Literaturtipp
Tobias Rapp: Lost and Sound - Berlin, Techno und der Easyjetset
Suhrkamp Verlag 2009, 8,95 Euro
Wie Billigflieger die Ausgehkultur verändert haben
Veränderungen im Alltag der Westeuropäer durch Billigflieger: Angesichts der Insolvenz von Air Berlin hat der Journalist Tobias Rapp daran erinnert, dass sich die Fluglinie um die Hauptstadt und deren Ausgehkultur verdient gemacht habe.
Es werde ihm fehlen, dass Air Berlin die Hauptstadt schon in ihrem Schriftzug repräsentiert habe, sagte Tobias Rapp im Deutschlandfunk Kultur angesichts der Insolvenz der Fluglinie. "Es gibt keine großen Konzerne in Berlin, Air Berlin war sozusagen für die Repräsentanz der Hauptstadt doch auch ein Zeichen, das man auf Flughäfen überall auf der Welt gerne gesehen hat", so der Pop-Redakteur des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Die Airline habe eine kulturelle Praxis mit eingeführt, dass es zum normalen Alltag westlicher Bürger dazugehörte, dass man für moderate Preise von Stadt zu Stadt fliegen konnte: "Das wird so schnell nicht verschwinden, das ist Teil unseres Alltags geworden."
Verdienste für Berlin
Air Berlin habe 2003/2003 damit angefangen, europäische Städte zu verbinden. "Das war ja auch der Augenblick, als Berlin auf einmal auch attraktiv wurde für junge, kreative Leute aus Frankreich, aus England, aus Spanien, aus Italien." Wer ausgehen wollte oder ein Museum besuchen, habe einfach nach Berlin fliegen können, ohne dass das teuer oder kompliziert gewesen wäre. Früher hätten das nur reiche Leute tun können. "Das war der Jet Set, der früher für eine Party in eine andere Stadt fliegt, das war nicht der Normalverbraucher." Air Berlin und andere Billiganbieter hätten den Alltag der Westeuropäer ganz grundlegend verändert – ökologisch gesehen mit vielleicht weniger guten Auswirkungen. Aber mit Blick auf individuelle Freiheit, europäische Einigung und Bereicherung des kulturellen Lebens halte er dies für eine große Errungenschaft.
Hauptstadt des Scheiterns
Mit Blick auf den andauernden Skandal rund um den Flughafen BER und das befürchtete Ende von Air Berlin sagte Rapp, dass "Berlin die Hauptstadt des Scheiterns" sei. Es sei kein Ort wo die Dinge funktionierten.