der Hinweis "S. 16 pp." bedeutet also, dass man sich auf den Inhalt ab Seite 16 bezieht, also auch die nächsten Seiten. Dieser zusammenfassende Hinweis konnte sich in dem Abkürzungsgemengsel "etc.pp." halten. Im Berlinischen spielte man mit dem ausgesprochenen "pepe" ausgesprochen gern und kam dabei wohl auf die Klangsilbenfolge "pipapo", die ja noch einen ironisch-abschätzigen Nebensinn durch das "-po" bekommt.
Ich kenne doch meine Pappenheimer
Pappenheim ist ein netter Ort, aber um den geht es nur mittelbar, mehr um den Grafen von Pappenheim und sein berüchtigtes Regiment im Dreißigjährigen Krieg. Für die Verbreitung des Namens sorgte ein Klassiker.
Mal wieder zeigt sich die Fruchtbarkeit Schiller’scher Werke, denn es handelt sich um ein Geflügeltes Wort in vielen Varianten. Im Drama "Wallenstein" sagt der Feldherr: "Daran erkenn ich meine Pappenheimer". Er lobt damit öffentlich deren Mut und Treue und Kampfgeist. Dass er es selbst mit der Treue nicht so genau nimmt und die Pappenheimer dann auch nicht, merkt man zwar im Dramenverlauf, aber durchgesetzt hat sich das Kurzzitat als Ausdruck für die genaue und intime Kenntnis einer Person, einer Personengruppe, manchmal sogar einer Sache. Wie so oft schliff sich die Grundbedeutung durch Ironisierungen schnell ab, so dass man heute den Lobspruch als abschätziges Urteil hört. "Ich kenne meine Pappenheimer" heißt deshalb zumeist "Ich habe denjenigen oder diejenigen durchschaut, mir kann man nichts vormachen."
Das ist mir Boogie
Die schnelle Musik des Boogie-Woogie war in ihrer Entstehungszeit revolutionär, zumal beim Tanzen fast alles erlaubt war. Möglicherweise klingt dieses "anything goes" in der Redensart noch mit. Wahrscheinlicher ist, dass es sich um eine der vielen, vielen Varianten von "das ist mir Wurst" handelt. Dass die Wurst mit ihrem Gemengsel von Füllstoffen in Misskredit geraten konnte, leuchtet ein. Dass sie also "egal" bedeuten konnte, verwundert nicht. Bei "pipe" ist es ähnlich. Man piff gleichsam auf das Ding, um das es ging, es war also unwichtig. Auch hier erwies sich der Volksmund als kreativ und erweiterte in "piepegal" und "schnurzpiepegal". Dann gibt es noch "das ist mir schnuppe" oder "das ist mir Banane". Irgendwann konnte man an "das ist mir" fast alles anschließen, und das Gegenüber verstand doch den Sinn der Rede: "das ist mir egal". Selbst wenn es sich um "Boogie" handelte.
Eine ruhige Kugel schieben
Meine angeheiratete Großmutter freute sich mächtig, wenn sie zum "Kegelschieben" konnte. Natürlich meinte sie eigentlich "Kugelschieben", um die Kegel ins Wanken und Fallen zu bringen, noch genauer "Kugelwerfen", aber in der Mundart ist viel erlaubt. Vom Kegeln kommt jedenfalls die Redensart her. Es müssen allerdings Nichtkegler gewesen sein, die den Ausdruck "eine ruhige Kugel schieben" erfunden haben, denn anstrengend und Konzentration erfordernd ist dieser Sport schon. Von außen betrachtet freilich, sieht man Freizeitverhalten angenehmer Art. Man "schiebt" die Kugel, freut sich der Muße und lässt alles ruhig angehen, kurz "schiebt eine ruhige Kugel".
Ein Medikament schlägt an
Nun gut, der Hund schlägt an, der Terrorist plant einen Anschlag, aber die Medikamente? Es handelt sich ganz einfach um eine alte Bedeutungsvariante von "anschlagen", die man mit "nützen", "wirken", "sich als fruchtbar erweisen" umschreiben kann. Daher kommt der so wünschenswerte Anschlag pharmazeutischer Art.
Du rennst davon wie die Ratz vom Taubenschlag
Die Sprache lebt, verändert sich, am meisten dort, wo sie viel gebraucht wird. In diesem Redensarten-Fall hat sich ein wunderbares Durcheinander ergeben, das auch noch "Durcheinander", ein unordentliches Zimmer nämlich, beschreiben soll. Bekannt ist ja der Ausdruck "Hier geht’s zu wie in einem Taubenschlag". Klar, was gemeint ist: Dauernd kommt einer, dauernd geht einer. Um 1500 schon war der "Taubenschlag" aber auch gebräuchlich in Redensarten, um Durcheinander und Unordnung zu bezeichnen. Die Tauben selbst wiederum lockten unterschiedliche Betrachter an, darunter die Katzen, welche das Mausen so wenig lassen wie das Jagen nach anderer Speise. Wenn man sie dabei ertappte, war ein Strafgewitter nicht fern, weshalb sie lieber fortgingen mit unschuldiger Miene, als hätten sie nichts Böses im Sinn gehabt. Als Redensart für jemanden mit einem schlechten Gewissen bildete sich dementsprechend heraus: "Davonschleichen wie die Katz vom Taubenschlag". In der familiären Variante, die oben zu lesen ist, hat sich die "Katz" mit der sehr übel beleumundeten, aber gleichklingenden "Ratz" vermischt, obwohl die mit Schleichen nicht verbunden wird und schon gar nicht mit dem Taubenschlag.
Diese private Entwicklung einer Redensart gehört zu den vielen Beispielen für das Verwenden von Formeln, deren pragmatischer Sinn im Zusammenhang des Gesprächs so klar ist, dass ihr bis nahe an die Unverständlichkeit veränderter Wortsinn überhört wird.
Alles hat seine geweisten Schubsäcke
Manche Redensarten halten sich sehr lange. Diese hier stammt aus der frühen Neuzeit, als die weiten Taschen an Kleidungsstücken "Schubsäcke" hießen. In diesen konnte allerlei verborgen sein, Taschenspielertricks waren mit ihnen möglich, und so bildete sich eine redensartliche, übertragene Bedeutung "Hinterhalt" und "Tücke" aus. Das Wort "geweist" wurde als Partizip von "wissen" gedeutet, wohingegen die späteren Formen "geweißt" und "gewitzt" als Bemühungen angesehen werden, die Bedeutung zu verständlicher zu machen. Es geht aber um bewusste Tücke, die in allem stecken könnte, weshalb man jederzeit aufmerksam und vorsichtig sein muss.