Wie das Berliner Ensemble die Coronakrise angeht
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Der Intendant des Berliner Ensembles, Oliver Reese, sieht sein Haus gut gewappnet gegen Corona und die Folgeerscheinungen. Kurzarbeit sorgt für ein vergleichsweise geringes Defizit - und in der neuen Saison wird auf "körperlich vitales Theater" verzichtet.
Am 4. September soll die neue Saison am Berliner Ensemble beginnen – unter Corona-Bedingungen und vorausgesetzt, dass Theater in der Hauptstadt dann wieder öffnen dürfen. Dafür wurden inzwischen Sitzreihen ausgebaut, die Schauspielerinnen und Schauspieler sollen auf der Bühne Abstand halten.
Körperlich vitales Theater könne unter Corona-Bedingungen natürlich nicht stattfinden, sagt Oliver Reese, der Intendant des Berliner Ensembles. Doch Reese mag darin keinen Eingriff in die Freiheit der Kunst erkennen. Ganz im Gegenteil, es komme auf die Betrachtungsweise an, sagt er. Denn man habe nun die Freiheit, "die Stücke, die man spielen kann, auch besten Gewissens zu spielen".
Hohe Einnahmenausfälle
Olga Grjasnowas "Gott ist nicht schüchtern" ist ein solches Stück. Mit diesem soll die neue Saison im September eingeläutet werden. Geschildert wird eine doppelte Fluchtbewegung von zwei Menschen, die sich nur peripher an zwei Punkten begegnen. Oder Ferdinand von Schirachs Debattendrama "Gott" über Sterbehilfe, das am 10. September uraufgeführt werden soll. Im dem Stück gebe es keine Schläge und auch keine Küsse, erklärt Reese. Es sei also auch unter erschwerten Bedingungen inszenierbar.
Alles in allem sieht der Intendant sein Theater gut gewappnet für die Krise - trotz des Umstands, dass es sich beim Berliner Ensemble um ein Privattheater handelt. Vielleicht aber auch gerade deswegen: Denn dadurch habe er Kurzarbeit für seine Angestellten beantragen können, sagt Reese: "Das ist eigentlich die einzige Chance, finanziell ein nicht so riesiges Defizit am Ende des Wirtschaftsjahres anzumelden."
Berlins Privattheater sind gefährdet
Andere Berliner Privattheater wie die Komödie am Kurfürstendamm, das Renaissance-Theater oder die Theater der Stage Holding indes seien viel stärker von der Krise betroffen, sagt Reese, weil sie kaum staatliche Unterstützung erhielten - anders als sein Theater - und deswegen noch in weit größerem Ausmaß auf Einnahmen angewiesen seien.
"Fatal wäre, wenn das Ganze auch 2021 weiterginge", sagt Reese. "Denn dann wird es mit der Kurzarbeit irgendwann vorbei sein, weil das Theater ja immer mehr zum normalen Spielbetrieb kommen muss." Das wage er sich nicht vorzustellen, so Reese.
(ckr)