Die Installation "Mafalda und Eternauta retten die Welt. Die kritische Kunst des argentinischen Comics" ist vom 11.11.2015 bis zum 17.1.2016 täglich ab 16 Uhr an der Fassade der Akademie der Künste am Pariser Platz in Berlin zu sehen.
Der kritische Geist des argentinischen Comics
Comic-Motive werden zurzeit an die Fassade der Akademie der Künste in Berlin projiziert. Von deren Präsidentin Jeanine Meerapfel stammt die Idee zur Installation: "Mafalda und Eternauta retten die Welt" zeigt den sozialkritischen und politischen Geist der Zeichner Argentiniens.
Es leuchtet an der Fassade der Akademie der Künste. In drei Reihen werden argentinische Comics projiziert. Auf einem Bild ist ein Junge mit wild abstehenden Haaren und großen traurigen Augen zu sehen. Er sagt: "Die Zukunft existiert nicht."
"Das ist eine düstere Figur von mir. Sie heißt Lukas. Lukas ist immer pessimistisch und traurig. Er mag niemanden. Aber aus ihm spricht die Zärtlichkeit des Düsteren."
Der argentinische Comic-Autor Miguel Repiso, kurz REP, ist zur Eröffnung der Installation nach Berlin gekommen:
"Da unten sehen wir eine meiner Reihen, an der ich oft gearbeitet habe: die sprechenden Bibliotheken. Die Bücher sprechen miteinander."
"Mein Thema ist die Freiheit", sagt ein Buch. "Ich spreche von der Freiheit", ruft ein anderes. "Ich auch", stimmen andere Bücher bei. Bis eines fragt: "Wieso sind wir dann so eingeengt?"
Ein aufmüpfiges Mädchen deutet die Welt
Jeanine Meerapfel, deutsch-argentinische Filmemacherin und Präsidentin der Akademie der Künste, hatte die Idee, "die kritische Kunst des argentinischen Comics" zu präsentieren. Meerapfel hat dafür unter anderem den berühmtesten argentinischen Comic ausgewählt: "Mafalda" von Quino.
Darin deutet ein aufmüpfiges und hochintelligentes Mädchen die Welt. Außerdem zu sehen sind Sequenzen aus "Eternauta", die Ende der 50er-Jahre von Héctor Germán Oesterheld erdachte Geschichte.
Jeanine Meerapfel: "'Eternauta' ist ein Science-Fiction, in dem Invasoren kommen, die die Welt übernehmen wollen. Und die Menschen müssen sich verteidigen und üben Solidarität und verteidigen sich gegen das Böse. Und das Böse in diesem Fall ist, tatsächlich, eine Allegorie für die Diktatur. Und insofern ist das ziemlich politisch."
Zwei Jahrzehnte, nachdem Oesterheld diese Geschichte des Widerstandes um die Figur des Juan Salvo entworfen hatte, putschte das Militär in Argentinien. Inspiriert von seinen vier Töchtern ging der Autor in den Untergrund. Rückblickend wirkt es, als hätte er seine eigene Geschichte vorausgesagt. Oesterhelds Töchter und er selbst wurden verschleppt und ermordet.
Miguel Repiso hat Oesterheld noch persönlich kennengelernt. Davon erzählte er bei der Eröffnungsveranstaltung in der Akademie:
"Wenn wir vom 'Eternauta' sprechen und von 'Charlie Hebdo', sprechen wir von zwei Tragödien und nicht nur von Comic-Geschichten. Der 'Eternauta' und 'Asterix' sind doch Metaphern für etwas, was man nicht auf andere Art sagen kann. 'Asterix' ist didaktisch, komisch, aber er ist doch auch eine Metapher für den französischen Widerstand unter de Gaulle gegen die Besatzung der Nazis. Und der 'Eternauta' ist auch eine Metapher für den Widerstand gegen den US-Imperialismus. Wer weiß, vielleicht haben die Kinder, die später in den militanten Untergrund gingen, schon durch die Lektüre des 'Eternauta' den Geist des Widerstandes entwickelt."
Die Akademiepräsidentin ist begeistert
"Schauen Sie sich so etwas mal an! Tango wird da getanzt. Und wie der das dekonstruiert, den Tango, in unterschiedlichen Bildern, das hat eine enorme Attraktivität, finde ich."
Jeanine Meerapfel ist begeistert von den projizierten, geradezu expressionistischen Zeichnungen von Hugo Pratt. Die Geschichte eines edlen, aber auch zynischen Piraten. In den 50er und auch 60er Jahren, als der europäische Comic mit "Tim und Struppi" noch in den Kinderschuhen steckte, gab es in Argentinien schon etliche brillant gezeichnete, kritische Comics für Erwachsene. Bis heute ist der argentinische Comic immer wieder sozialkritisch und vor allem politisch gewesen, meint Miguel Repiso:
"Natürlich ist das ein heftiges Erbe, diese Unterdrückung erlebt zu haben. Wir haben in Argentinien jetzt schon 33 Jahre eine Demokratie. Aber wir haben zwei Jahrhunderte der Gewalt geatmet, argentinische und lateinamerikanische Gewalt. Das hat Spuren in uns hinterlassen. Das steckt in 'Mafalda', in meiner Arbeit, im 'Eternauta'. Alles steckt drin: die Gewalt und die Liebe."