Intendant Florian Fiedler

Neustart in Oberhausen − mit Gehaltsverzicht

Das Theater Oberhausen aufgenommen am 18.02.2012 in Oberhausen.
Oberhausen © dpa / Caroline Seidel
Florian Fiedler im Gespräch mit Susanne Burkhardt |
Um Mitarbeitern mehr bezahlen zu können als die mageren Einstiegsgehälter, kürzte der neue Intendant des Oberhausener Theaters erst einmal sein eigenes Gehalt. Auch sonst will Florian Fiedler einiges anders machen.
"Palermo des Nordens" hat der neue Intendant Florian Fiedler Oberhausen genannt – wegen der "sizilianischen Herzenswärme", auf die er dort getroffen ist. Der jüngste der Ruhrgebiets-Theaterleiter hat das Haus in dieser Spielzeit übernommen – davor war er Leiter der Experimentalbühne des Schauspiel Frankfurt und Chef des Jungen Schauspiels Hannover. Sein Vorgänger in Oberhausen, Peter Carp, hat das Haus überregional bekannt gemacht. Florian Fiedler ist angetreten, um an den Erfolg anzuknüpfen – aber auch, um einiges anders zu machen.

Kooperation mit lokalen Initiativen

So traf er sich in Vorbereitung auf seine Intendanz zu Gesprächen mit lokalen Initiativen, migrantischen Communitys, Schulen und Künstlerkollektive, bringt in der "theater.faktorei" Laien mit Profi-Schauspielern zusammen und hebt die Hierarchie auf zwischen Erwachsenen- und Kinder- und Jugendtheater. Eine Idee, die er aus Hannover mitbringt:
"Das hatte was mit der Haltung von Ole Walburg zu tun. Ich glaube, das ist vielleicht auch eine Spätfolge meines gesamten Theaterverständnisses oder wie ich aufgewachsen bin. […] Generell sind wir gegen diese Art von Abgrenzung und Hierarchisierung, also so zu sagen 'Wir machen das Flüchtlingsprojekt' oder wir machen das 'Ältere-Frauen-die-Krebs-haben-Projekt', sondern wirklich alle sollen eingeladen werden mitzumachen.
Und durchaus ist es ja so, gerade wenn man sich wie ich viele Jugendclubs und Laientheater anguckt, das ist gar nicht so selten, dass da Aufführungen die da rauskommen, die interessanter und spannender sind als manches professionelles Theater."

Gehaltsverzicht aus Gerechtigkeitssinn

Zu Beginn seiner Intendanz hat Florian Fiedler ein deutliches Zeichen gesetzt: Er kürzte sein eigenes Gehalt – um Mitarbeitern die mageren Einstiegsgehälter zu erhöhen. Frauen und Männer werden bei ihm gleich bezahlt. Die Reaktionen in der Theaterszene? Das Ensemble Netzwerk, mit dem Fiedler zusammen arbeitet, und dass sich für bessere Arbeitsbedingungen von SchauspielerInnen einsetzt, begrüsste diesen Schritt natürlich – wie auch einige Intendanten.
"Aber ich glaube dass die, die Angst um ihre eigenen Pfründe haben oder dass sie jetzt auch was abgeben müssten – die melden sich natürlich nicht. Ich bin aber auch noch nicht so ganz in diesen Intendanten-Netzwerken drin."
Bislang war Fiedler das "Netzwerken in der Stadt" wichtiger. Fiedler ist ein Fan des Gruppengedankens. Früher hat er Demos organisiert und sein Publikum auch mal ins Wendland kutschiert. Da hieß es auch, sein Theater sei eine Art "Nachwuchscamp für angehende Demonstranten".

Angstfrei Arbeiten – ohne hierarchische und patriarchale Strukturen

Auch in Oberhausen hat er sich mit seinem gesamten Dramaturgie-Team beworben – für ihn ist es "selbstverständlich", dass ein Stadttheater-Ensemble interkulturell aufgestellt sein sollte, wie die Gesellschaft selbst. Für ihn ist klar, dass sich im Theater noch viel ändern muss:
"Wir habe eine Utopie, von dem wie wir uns Theatermachen und Zusammenarbeiten vorstellen, dass das Abschaffen hierarchischer und patriarchaler Strukturen dazu führt, dass die Leute angstfreier arbeiten, dass wir miteinander arbeiten, dass man sich in die Augen gucken kann und ich glaube, dass das im Ergebnis und in der Arbeit zu sehr viel schöneren Früchten führen wird."
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