Intelligente und überzeugende Aufführung
Roger Vontobel zeigt in Dresden keine Neudeutung der wohl meistgespielten deutschen Komödie. Aber "Der zerbrochne Krug" über die Geschichte des Dorfrichters Adam, der über einen Fehltritt zu Gericht sitzen muss, ist ungemein unterhaltsam und dramaturgisch intelligent inszeniert.
Große Inszenierungen und Neudeutungen hat uns das Kleistjahr nicht gebracht. Nun hat sich Roger Vontobel, der mit seinem Dresdner "Don Carlos" zum Theatertreffen eingeladen wurde, wieder am Staatsschauspiel Dresden, mit Kleists "Der zerbrochne Krug" an die wohl meistgespielte deutsche Komödie gewagt. Er zeigt keine Neudeutung des Stückes, aber doch eine spielerisch ungemein unterhaltsame und dramaturgisch intelligente, nur zweistündige Version der Geschichte vom Dorfrichter Adam, der über einen Fehltritt zu Gericht sitzen muss, den er selbst begangen hat und nun zu vertuschen sucht.
Zu Beginn erklingt ein frohes holländisches Volkslied: hinter einem Gazevorhang musizieren die Schauspieler, und Burkhart Klausner singt. Der auch von Film und Fernsehen bekannte Schauspieler spielt den Adam (er triumphierte schon in Vontobels "Don Carlos" als Philipp). Doch benutzt er die Rolle nicht (wie zum Beispiel Klaus Maria Brandauer in Peter Steins Inszenierung am Berlin Ensemble) für eine auftrumpfende Solonummer eines Großschauspielers, sondern fügt sich virtuos in ein bewegtes Ensemblespiel ein.
Das Bild der musizierenden Dorfgemeinschaft sagt: Hier gibt es eine intakte Gemeinschaft mit klaren Rollen und Regeln. Dann fällt (als Filmprojektion) der Krug vom Himmel und zerschellt, und für die Gerichtsverhandlung schieben sich zwei Bühnenteile zur alten und neuen Welt zusammen. Im schäbig-rümpeligen Zimmer mit defekten Rollos, einem alten Ofen und wackligen Tischchen gibt man zuerst seine Waffen ab.
Dann setzt man sich auf Kisten und Kästen und schenkt aus einem Kanister (wohl selbstgebrannten) Alkohol aus. Man kennt sich und wusste bisher, wie man miteinander umzugehen hatte. Doch nun kommt in diese heile, wenn auch nicht streitfreie Welt ein neuer Gerichtsrat, - eine Frau. Die Besetzung ist kein spekulativer Gag, sondern eine kluge dramaturgische Setzung. Denn wenn Sonja Beißwenger im schwarzen Kostüm über weißer Bluse durch Schmutz und Unordnung des Saales stöckelt, erscheint sie schon durch Aussehen und Geschlecht wie die personifizierte Moderne.
Die junge Gerichtsrätin arbeitet mit allen, auch fraulichen Mitteln, an der Installation moderner Verhandlungsformen und Techniken (zum Beispiel mit einer Videokamera). Und Burkhart Klaußners Dorfrichter sucht sich strahlend selbstsicher aufzublasen, isst, trinkt und setzt seine pointierten Sätze mit Genuss. Dabei versammelt er viele situative Verhaltensweisen in seiner milden Kämpferfigur. Jeder bekommt in dieser körpersprachlich kräftigen Inszenierung seinen aktionsreichen Auftritt: die Berichte von Marthe Rull und Veit Tümpel über die Ereignisse in Eves Zimmer sind urkomisch wilde Nachspiele der Situationen, bei denen Dinge und Menschen durch den Raum fliegen.
Eve ist ein selbstbewusstes Mädchen, das dem Richter auch mal voll Wut eine Ohrfeige gibt. Wenn der Richter am Schluss geflohen ist, bleibt alles offen. Meint die Gerichtsrätin es gut oder wird alles nur wieder vertuscht? Die Behauptung des Dramaturgen im Programmheft, diese Inszenierung ziele auch auf aktuelle politische Vertuschungen in Sachsen wie im ganzen Lande, löst die Inszenierung allerdings nicht ein. Immerhin: wir haben uns von einer intelligenten und spielerisch überzeugenden Inszenierung gut unterhalten lassen.
Zu Beginn erklingt ein frohes holländisches Volkslied: hinter einem Gazevorhang musizieren die Schauspieler, und Burkhart Klausner singt. Der auch von Film und Fernsehen bekannte Schauspieler spielt den Adam (er triumphierte schon in Vontobels "Don Carlos" als Philipp). Doch benutzt er die Rolle nicht (wie zum Beispiel Klaus Maria Brandauer in Peter Steins Inszenierung am Berlin Ensemble) für eine auftrumpfende Solonummer eines Großschauspielers, sondern fügt sich virtuos in ein bewegtes Ensemblespiel ein.
Das Bild der musizierenden Dorfgemeinschaft sagt: Hier gibt es eine intakte Gemeinschaft mit klaren Rollen und Regeln. Dann fällt (als Filmprojektion) der Krug vom Himmel und zerschellt, und für die Gerichtsverhandlung schieben sich zwei Bühnenteile zur alten und neuen Welt zusammen. Im schäbig-rümpeligen Zimmer mit defekten Rollos, einem alten Ofen und wackligen Tischchen gibt man zuerst seine Waffen ab.
Dann setzt man sich auf Kisten und Kästen und schenkt aus einem Kanister (wohl selbstgebrannten) Alkohol aus. Man kennt sich und wusste bisher, wie man miteinander umzugehen hatte. Doch nun kommt in diese heile, wenn auch nicht streitfreie Welt ein neuer Gerichtsrat, - eine Frau. Die Besetzung ist kein spekulativer Gag, sondern eine kluge dramaturgische Setzung. Denn wenn Sonja Beißwenger im schwarzen Kostüm über weißer Bluse durch Schmutz und Unordnung des Saales stöckelt, erscheint sie schon durch Aussehen und Geschlecht wie die personifizierte Moderne.
Die junge Gerichtsrätin arbeitet mit allen, auch fraulichen Mitteln, an der Installation moderner Verhandlungsformen und Techniken (zum Beispiel mit einer Videokamera). Und Burkhart Klaußners Dorfrichter sucht sich strahlend selbstsicher aufzublasen, isst, trinkt und setzt seine pointierten Sätze mit Genuss. Dabei versammelt er viele situative Verhaltensweisen in seiner milden Kämpferfigur. Jeder bekommt in dieser körpersprachlich kräftigen Inszenierung seinen aktionsreichen Auftritt: die Berichte von Marthe Rull und Veit Tümpel über die Ereignisse in Eves Zimmer sind urkomisch wilde Nachspiele der Situationen, bei denen Dinge und Menschen durch den Raum fliegen.
Eve ist ein selbstbewusstes Mädchen, das dem Richter auch mal voll Wut eine Ohrfeige gibt. Wenn der Richter am Schluss geflohen ist, bleibt alles offen. Meint die Gerichtsrätin es gut oder wird alles nur wieder vertuscht? Die Behauptung des Dramaturgen im Programmheft, diese Inszenierung ziele auch auf aktuelle politische Vertuschungen in Sachsen wie im ganzen Lande, löst die Inszenierung allerdings nicht ein. Immerhin: wir haben uns von einer intelligenten und spielerisch überzeugenden Inszenierung gut unterhalten lassen.