Bis zum 21. August im Innenhof der Universität Bonn: www.internationale-stummfilmtage.de
Altbekannte Helden neu entdecken
Trotz Dauerregen kamen hunderte Zuschauer in den Innenhof der Universität Bonn: Die Internationalen Stummfilmtage sind mittlerweile eine echte Institution. Und sie zeigen in diesem Jahr abstruse Ideen, das erste "It-Girl" und einen Film, der "Film" heißt.
Mühelos klettert er Hauswände hoch und rettet die Liebste nach einem Dammbruch aus den Fluten. So kennen Filmfans Douglas Fairbanks, den Star des Abenteuerkinos aus den zwanziger Jahren. Doch der Film "Fairbanks ist verrückt", mit dem die Bonner Stummfilmtage begannen, ist eine Komödie.
Unbekannte Seiten großer Legenden zu entdecken, ist ein roter Faden im Programm dieses Jahres. Fairbanks begann als Komiker. In "Fairbanks ist verrückt" – Originaltitel "When the Clouds roll by" – versucht ihn ein Arzt im Dienste der Wissenschaft in den Wahnsinn zu treiben. Regisseur Victor Fleming, der später "Vom Winde verweht" und den "Zauberer von Oz" drehte, hatte viele hinreißend abstruse Ideen. Gleich zu Beginn schaut der Film in den Bauch von Douglas Fairbanks, wo eine Zwiebel mit anderen Nahrungsmitteln tanzt. Später geht der Blick der Kamera ins Hirn. Die Vernunft in Gestalt einer jungen Frau wird vom Thron gestürzt und beinahe durch die teuflische Verzweiflung vernichtet.
Vorahnung der Luftkriege
Trotz aller psychischen Gefährdungen bleibt Fairbanks eindeutig ein Held, der mit körperlicher Kraft und Gewandtheit alle Bedrohungen meistert. Der Weg zum Supermann der Stummfilmära ist vorgezeichnet. Bei Buster Keaton schauen die Stummfilmtage nicht auf seine frühen Werke, sondern auf einen späten Film. Kurz vor seinem Tod drehte Keaton nach einem Drehbuch von Samuel Beckett einen Film, der einfach "Film" heißt. Zu Beginn steht eine Nahaufnahme von Keatons Auge. Danach sieht man ihn kurz vor Schluss nur von hinten. Er versucht, alles zu eliminieren, was ihm das Gefühl gibt, angeschaut zu werden. Eine starke, philosophische Reflexion des Kinos selbst.
Einer der ältesten Filme des Programms ist der Science-Fiction-Kurzfilm "Der Luftkrieg der Zukunft". Eine Art Zeppelin greift an. Erst wirken die einschlagenden Bomben eher niedlich. Ein bisschen Rauch steigt auf, das war's. Doch wenn sie treffen, wackeln Häuser, schließlich liegen Leichen auf dem Boden. 1909 ist dieser britische Film entstanden, auf naive Weise entwickelt er eine Vorahnung der grauenvollen Luftkriege, die bald folgen sollten.
Bekannte Stummfilmpianisten sind dabei
Und natürlich gibt es in diesem Festival – wie häufig im Stummfilm – wieder eine Menge starker Frauen. Clara Bow zum Beispiel, die 1927 mit dem Film "It" den Begriff des "It-Girls" prägte. In Bonn wird der Film gezeigt, mit dem sie bekannt wurde. In "Mantrap" fängt sie ein wuchtiges Männer-Landei und behält stets die Kontrolle. Der deutsche Titel lautet übrigens "Der Weiberfeind". "Männerfalle" trifft es aber besser.
Auch wenn der Eröffnungsabend von Dauerregen heimgesucht wurde, kamen 600 Zuschauer. Die Stummfilmtage sind längst etabliert. Der Eintritt ist frei, es gibt immer Livemusik. Bekannte Stummfilmpianisten wie Joachim Bärenz sind dabei, aber auch kleine Ensembles und ein Perkussionist.