Simone Schmollack ist Journalistin und Buchautorin in Berlin. Ihre Themenschwerpunkte sind Frauen, Familie, Gender, Soziales, Ostdeutschland, Migration/Integration. Ihr letztes Buch "Und er wird es wieder tun" befasst sich mit Gewalt in der Partnerschaft.
Tödliche Beziehungstaten sind Femizide
04:26 Minuten
Der 25. November ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. In Deutschland versucht jeden Tag ein Mann, seine Partnerin oder Ex-Partnerin zu töten. Das seien Femizide, stellt die Publizistin Simone Schmollack klar, und keine Beziehungstragödien.
Die Zahlen hierzulande sind so erschreckend, dass das Bundeskriminalamt Partnerschaftsgewalt statistisch mittlerweile als eigenen Bereich führt, und die Bundesregierung ab Januar 120 Millionen Euro in ein neues Gewaltschutzprogramm steckt. Nach langem Zögern hat Deutschland vor zwei Jahren endlich auch die Istanbul-Konvention ratifiziert, ein Abkommen des Europarats, um die Gewalt an Frauen einzudämmen.
Alles absolut richtig und wichtig. Doch was folgt daraus? Gibt es jetzt weniger Morde an Frauen? Weniger Vergewaltigungen? Bekommen Beratungsstellen, Frauenhäuser, Schutzeinrichtungen genügend Geld, um Opfer nicht abweisen zu müssen, wie das häufig geschieht?
Mitnichten. Die Zahl der Opfer bleibt hoch, die Gewalt drastisch, die Plätze in Frauenhäusern rar. Durch soziale Medien bekommen Täter sogar noch mehr Raum für ihre Angriffe. Bedrohungen im Netz und Stalking sind eine zusätzliche Herausforderung für Schutzräume, Polizei und Behörden, vor allem aber für die Opfer.
Alles absolut richtig und wichtig. Doch was folgt daraus? Gibt es jetzt weniger Morde an Frauen? Weniger Vergewaltigungen? Bekommen Beratungsstellen, Frauenhäuser, Schutzeinrichtungen genügend Geld, um Opfer nicht abweisen zu müssen, wie das häufig geschieht?
Mitnichten. Die Zahl der Opfer bleibt hoch, die Gewalt drastisch, die Plätze in Frauenhäusern rar. Durch soziale Medien bekommen Täter sogar noch mehr Raum für ihre Angriffe. Bedrohungen im Netz und Stalking sind eine zusätzliche Herausforderung für Schutzräume, Polizei und Behörden, vor allem aber für die Opfer.
Digitale Gewalt kann dazu führen, dass sich Frauen aus dem gesellschaftlichen Leben weitgehend zurückziehen, keine Freunde mehr treffen, sich nicht mehr aus dem Haus trauen - aus Angst, dem Täter zu begegnen. Zu Recht, denn statistisch gesehen versucht in Deutschland jeden Tag ein Mann, seine Partnerin oder Ex-Partnerin zu töten.
Morde an Frauen, weil sie Frauen sind
Gelingt das, berichten manche Medien von "Beziehungs- oder Familientragödien". Doch das sind keine außer Kontrolle geratenen Liebeszwistigkeiten. Das sind, und so klar muss man das sagen: Femizide, Morde an Frauen, weil sie Frauen sind.
Doch juristisch werden sie hierzulande oft nicht als Morde geahndet, sondern als Totschlag und damit geringer bestraft. Frauenmörder können also damit rechnen, nicht lebenslang im Gefängnis zu landen, so wie das bei Mord häufig der Fall ist, sondern zwischen zwölf Monaten und zehn Jahren. Dafür wird die Bundesrepublik selbst von den Vereinten Nationen gerügt.
Nun fordern die Linkspartei und zahlreiche feministische Organisationen, Femizide als eigenen Straftatbestand zu behandeln. So, wie das unter anderem in Mexiko, Brasilien und Argentinien der Fall ist.
Ist das auch bei uns nötig? Folgt man einzig der Gewaltstatistik und der Zahl der Frauenmorde, lautete die Antwort: Ja. Folgt man indes dem Strafgesetzbuch, ist es unnötig. Denn es gibt ja bereits harte Strafen für Vergewaltigung, häusliche Gewalt und vorsätzliche Tötungsdelikte. Juristinnen und Juristen müssen sie nur anwenden.
Entscheiden sie allerdings so harmlos wie jüngst ein Richter in Berlin, der ein Verfahren gegen einen mutmaßlichen Vergewaltiger wegen dessen angeblicher Verhandlungsunfähigkeit vorläufig einstellte, müssen sich Opfer regelrecht verhöhnt fühlen.
Gewalt an Frauen ist keine Lappalie
Ist Gewalt an Frauen etwa ein Kavaliersdelikt? Natürlich nicht. Und so sehen das auch die meisten Gerichte. Doch bevor es zu einer Verhandlung kommt, müssen Frauen heftige Anstrengungen unternehmen, um Gewaltakte trotz sichtbarer Verletzungen zu beweisen.
Zudem ist ein Prozess für viele Betroffene beschwerlich und nicht selten traumatisierend, weil sie im Gerichtssaal auf ihren Peiniger treffen und die Taten erneut intensiv schildern müssen. Opfern wäre also schon geholfen, würde man sie weniger misstrauisch behandeln und würden Verfahren erleichtert.
Hilft es ihnen auch, wenn die Täter so hart wie möglich bestraft werden? Nun - mit den körperlichen und seelischen Verletzungen müssen Frauen naturgemäß selbst klarkommen. Aber es wäre ein deutliches Zeichen an die Gesellschaft, wenn misogyne Täter ihrer Tat entsprechend bestraft werden.
An dieser Stelle haben Gerichte einen klaren Auftrag: Gewalt an Frauen ist keine Lappalie, sondern ein schweres Verbrechen, das auch entsprechend geahndet werden sollte.