Ein Kunstdorf vor der Jahrhunderthalle in Bochum
"The Good, the Bad and the Ugly" heißt die Großinstallation des Ateliers Van Lieshout vor der Bochumer Jahrhunderthalle - die zentraler Festival-Treffpunkt der Ruhrtriennale 2015 sein wird. Neben Konzerten, Filmen und Lesungen gibt es gemeinsame Essen und eine Bar.
Das Gebilde sieht aus wie ein riesiges Organ. Ein gequetschtes Herz vielleicht, oder eine Leber. Beim genaueren Hinsehen entpuppt es sich als menschlicher Verdauungstrakt. Zunge, Speiseröhre und Dünndarm münden in einen überdimensionalen Dickdarm. Den man sogar betreten kann, um Katja Michel zu treffen, die künstlerische Projektleiterin:
"Ich werde hier sitzen die nächsten sechs Wochen und in erster Linie natürlich das Projekt betreuen aber nebenbei Anlaufstelle sein für alle Besucher, die Fragen haben, die interessiert sind, die mehr zu dem Projekt wissen wollen, die können jederzeit vorbei kommen und mir Fragen stellen."
Nicht nur Kunstwerke, sondern ganze Gebäude
"Bar Rectum" nennt sich diese begehbare Skulptur, die den Besuchern fröhlich den Anus entgegen streckt. Sie ist ein Teil der Installation "The Good, the Bad and the Ugly". Das niederländische Atelier van Lieshout hat den Platz vor der Bochumer Jahrhunderthalle nicht nur mit Kunstwerken vollgestellt, sondern ganze Gebäude aus Holz und Stahl errichtet.
Dramaturgin Dorothea Neweling zeigt das zentrale Haus, das Refektorium:
"Erst mal ist es ein Kunstdorf, ein Dorf aus diesen Kunstwerken, aber im Zentrum steht das Refektorium, wo die Menschen zusammen kommen sollen und hier etwas erleben sollen, sich kennenlernen sollen. Man isst gemeinsam, aber man liest auch gemeinsam, man guckt einer Performance zu und belebt dadurch das Dorf."
Im Refektorium laufen Lesungen, Filme, Konzerte, Diskussionen und Partys. An manchen Abenden ist einfach nur die Bar geöffnet. Allerdings hat dieser Raum keineswegs gemütlich eingerichtet. Hinten links schaut der Besucher in eine Waffenwerkstatt, von der Decke hängen menschenähnliche Puppen wie Schweinehälften im Schlachthaus.
Dorothea Neweling: "Gut und Böse gehört immer zusammen. Es gibt immer eine heitere und eine finstere Seite im Werk von van Lieshout. Und diese Menschen, die hier kopfüber, zerteilt, blank, von der Decke hängen, sind schon ziemlich schrecklich. Und die Waffenwerkstatt ist auch dazu da, eventuell müssen wir uns auch verteidigen."
Die Installation soll sich weiterentwickeln
Das Kunstdorf soll autark sein. In rostigen Silos sind die Toiletten untergebracht. Übernachten kann man zwar noch nicht, aber vielleicht im nächsten Jahr. Wie viele Projekte der Ruhrtriennale ist auch diese Installation auf drei Jahre angelegt und wird sich entwickeln. Besonders interessant ist ein klobiges Gebilde, das wie eine Lehmhöhle aussieht, das Hagioskop. Hier dürfen die Besucher nicht hinein:
"Man kann von außen reinschauen, wie es traditionell bei einem Hagioskop, einem Loch in der Wand der Kirche war, wo man von außen als Aussätziger oder als Frau mit einem unehelichen Kind an der Gemeinschaft teilnehmen konnte. Und hier kann man in dieses Hagioskop schauen. Man sieht eine Küche, einen Stall, eine kleine Werkstatt, eine Toilette. Es ist sozusagen die Urform des Wohnens."
Die Wände sind glatt und kühl, sie fühlen sich wie Kunststoff an. Allerdings kein gewöhnliches Plastik, wie Dorothea Neweling erzählt.
"Das Atelier van Lieshout hat ein spezielles Material entwickelt, ein glasfaserverstärktes Polyester, das sie im Lauf der letzten 20 Jahre immer weiter entwickelt haben, aus dem der Großteil der Kunstwerke ist. Es ist sehr hart, es ist wetterbeständig, aber auch sehr flexibel in der Bearbeitung."
"The Good, the Bad and the Ugly" hat witzige und verstörende Seiten. Eine Installation, die dem Besucher Widerstände entgegen setzt und ganz verschiedene Fantasien auslöst. Sie zeigt, dass es nicht allzu kuschelig zugehen soll bei dieser Ruhrtriennale.