Intendant Ulrich Khuon über den Wahlkampf

Was für ein Theater!

06:24 Minuten
Helmut Kohl wird bei einer Veranstaltung in Halle bedrängt und mit Eiern beworfen.
"Nicht unsympathisch" fand unser Gast Ulrich Khuon, dass Helmut Kohl "auch mal ausgeflippt ist". © picture alliance / Associated Press / Hansi Krauss
Ulrich Khuon im Gespräch mit Axel Rahmlow |
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Ob Triell oder Wahlarena: Im Wahlkampf geht es auch immer um Inszenierung, meint Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters. Die "permanente Pseudo-Entspanntheit" im Politbetrieb findet er langweilig – und gibt Tipps, wie es besser geht.
In der sogenannten Wahlarena stehen Politikerinnen und Politiker einzeln den Bürgerinnen und Bürgern Rede und Antwort. Im Triell haben Kandidaten und Kandidatinnen hingegen die Möglichkeit, auch auf den politischen Gegner einzugehen. Was ist für den Theatermacher Ulrich Khuon die spannendere Variante, was würde er lieber inszenieren?
"Wahrscheinlich ist das Triell interessanter, weil die Figuren direkt aufeinanderprallen", sagt der Intendant des Deutschen Theaters Berlin. Baerbock, Laschet und Scholz: Die beiden Kanzlerkandidaten und die -kandidatin seien momentan in sehr unterschiedlichen Lagen: "Zwei werden permanent demontiert, der dritte hat eine wundersame Auferstehung erlebt und bewegt sich in einer Höhe, die er so im Bund noch nie erlebt hat."

Witzig und schlagfertig sein ist gut

Das sei eine gute Ausgangssituation, um zu zeigen: "Hier wird etwas existenziell klar." Politiker müssten einerseits für eine Haltung stehen, gleichzeitig erwarte man Souveränität: Sie sollen nicht aus der Ruhe zu bringen, immer cool sein, wissen, was als Nächstes passiert.
Bei der Dreier-Runde sei "inszenatorisch interessant, dass da ein Kampf stattfindet", sagt Khuon. Angriffslust zeigen, nach vorne zu gehen, das sei richtig. Die "permanente Pseudo-Entspanntheit" von Politikern sei langweilig. Es sei spannender, wenn sich jemand aus der Reserve locken lasse.
Politiker würden jahrelang üben, nicht emotional zu werden, meint der Theatermacher. Doch warum nicht "auch mal witzig, mal schlagfertig, mal aggressiv" sein, wenn etwa ein Corona-Leugner aus dem Publikum dazwischen schreit? "Da wird mehr sichtbar", sagt Khuon. Ihm sei es "nicht unsympathisch" gewesen, als Helmut Kohl einst einen Demonstranten am Revers packte. "Man hat auch mal das Recht, auszuflippen."

"Wir sind nicht endlos beschimpfbar"

"Wir sind nicht endlos beschimpfbar, bespuckbar, wir sind auch keine Wand, an die man Eier schmeißt", betont Khuon. Es gehe auch für Politikerinnen und Politiker darum, so viel wie möglich "vom eigenen existenziellen Duktus" zu zeigen: "Wir kommen um uns selber als Personen nicht rum, die anderen müssen mich spüren, nicht nur meine Argumente."
(ros)
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