Die Ärmsten machen den Dreck weg
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Wer sich mit dem globalen Verbleib von Giftmüll beschäftigt, lernt auch viel über unsere Vergangenheit. Denn der exportierte Dreck folgt kolonialen Handelsrouten, erläutert die Historikerin Simone Müller.
Die Entsorgung von Gift- oder Sondermüll ist oft sehr teuer. Billiger ist es, ihn in andere Länder zu bringen. "Müll ist kolonial", sagt die Historikerin Simone Müller, die an der Ludwig-Maximilians-Universität München den internationalen Handel mit Giftmüll erforscht.
Die ehemals kolonialen Handelsströme werden im Giftmüllhandel reproduziert, hat sie herausgefunden. Der giftige Müll und Elektroschrott der US-Amerikaner werde vorwiegend in den Karibikraum und nach Lateinamerika exportiert, berichtet Müller. Europa bringt seinen Müll nach Afrika oder in osteuropäische Länder.
Diskussion über "Müll-Imperialismus"
Das Thema Giftmüllhandel hatte besonders in den 1990er-Jahren Konjunktur, so Müller. Die Afrikanische Union und Greenpeace hätten damals eine internationale Diskussion über den "Müll-Imperialismus" angestoßen. Diese habe dann zum "Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung" geführt.
Es gab damals viel moralische Entrüstung über den Giftmüll-Handel. Die sei dann abgeflaut - habe in den letzten Jahren aber wieder zugenommen: "Weil man feststellt, dass über das Basler Abkommen der 'Handel' reguliert wird, aber er einfach unter anderen Vorzeichen weitergeführt wird. Das, was man früher Entsorgung nannte, nennt man heute Recycling."
(ahe)