Jaron Lanier: Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst
Aus dem amerikanischen Englisch von Martin Bayer und Karsten Petersen
Hoffmann und Campe, Hamburg 2018
208 Seiten, 14 Euro
Raus aus den sozialen Netzwerken!
Hatespeech, Fake News, Datenlecks: Soziale Netzwerke wie Facebook, Google oder Twitter befördern die "Zersetzung der Menschheit", warnt der Internet-Pionier Jaron Lanier. Für ihn gibt es deshalb nur eine Konsequenz: "Lösch deine Accounts!"
Wie geht man mit all den Widrigkeiten um, die soziale Netzwerke mit sich bringen? Die Daten sind nicht sicher, die Kommunikation ist stark formatiert, Facebook und Twitter können jederzeit die Regeln ändern und Hatespeech und Fake News bekommt man auch nicht in den Griff. Für Jaron Lanier gibt es darauf nur eine radikale Antwort: sofort den Social Media Account löschen; das Netzwerk verlassen.
Lanier gehört zu den Pionieren des Internets. Er gilt als Erfinder des Begriffs Virtuelle Realität und ist eine feste Größe im Silicon Valley. Vor einigen Jahren hat sich der 58-Jährige zum Netzkritiker gewandelt, zeigt die Risiken der Digitalisierung auf und erhielt dafür den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Seine Stimme hat also Gewicht! Auch wenn sein Vorschlag noch so provokativ klingt. Diese Provokation aber ist bewusst kalkuliert. Jaron Lanier will aufrütteln, es soll endlich was passieren. Denn er befürchtet nichts weniger als die "Zersetzung der Menschheit" durch soziale Medien.
Lanier gehört zu den Pionieren des Internets. Er gilt als Erfinder des Begriffs Virtuelle Realität und ist eine feste Größe im Silicon Valley. Vor einigen Jahren hat sich der 58-Jährige zum Netzkritiker gewandelt, zeigt die Risiken der Digitalisierung auf und erhielt dafür den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Seine Stimme hat also Gewicht! Auch wenn sein Vorschlag noch so provokativ klingt. Diese Provokation aber ist bewusst kalkuliert. Jaron Lanier will aufrütteln, es soll endlich was passieren. Denn er befürchtet nichts weniger als die "Zersetzung der Menschheit" durch soziale Medien.
Eine "grandiose Fehlkonstruktion"
Diese nennt Lanier eine "grandiose Fehlkonstruktion" – basierend auf einer Fehlentscheidung, die zum Start der Netzwerke getroffen worden sei. Damals hatte man die Idee, das Geschäft mit Werbung aufzubauen, um die Dienste kostenlos anbieten zu können. Daraus hätten sich aber "Verhaltensmodifikationsimperien" entwickelt, die darauf aus seien, die User so lange wie möglich ans Netzwerk zu fesseln – um maximalen Profit aus Werbeeinnahmen zu erzielen. Und das, so kritisiert Lanier, gelinge am einfachsten, indem man die dunklen Seiten des Menschen hervorlockt. Schlicht deshalb, weil sich herausgestellt habe, dass negatives Feedback billiger und damit besser fürs Geschäft sei. "Folglich taucht es in sozialen Netzwerken öfter auf."
Jaron Lanier ist nicht der erste, der die negativen Folgen dieser Netzwerkarchitektur anprangert. Adam Alter tat dies in "Unwiderstehlich" oder zuletzt Roberto Simanowski in "Stumme Medien". Mit seiner radikalen Forderung nach einer Abkehr unterscheidet sich Lanier aber fundamental von seinen Kollegen. Zehn konkrete Gründe führt er an, wobei jeder für sich schon ausreichend wären, Facebook, YouTube oder Twitter zu meiden: Etwa wegen des Suchtfaktors oder weil sie jede Empathie töten, da sie auf Polarisierung statt auf differenzierten Dialog optimiert sind. Und der Appell zeigt Wirkung, auch weil Lanier schlüssig die Mechanismen darlegt und mit Studien unterfüttert. Geschrieben ist das sehr locker, er spricht seine Leser mit "du" an und fordert in jedem Kapitel zur direkten Aktion auf: "Lösche deinen Account".
Jaron Lanier ist nicht der erste, der die negativen Folgen dieser Netzwerkarchitektur anprangert. Adam Alter tat dies in "Unwiderstehlich" oder zuletzt Roberto Simanowski in "Stumme Medien". Mit seiner radikalen Forderung nach einer Abkehr unterscheidet sich Lanier aber fundamental von seinen Kollegen. Zehn konkrete Gründe führt er an, wobei jeder für sich schon ausreichend wären, Facebook, YouTube oder Twitter zu meiden: Etwa wegen des Suchtfaktors oder weil sie jede Empathie töten, da sie auf Polarisierung statt auf differenzierten Dialog optimiert sind. Und der Appell zeigt Wirkung, auch weil Lanier schlüssig die Mechanismen darlegt und mit Studien unterfüttert. Geschrieben ist das sehr locker, er spricht seine Leser mit "du" an und fordert in jedem Kapitel zur direkten Aktion auf: "Lösche deinen Account".
Zurück zum freien Geist
Jaron Lanier ist kein Feind des Internets, wie er mehrfach betont. Ihm geht es aber darum, die sozialen Netzwerke und deren Macht wahrzunehmen, damit das Silicon Valley Raum erhält, "um an sich zu arbeiten". Solch ein Erziehungsgedanke mag naiv klingen. Wenn man aber bedenkt, wie wenig die bisher eingeleiteten Regulierung gegen die Schattenseiten der Netzkommunikation ausrichten konnte, fragt man sich schon, ob es nicht an der Zeit ist, solch alternativen Schocktherapien Folge zu leisten. Machen sie den Nutzer doch wieder zu dem, wofür das Netz mal stand: zum frei denkenden Geist!