Ulrike Guérot ist Politikwissenschaftlerin und war mehrere Jahre Professorin für Europapolitik und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems. Ab September wird sie Professorin für Europapolitik und Co-Direktorin des Centre Ernst Robert Curtius an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Sie hat zudem den Thinktank "European Democracy Lab" in Berlin gegründet und leitet ihn.
Heuchlerisch, übergriffig, arrogant
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Einerseits eigene Werte nach Afghanistan exportieren wollen, andererseits im Umgang mit Flüchtlingen versagen: Die Politologin Ulrike Guérot geht hart mit dem Westen ins Gericht. Sie wirft ihm Hybris in postkolonialer Zeit vor.
Der Afghanistan-Einsatz gescheitert, die radikal-islamischen Taliban wieder an der Macht: Die "Democracy Promotion" (Demokratieförderung) in Afghanistan habe nicht funktioniert, sagt die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. Der Westen habe seit Jahren "mit einiger Hybris" in Afghanistan agiert.
"Ich glaube, wir sind mitten in einer postkolonialen Debatte, wir sind mitten in einer Debatte, in der wir versuchen klarzukriegen, dass vielleicht auch andere Völker Werte haben und vielleicht auch anders funktionieren", sagt Guérot. "Und dass unsere Art, wie wir Demokratie definieren, vielleicht nicht das Einzige ist."
Der Westen und seine Werte
Gleichwohl wolle sie nichts "kleinreden" und räumt ein, dass in Afghanistan auch "gute Sachen gemacht" worden und leider Soldaten gestorben seien. Sie sei "absolut" für Frauen-, Menschen-, Kinderrechte. Doch das "militärische Framing" mit dem Anspruch, in einem anderen Land für Ordnung zu sorgen – "vielleicht ist das ein bisschen übergriffig, vielleicht ein bisschen heuchlerisch oder zumindest arrogant."
Dies umso mehr, als es der Westen, der seine Werte vermeintlich immer verteidige, kaum schaffe, sich um "40 Leute" in Flüchtlingsbooten vor Lampedusa zu kümmern. "Das kriegen wir europäisch nicht geregelt", kritisiert die Wissenschaftlerin.
"Da kann ich nur sagen: Werte sind Werte sind Werte."
(bth)