Internationale Branchen-Gewerkschaft

Spiele-Entwickler aller Länder, vereinigt Euch!

Zeichnung einer Frau, die raucht und nachts vor ihrem Computer sitzt.
Entwickler von Computerspielen arbeiten häufig unkonventionell. Aber gegen die Praxis vieler Firmen, unbezahlte Überstunden zu erwarten, formiert sich Widerstand. © imago/Ikon Images
Marijam Didžgalvytė im Gespräch mit Shanli Anwar · 23.10.2018
In einer für unkonventionelle Arbeitsbedingungen bekannten Branche soll etwas Traditionelles entstehen: Die erste Gewerkschaft für Spiele-Entwickler. Die Gründe dafür lassen sich an der Diskussion über den Blockbuster "Red Dead Redemption 2" erkennen.
Ende der Woche erscheint einer der größten Blockbuster des Jahres unter den Computerspielen, das Western-Epos "Red Dead Redemption 2". 1200 Schauspieler und Schauspielerinnen sind an seiner Entstehung beteiligt gewesen, das Budget hat mehrere Millionen Dollar betragen. Nun steht die Entwicklerfirma Rockstar Games, bekannt etwa durch die Serie Grand Theft Auto, wegen ihrer Arbeitsbedingungen in der Kritik. Denn ihr Gründer Dan Houser Houser sprach davon, dass die Entwickler zuletzt bis zu 100 Stunden pro Woche gearbeitet hätten.
Für die Journalistin und Branchen-Expertin Marijam Didžgalvytė ist das keine Überraschung. "Leider ist Rockstar bekannt für diese 'Crunch'-Beschäftigung", sagte sie im Interview mit Deutschlandfunk Kultur. Die Firma nutze die generelle Arbeitsweise der Branche - kurz vor Ende eines Projektes zahlreiche unbezahlte Überstunden zu erwarten - aus. Didžgalvytė spricht von einer "Kultur der Überstunden", die nicht nur die Chefentwickler betreffe – anders als von Rockstar dargestellt. "Teilweise lassen die Leute sich das auch gefallen, weil es ja so etwas tolles ist, in so einer Branche zu arbeiten." Teilweise nutzten Unternehmen diese Bereitschaft aber auch aus.

Druck auf die Firmen soll über die Kunden kommen

Als Antwort auf Zustände wie diese hat Didžgalvytė mit anderen die Initiative "Game Workers Unite" ins Leben gerufen. Hier hätten sich Branchenmitarbeiter aus vielen Ländern zusammengeschlossen. In Großbritannien will sie dieses Jahr die erste Gewerkschaft für Spiele-Entwickler gründen. Erstmals könne so rechtlich Druck auf Spielefirmen aufgebaut werden. Die größte Druckmöglichkeit sieht Didžgalvytė über die Nutzer. Sogenannte Influencer beispielsweise könnten zu Boykotts aufrufen. "Die Kundschaft ist komplett digital, da haben wir Unterstützer."
Und noch ein weiteres Ziel haben Didžgalvytė und ihre Mitstreiter: Jüngere Kollegen sollen von der Organisation Gewerkschaft begeistert werden. "Bei jungen Leuten haben Gewerkschaften keinen guten Ruf mehr." Also gelte es, sie über Treffen und Aktionen zu überzeugen.

(ske)
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