Das "dritte Kind" der Elena Bashkirova
Niemand hätte geglaubt, dass das möglich ist: In der Stadt Jerusalem, die von religiösem Eifer und politischem Starrsinn gezeichnet ist, ein Festival zu gründen, das allein der Kammermusik gewidmet ist und nur Klänge, nicht irgendeinen Kontext zum Gegenstand eines rauschenden und zugleich anspruchsvollen Festes macht.
Und niemand hätte erwartet, dass ein Sprössling dieses Festivals im karg-rauen Sandboden der Bundeshauptstadt Berlin Wurzeln schlagen könnte. Nun ist es gelungen – schon zum dritten Mal fanden im vergangenen Mai die "Intonations", wie der Ableger des Jerusalemer Kammermusikfestivals heißt, im Jüdischen Museum Berlin statt.
Kammermusik – Das dritte Kind der Pianistin Elena Bashkirova
Eine Person steht als "Alma Mater" hinter beiden Festivals - dem "Jerusalem International Chamber Music Festival" und "Intonations" in Berlin: Die in Berlin lebende Pianistin Elena Bashkirova. Sie nennt das Festival stolz ihr drittes Kind, zwei erwachsene echte Söhne hat sie ja schon. Auch 2014 versammeln sich wieder international renommierte Vokalisten und Musiker - auf Einladung der Pianistin und eines kleinen, aber sehr aktiven Freundeskreises. Sie proben und spielen ein umfangreiches und vielfältiges Konzertprogramm.
Alle Mitwirkenden treten ohne nennenswerte Gage auf und nehmen die Anstrengungen des dichten Proben- und Konzertmarathons aus Zuneigung zu Elena Bashkirova und den anderen Musikern auf sich.
Musikalische Wege - Vom Weltkrieg, Walzer und Romantik
Schwerpunkte im dritten Festivaljahr waren der Jubilar Richard Strauss und der hundertste Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges. In dessen Verlauf kamen einige Komponisten ums Leben. Viele andere Künstler ließen sich zu chauvinistischen Hetztiraden hinreißen, um schließlich die Illusion zu verlieren, es könne "gute Kriege" geben.
Am heutigen Konzertabend stehen Werke auf dem Programm, die nichts mit den großen Jubiläen zu tun haben, gleichwohl aber für ein Festival wie „Intonations" existentiell sind: Die Lieder von Robert Schumann und dann das Oktett des Jugendgenies Felix Mendelssohn Bartholdy aus der Romantik. Das bildet den fast rituellen Abschluss eines jeden Festivals in Jerusalem - und somit auch von „Intonations" in Berlin.
Unser Programm beginnt mit einem Werk des britischen Komponisten David Robert Coleman. Er hat speziell für „Intonations" drei Duette für Klarinette und Klavier geschrieben. Das sind intensive Stücke, die sowohl dankbar für das Soloinstrument sind als auch der neuen Musik interessante Wege aufzeigen.
Intonations - Kammermusikfestival
Jüdisches Museum Berlin
Aufzeichnungen vom 07., 10. und 11.05.2014
David Robert Coleman:
Drei Stücke für Klarinette und Klavier (Uraufführung)
Andreas Ottensamer, Klarinette
David Robert Coleman, Klavier
Richard Strauss:
Metamorphosen (Septett)
Kolja Blacher / Zohar Lerner, Violine
Wolfram Christ / Madeleine Carruzzo, Viola
Frans Helmerson / Ludwig Quandt, Violoncello
Burak Marlali, Kontrabass
Robert Schumann:
Sechs Gedichte und Requiem op. 90
Mojca Erdmann, Sopran
Elena Bashkirova, Klavier
Felix Mendelssohn Bartholdy:
Streichoktett Es-Dur op. 20
Kolja Blacher / Mihaela Martin / Zohar Lerner / Kathrin Rabus, Violine
Wolfram Christ / Madeleine Carruzzo, Viola
Ludwig Quandt / Timothy Park, Violoncello