Umsonst und drinnen
Am Internationalen Museumstag an diesem Sonntag beteiligen sich etwa 1800 deutsche Ausstellungshäuser. Sonderaktionen und freier Eintritt sollen auch Menschen anlocken, die sonst nicht ins Museum gehen, sagt Eckart Köhne, Präsident des Deutschen Museumsbundes.
"Museum. Gesellschaft. Zukunft" - das ist das Motto des 38. Internationalen Museumstages am 17. Mai. In Deutschland laden etwa 1800 Ausstellungshäuser an diesem Tag zu Museumsfesten, besonderen Aktionen oder einfach nur zu freiem Eintritt ein. Damit wollen sie zeigen, wie sie unser kulturelles Erbe vermitteln - und sie wollen auch Menschen ansprechen, die sonst eher "museumsfern" sind.
Der Eintrittspreis ist die erste Barriere
Da kann freier Eintritt eine Hilfe sein, meint der Präsident des Deutschen Museumsbundes und Direktor des Badischen Landesmuseums, Eckart Köhne. "Wir reden ja immer übers barrierefreie Museum und vielfach ist die erste Barriere eben ein Eintrittspreis." Aber auch freier Eintritt führe nicht alle ins Museum: "Ein Grundinteresse für Kultur muss schon da sein."
Gleichzeitig warnt Köhne vor im Ausland populären Modellen der Museumsfinanzierung über Sponsoring oder Public Private Partnerships. Dadurch gerieten Museen in eine "gewisse Abhängigkeit", da der Förderer dann auch bestimmen könne, was das Museum machen solle. "Ich freue mich sehr, dass es in Deutschland nach wie vor Konsens ist, dass diese grundlegenden Entscheidungen darüber bei uns von den Trägern getroffen werden, und das sind ja demokratisch legitimierte Einrichtungen, eben Kommunen und Länder und Kreise und so etwas."
Das Interview im Wortlaut:
Ute Welty: Allein im Museum werden Sie morgen auf keinen Fall sein, zumindest nicht allein in den Museen, die sich am Internationalen Museumstag beteiligen. Für etwa 1.800 Ausstellungshäuser heißt das freier Eintritt unter dem Motto "Museum, Gesellschaft, Zukunft". Da kommen womöglich auch Menschen, die mit Kunst vielleicht gar nicht so viel sonst am Hut haben.
Freier Eintritt im Museum? Das klingt erst mal super, aber dass auch dieses Thema Licht- und Schattenseiten hat, das habe ich mit dem Präsidenten des Deutschen Museumsbundes besprechen können. Denn auch freien Eintritt gibt es natürlich nicht umsonst. Deswegen meine Frage an Eckart Köhne: Was kostet ein solcher Tag mit freiem Eintritt? Lässt sich beziffern, wie viel ein Museum dafür durchschnittlich aufbieten muss?
Eckart Köhne: Dafür sind die Museen insgesamt zu unterschiedlich. Deswegen kann man das nicht in Zahlen ausdrücklich. Außerdem ist es meistens so, wenn man eine Aktion macht wie den freien Eintritt, dann kommen eben Menschen, die sonst vielleicht nicht ins Museum kommen würden. Das ist ja der Effekt, den man beabsichtigt. Und von daher kann man das jetzt in Geld nicht aufwiegen. Es ist vielleicht auch ein bisschen Marketing dabei.
Der Besucher sieht nur einen kleinen Teil dessen, was im Museum passiert
Welty: Aber es kostet Geld?
Köhne: Ja, es gibt einen Verdienstausfall natürlich. Wobei die öffentlich getragenen Museen in sehr unterschiedlicher Weise sich über die Eintrittsgelder finanzieren, in der Regel sind das nur Teile dessen, was man einnimmt, relativ kleine Teile. Bei einem Museum ist es ja so wie bei einem Eisberg, sechs Siebtel sind irgendwie nicht sichtbar von außen. Und das, was man sieht, das eine Siebtel, was die Besucher betrifft, das finanziert sich schon selber, aber der Rest, vor allem die Sammlungspflege, Sammlungsbetreuung, die Aufwendung fürs Gebäude, für Depots und Ähnliches - das sind Dinge, die kann man mit Eintrittsgeldern ohnehin so nicht refinanzieren.
Welty: Wie lösen die Museen den großen Rest dieses Finanzierungsproblems? Welche Geldquellen können sie sonst noch nutzen?
Köhne: Es sind die öffentlichen Träger, die immer wieder diese Kosten aufbringen. Die Museen verwahren ja, so wie Bibliotheken oder Archive auch, eine Sammlung für ihren Träger, das kann eine Kommune sein, eine Stadt sein oder ein Kreis oder eben auch das Land, Bundesland. Und dafür hat der Träger halt Aufwendungen. Das Gebäude, wo die Sammlung drin ist, die Menschen, die sie betreuen - das sind laufende Kosten so wie bei Bibliotheken auch oder bei Archiven. Und das zahlt der Träger in der Regel.
Welty: Inwieweit können Museen aus dem Ausland Vorbild und Beispiel sein, die sich ja zum Teil auch durch Sponsorship finanzieren?
Köhne: Also, Sponsorship muss man immer im großen Zusammenhang sehen. Das ist ja nur dort möglich, wo eine Gesetzgebung dieses Sponsorship auch fördert. Also, die USA beispielsweise stellen Mittel, die man eben gemeinnützigen Zwecken zuführt, überwiegend steuerfrei, das ist bei uns ja nicht der Fall, bei uns sind es nur Anteile. Und solche Modelle, in denen man von Förderern und Sponsoren finanziert wird, die bringen eben auch eine gewisse Abhängigkeit. Denn der Förderer kann dann natürlich auch bestimmen, was das Museum machen soll, was es sammeln soll, wie es mit der Sammlung umgeht. Und ich freue mich sehr, dass es in Deutschland nach wie vor Konsens ist, dass diese grundlegenden Entscheidungen darüber bei uns von den Trägern getroffen werden. Und das sind ja demokratisch legitimierte Einrichtungen, eben Kommunen und Länder und Kreise und so etwas.
Der Umgang mit dem kulturellen Erbe sollte nicht auf Kredit erfolgen
Welty: Trotzdem wird das ja auch immer wieder versucht, beispielsweise beim Straßenbau ja nicht ganz so unerfolgreich, diese Partnerschaften aus privat und öffentlich.
Köhne: Das kann man sich bei einem Museum vielleicht für Teilbereiche vorstellen. Im Übrigen weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie sich diese Public Private Partnerships beim Straßenbau über die Jahre so rechnen. Wenn man aktuell knapp bei Kasse ist, ist es natürlich schon eine Entscheidung, das Zahlen auf die Zukunft zu verlegen. Aber wir wissen ja alle als Privatmenschen, dass man sich jeden Kredit, den man aufnimmt – und nichts anderes ist das ja – sehr gut überlegen sollte. Und ich bin der Meinung, dass der Umgang mit kulturellem Erbe – und das ist das, was die Museen bewerben –, dass der nicht auf Kredit erfolgen sollte.
Welty: Was wir morgen wieder erleben werden, ist, dass, wenn es nichts kostet, die Häuser voll sind. Bedeutet das im Umkehrschluss, dass Kunst nicht genügend wertgeschätzt wird?
Köhne: Das ist es nicht, aber es ist sicherlich so, dass der Eintritt, und sei er noch so niedrig, eine Barriere ist. Wir reden ja immer übers barrierefreie Museum und vielfach ist die erste Barriere eben ein Eintrittspreis. Da kann man schon, wenn man eben da eine Öffnung macht, feststellen, dass man zu solchen Tagen wie dem Internationalen Museumstag oder so, zu speziellen Angebotstagen dann mehr Besucher da hat. Es ist allerdings nicht so, dass das dann auch wirklich alle ins Museum führt. Also, ein Grundinteresse für Kultur muss schon da sein.
Welty: Welche anderen Möglichkeiten sehen Sie außer über den Eintrittspreis, Menschen auch für Museum zu begeistern, die jetzt nicht unbedingt zur klassischen Zielgruppe gehören?
Die Menschen sind bereit, für ein gutes Programm zu zahlen
Köhne: Ich denke, es kommt darauf an, was das Museum macht. Es hängt ganz entscheidend damit zusammen, was da geboten wird. Es ist, glaube ich, gar nicht mal so sehr die Entscheidung, ob man jetzt einen Euro mehr oder weniger zahlt, sondern ob das, was man da im Museum erlebt oder machen kann, einen hinterher befriedigt hat, oder ob man jetzt mit dem, was man da erlebt hat, glücklich geworden ist. Und wenn Museen ein gutes Programm haben, dann kommen die Menschen auch und dann sind sie auch bereit, dafür was zu zahlen.
Welty: Was macht Sie museumstechnisch glücklich, welches Museum besucht der Direktor des Museumsbundes am Internationalen Museumstag, der gleichzeitig Direktor des Landesmuseums in Karlsruhe ist?
Köhne: Ich bin in zwei Museen, ich bin im Hessischen Landesmuseum in Darmstadt, dort ist ja die offizielle Auftaktveranstaltung, ein Mehrspartenhaus, wo Sie von Kunst über Archäologie bis hin zu Beuys und zur Naturkunde alles finden. Das ist unglaublich spannend, weil man da im Haus Querverbindungen ziehen kann. Und dann fahre ich weiter nach Schwäbisch Hall zur Kunsthalle Würth, wo eine schöne Veranstaltung ist. Da bin ich dann in einem privaten Museum. Und das ist eins, das immer freien Eintritt hat. Nicht nur am Internationalen Museumstag.
Welty: Umsonst und drinnen! Viele Museen bieten morgen freien Eintritt. Aber auch der ist nicht ganz umsonst, dazu Eckart Köhne vom Deutschen Museumsbund. Und dieses Gespräch war auch nicht umsonst und es gibt mindestens ein dickes Dankeschön von mir, danke!
Köhne: Ich danke Ihnen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.