Internationaler Literaturpreis Berlin

Literarische Entdeckungsreise

Der israelische Schriftsteller und Journalist Amos Oz am 20. März 2013 während der Verleihung einer Ehrendoktorwürde an der Universität von Lodz in Polen.
Prominentester Autor auf der diesjährigen Shortlist: der israelische Schriftsteller Amos Oz. © Imago / Eastnews
Jörg Plath im Gespräch mit Joachim Scholl |
Am Montag wurde die Shortlist des diesjährigen Internationalen Literaturpreises Berlin veröffentlicht. Darauf literarische Neuentdeckungen aus aller Welt und ein Altbekannter: Amoz Oz.
Nach dem Vorbild des Man Booker International Prize ehrt der Internationale Literaturpreis Berlin jedes Jahr einen herausragenden Titel internationaler Gegenwartsliteraturen in deutscher Erstübersetzung. Er sei eine "Entdeckungsreise in unbekannte literarische Gegenden", sagt Jurymitglied Jörg Plath. Es gehe um "herausragende Bücher, die in anderen Sprachen, auf anderen Kontinenten, anderen Ländern geschrieben worden sind, die auch übersetzt worden sind, ebenfalls herausragend, aber möglicherweise zu wenig Aufmerksamkeit finden".
Kindheit und Genozid als Schwerpunktthemen
Auf der am Montagvormittag veröffentlichten Shortlist finden sich sowohl Prominenz wie der israelische Schriftsteller Amos Oz mit "Judas" als auch literarische Neuentdeckungen. So habe etwa Gilbert Gatore mit "Das lärmende Schweigen" den wohl ersten Roman über den Völkermord in Ruanda vorgelegt, sagt Jörg Plath. Ebenfalls vom Völkermord handelt Daša Drndićs "Sonnenschein", der das Tabuthema Holocaust in Kroatien aufgreift.
Zwei der sechs Bücher auf der Shortlist thematisieren Kindheit:
"NoViolet Bulawayo in 'Wir brauchen neue Namen' macht das sehr frisch, sehr keck, auch so übersetzt von Miriam Mandelkow, von einer Kindheit in Simbabwe und einer Jugend in den USA".
Eine Geschichte von Paradies und Vertreibung, die natürlich nicht gut ausgehe, so Plath. Ganz ähnlich erzähle die Ungarin Krisztina Tóth in "Aquarium" vom Aufwachsen eines Pflegekindes in einer armen jüdischen Familie der Nachkriegszeit. Trotz des bitteren Stoffes werde die Geschichte "voller Absurditäten und Skurrilitäten erzählt".
Prominenz wird wohl nicht das Rennen machen
Vermutlich schwer dürfte es Amos Oz' "Judas" haben, da Mirjam Pressler für ihre "Judas"-Übersetzung bereits den Preis der Leipziger Buchmesse bekommen habe. Genauso das sechste nominierte Buch "Die Spur des Anderen" von Patrick Chamoiseau, da sowohl die Übersetzerin Beate Thill als auch der Verlag Wunderhorn bereits im vergangenen Jahr mit dem Internationalen Literaturpreis Berlin ausgezeichnet worden seien.
"Nun müssen wir einfach mal sehen, ob es denn immer der Teufel ist, der den großen Haufen bevorzugt."
Beim Internationalen Literaturpreis Berlin werden sowohl die Autoren als auch die jeweiligen Übersetzer geehrt. Der Preis ist mit 25.000 Euro für den Autor und 10.000 Euro für den Übersetzer dotiert und wird vom Haus der Kulturen der Welt und der Stiftung Elementarteilchen verliehen. Die diesjährige Preisverleihung findet am 8. Juli in Berlin statt.

Die Titel der Shortlist:
NoViolet Bulawayo | Miriam Mandelkow
Wir brauchen neue Namen
Englisch: We Need New Names
Suhrkamp Verlag 2014 | Chatto & Windus, London / Little, Brown and Company, New York 2013
Patrick Chamoiseau | Beate Thill
Die Spur des Anderen
Französisch: L'empreinte à Crusoé
Verlag Das Wunderhorn 2014 | Éditions Gallimard, Paris 2012
Daša Drndić | Brigitte Döbert & Blanka Stipetić
Sonnenschein
Kroatisch: Sonnenschein
Hoffmann und Campe 2015 | Fraktura, Zaprešić 2007
Gilbert Gatore | Katja Meintel
Das lärmende Schweigen
Französisch: Le Passé devant soi
Horlemann Verlag 2014 | Phébus, Paris 2008
Amos Oz | Mirjam Pressler
Judas
Hebräisch: Habesora al pi Jehuda
Suhrkamp Verlag 2015 | Keter, Jerusalem 2014
Krisztina Tóth | György Buda
Aquarium
Ungarisch: Akvárium
Nischen Verlag 2015 | Magvető Kiadó, Budapest 2013