Integrationsbeauftragte

    Erste Muslima in einem Bundeskabinett

    Aydan Özoguz
    Aydan Özoguz bei der Vorstellung der SPD-Minister © picture alliance / dpa / Hannibal Hanschke
    Sie war nicht in Steinbrücks Schattenkabinett und wollte nie "an allererster Stelle" Politikerin sein. Doch mit ihrem künftigen Job im Kanzleramt wagt sich Aydan Özoguz (SPD) aus der zweiten Reihe.
    Die Türkische Gemeinde in Deutschland begrüßt die Ernennung von Aydan Özoguz zur Integrationsbeauftragten der Bundesregierung als eine historische Entwicklung. "Wir finden es sehr positiv, dass jemand mit Migrationshintergrund jetzt zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik dem Kabinett angehört", sagte der Dachverbandsvorsitzende Kenan Kolat. "Noch besser wäre es gewesen, einem Migranten einen anderen Fachbereich als diesen zu geben." Er hoffe, Özoguz werde weiterhin mit vielen Menschen mit türkischem Hintergrund und den entsprechenden Organisationen sprechen.
    Die neue Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration hat stets deutlich gemacht, dass sie ihre Wurzeln nicht verleugnen, damit aber auch nicht hausieren gehen möchte. "Ich bin Deutsche, aber nicht seit meiner Geburt", sagt Özoguz. "Deutsch ist meine erste, aber nicht meine Muttersprache." Für die 1967 in Hamburg geborene Tochter türkischer Kaufleute waren die ausländerfeindlichen Anschläge von Mölln und Solingen prägende Erlebnisse.
    Scholz holte sie in die Politik
    Wie kam die studierte Anglistin zur Politik? Verheiratet ist sie mit dem Hamburger Innensenator Michael Neumann. Und ein anderer prominenter Genosse aus Hamburg habe sie, als sie Projektleiterin bei der Körber-Stiftung war, vor rund zehn Jahren angesprochen. Das war Olaf Scholz. "Der damals sagte: 'Mensch, Frau Özoguz!' Wir kannten uns ja noch nicht so richtig. 'Hätten Sie nicht mal Lust, bei uns mitzumachen? Und richtig aktiv Politik zu machen?'"
    Mit Aydan Özoguz gehört zum ersten Mal eine Muslima der Bundesregierung an. 1989 hatte sie die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Seit 2009 gehört sie dem Deutschen Bundestag an, sie war bislang Integrationsbeauftragte ihrer Fraktion. 2011 wurde Özoguz zur stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt; bei ihrer Wiederwahl 2013 verlor sie allerdings sechs Prozent Zustimmung.
    Balance zwischen Job und Familie
    Auch im Zusammenhang mit Peer Steinbrücks Schattenkabinett fiel ihr Name als mögliche Ministerin für Integration. Aber Özoguz winkte damals ab und sagte noch im Mai: "Man muss immer wieder aufpassen, dass diese Balance zwischen Politik und ja, auch Mutter sein, ein Stück weit auch noch gewahrt wird, und dass es auch nicht selbstverständlich ist zu sagen: Ja, an allererster Stelle bist du Politikerin, und das Kind kommt hinten dran." Nun aber lässt sie sich doch auf einen Top-Job in Berlin ein.
    "Ich bin außerordentlich froh, dass erstmals eine Frau mit türkischen Wurzeln am Kabinettstisch einer Bundesregierung sitzen wird", sagte Parteichef Sigmar Gabriel bei der Vorstellung der sozialdemokratischen Ministerriege. In den Koalitionsverhandlungen mit der Union hatte Özoguz vor allem den Doppelpass-Gegnern aus der CSU Paroli geboten. Özoguz folgt im Amt der Staatsministerin für Integration der CDU-Politikerin Maria Böhmer.
    Bei aller Zustimmung zu dieser Personalie mahnte die Türkische Gemeinde eine bessere Ausstattung der im Bundeskanzleramt angesiedelten Integrationsbeauftragten an. Bisher sei es ein symbolisches Amt ohne finanziellen Unterbau und Kompetenz zur Mitgestaltung von Gesetzen, sagte Kenan Kolat. Er regte an, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das bislang eine Behörde des Innenministeriums ist, bei der Beauftragten anzugliedern und Fachreferate aufzubauen.
    scr mit dpa, epd, AFP
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